# taz.de -- WM-Qualifikation des DFB-Teams: Frieden im Lande | |
> Nach dem 3:0 gegen Tschechien und zwei Toren von Thomas Müller ist die | |
> Stürmerdebatte vorerst beendet. Das Team ist eine Offensivmaschine. | |
Bild: Da werden Erinnerungen an „Matrix“ wach: Manuel Neuer im freien Flug | |
Mesut Özil war sichtlich froh, als ihn der Bundestrainer am Arm packte und | |
aus der Mixed Zone zog. „Gott sei Dank“, murmelte er und joggte Richtung | |
Bus los. Weg von den Fragestellern, die wieder alles Mögliche wissen | |
wollten. Wie das denn mit Götze sei, der unglücklich gewirkt habe, mit | |
Müller, der glücklich schien, und ob die Nordiren am morgigen Dienstag wohl | |
auch so locker zu besiegen seien wie die Tschechen. Puh! Stressig. Und | |
nervig. | |
Aus Özils Sicht war ja auf dem Rasen schon alles gesagt worden. Ein nahezu | |
perfektes WM-Qualifikationsspiel hatte die DFB-Elf den 51.299 Zuschauern im | |
ausverkauften Hamburger Volksparkstadion geboten, den Gegner über die | |
gesamte Spieldauer dominiert. Den drei Toren durch Thomas Müller (13. | |
Minute), Toni Kroos (49.) und wieder Müller (65.) hätte Löws Mannschaft | |
noch weitere hinzufügen können, das ja. Aber sonst? Erzählte das Spiel | |
alles über den derzeitigen Zustand der deutschen Nationalmannschaft. Diesen | |
als tadellos zu bezeichnen, wäre eher noch untertrieben. Das liegt wiederum | |
auch an Mesut Özil, einem Spielmacher, der mit seinen scharfen Pässen und | |
punktgenauen Vorlagen den sogenannten Vollstreckern zu alter Torquote | |
verhilft. | |
Im konkreten Fall profitierten am Samstagabend Mario Götze und Thomas | |
Müller von Özils Diensten. Müller ein wenig mehr, er traf zweimal, Götze | |
bereitete, eingesetzt von Özil, immerhin Tor Nummer 1 vor. Der Dortmunder | |
blieb hernach aber ein Thema, das immer noch als problematisch angesehen | |
wird. Er traf halt nicht, trotz guter Chancen, und stand öfters im Abseits | |
als ihm das lieb sein kann. | |
Außerdem fanden die Statistiker heraus, dass Götze weniger oft den Ball | |
berührte als Torhüter Manuel Neuer. Wer will, kann daraus ein Problem | |
ableiten. Zwingend notwendig ist das nicht, auch Götze lieferte ein solides | |
Spiel ab. Er fiel freilich etwas ab, vor allem im Vergleich mit Müller. | |
Sein Doppelpack befriedet zunächst die Stürmerdebatte. Im Kern ist sie aber | |
berechtigt. Der Sturm könnte bei der WM 2018 die einzige Baustelle für | |
Joachim Löw werden. Das wäre vor allem deshalb nervig, weil die deutsche | |
Elf sich zu einer Offensivmaschine sondergleichen entwickelt hat. Selbst | |
die Innenverteidiger Boateng und Hummels weisen Spielmacherqualitäten auf. | |
## Diagonalbälle vom Allerfeinsten | |
Beide schlagen Diagonalbälle vom Allerfeinsten und scheuen es nicht, den | |
Ball in die gegnerische Hälfte zu tragen, wenn sich die Möglichkeit bietet. | |
Und die Außenverteidiger Hector und Kimmich könnten genauso gut als | |
Mittelfeldspieler durchgehen. Ergo braucht diese Offensivmaschine, die Löw | |
maximal zu flexibilisieren versucht, im Zentrum Spieler, die den Aufwand | |
mit Toren belohnen. Nicht mehr Defensive ist Trumpf, sondern Offensive. | |
Götze und Müller sind von der Klasse her die beiden besten Optionen. | |
Deshalb sucht der Vorlagengeber Özil die beiden auch immer wieder. Da wäre | |
es hinderlich, wenn etwa Müller ein zweites EM-Szenario erleben würde. | |
In der Qualifikation ließe sich das noch verschmerzen. Als stärkster Gegner | |
galten die von Karel Jarolim trainierten Tschechen, da dürften deutsche | |
Punktverluste einem achten Weltwunder gleichkommen. Bei der WM in Russland | |
muss die vordere Abteilung aber liefern, sonst hilft alle Dominanz nichts. | |
Derzeit wirkt Müller jedenfalls wie Müller. Er zwinkert hier, schäkert da | |
und übt sich wieder in der Kunst des Relativierens. „Wir haben seriös | |
gespielt. Luft nach oben gibt es immer“, sagte er zum Quali-Duell. Und zu | |
seiner Situation: „Vor dem Spiel war ich in einer tragischen Situation. Ich | |
bin froh, da raus zu sein.“ | |
Damit hatte er die Lacher auf seiner Seite, wurde aber schnell wieder | |
ernst. „Wir sind ja,Die Mannschaft'. Das ist ja auch ein Marketinggag, | |
kommt aber nicht von ungefähr. Bei uns gibt es in jedem Spiel mehrere | |
Spieler des Spiels.“ Dabei dachte er vielleicht auch an Mesut Özil, der | |
immer Auswege in Problemsituationen findet. Nur dem Frage-Antwort-Spielchen | |
entzog er sich nicht so schnell wie Müller, Özil benötigte für die Flucht | |
Hilfe vom Bundestrainer. „Mesut, wir müssen“, sagte Löw also zu seinem | |
Spielmacher, dabei entschuldigend in die Fragestellerrunde blickend. Löw: | |
„Sonst müssen wir ohne den Mesut fahren.“ Und das kann nun wirklich keiner | |
wollen, am allerwenigsten Thomas Müller. | |
9 Oct 2016 | |
## AUTOREN | |
David Joram | |
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