# taz.de -- Grenzzaun am Polarkreis: Zurück in den Kalten Krieg | |
> Norwegen baut einen 200 Meter langen Grenzzaun zu Russland. Um | |
> Flüchtlinge zu stoppen, die nicht mehr kommen. | |
Bild: In Storskog kamen letzten Herbst rund 5.500 Asylsuchende nach Norwegen. V… | |
KIRKENES taz | „Also die Leute hier lachen sich kaputt“, berichtet Maksim | |
Below, Lokalpolitiker im nordwestrussischen Murmansk im norwegischen | |
Rundfunk NRK: „Was wollt ihr denn mit diesem Zaun?“ | |
Weil derzeit überall Zäune gebaut werden, glaubt Norwegens Regierung | |
offensichtlich, auch einen zu brauchen. An Europas nördlichstem | |
Grenzübergang zwischen Russland und Norwegen. Hier in Storskog bei Kirkenes | |
waren im Herbst letzten Jahres rund 5.500 Asylsuchende nach Norwegen | |
gekommen. Vorwiegend per Fahrrad. Seit Oslo die Grenze dicht gemacht hat, | |
Moskau wieder effektiver kontrolliert und Flüchtlinge nicht mehr in | |
Grenznähe kommen lässt, ist die „arktische Route“ verschlossen. | |
Aber das könne sich ja ganz schnell wieder ändern, meint der norwegische | |
Justizminister Anders Anundsen von der rechtspopulistischen | |
„Fortschrittspartei“: Es gelte, gewappnet zu sein, „wir haben unsere | |
Lektion gelernt“. Eine Höhe von dreieinhalb Metern soll der Stahlgitterzaun | |
haben, dessen Fundamente gerade gegossen werden. | |
Ansonsten sind die Dimensionen eher bescheiden: „Ernas Zaun“, wie diese | |
Grenzbefestigung der Regierung von Ministerpräsidentin Erna Solberg genannt | |
wird, soll nur eine Länge von 200 Meter haben. Das entspricht gerade einmal | |
0,1 Prozent der 200 Kilometer langen russisch-norwegischen Grenze . | |
Eigentlich nicht der Rede wert. Von wegen, meint Rune Rafaelsen, | |
Bürgermeister der Grenzgemeinde Sør-Varanger: „Das Ding hat eine verdammte | |
Symbolwirkung. Und das ist wohl auch die Absicht.“ Hier im Grenzgebiet habe | |
man es geschafft, die Grenze für die Lokalbevölkerung durchlässiger zu | |
machen, und erreicht, dass Reisen ohne Visum möglich sind und sich ein | |
„kleiner Grenzverkehr“ von Jahr zu Jahr weiter entwickelt habe. | |
## Schon zu viele Zäune in Europa | |
Der Zaun sei „ein Schritt zurück in den Kalten Krieg“, „eine | |
Potemkinkulisse“ – ebenso unlogisch wie sinnlos. Es gebe schon zu viele | |
Zäune in Europa, meint der Sozialdemokrat, und einer „Friedensnation“, als | |
die sich Norwegen gern selbst sehe, seien Mauern und Zäune sowieso | |
unwürdig. | |
Wahrscheinlich brauche die „Fortschrittspartei“ den Zaun für eine Szene in | |
ihrem nächstjährigen Wahlkampffilm, vermutet die Tageszeitung Dagbladet: Um | |
ihren AnhängerInnen damit zu demonstrieren, wie entschlossen Norwegen die | |
Schengen-Außengrenze „schütze“. | |
Die 440.000 Euro, die das 200 Meter lange Teil koste, seien rausgeworfenes | |
Geld. Kein Asylsuchender habe bislang die Grenze abseits des Grenzübergangs | |
überquert. Das demonstrativ genau neben der Grenzkontrollstelle errichtete | |
Stahlgittergebilde werde Flüchtlinge allenfalls auf dumme Gedanken bringen | |
und sie zu dem Versuch veranlassen, ein paar hundert Meter davon entfernt | |
durch den Birkenwald zu schleichen. | |
„Wir trauen euch nicht“, sage dieser Zaun, meint Linn Landro von der | |
lokalen Gruppe Refugees Welcome. Auch Maksim Below spricht von einem | |
„seltsamen Signal“: „Wäre es nicht einfacher, mit uns zu reden, falls es | |
Probleme gibt, anstatt zu meinen, man müsse sich hinter einem Zaun | |
verstecken?“ | |
13 Sep 2016 | |
## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
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