# taz.de -- Kritik an Norwegens Flüchtlingspolitik: Eine Lektion besonderer G�… | |
> Um Härte zu demonstrieren, hat Oslo Flüchtlinge einfach nach Russland | |
> zurückgeschickt. Das hat Moskau jetzt unterbunden. | |
Bild: Das Auffanglager für Flüchtlinge, die auf der Artic Route nach Kirkenes… | |
STOCKHOLM taz | „Wir sind erleichtert“, sagt Jon Ole Martinsen von der | |
Flüchtlingshilfeorganisation Noas: Oslo könne nun seine Asylpraxis so | |
ändern, „dass diese nicht gegen Menschenrechte verstößt“. Und dafür mü… | |
man sich ausgerechnet bei Russland bedanken. | |
Was weder Warnungen des UN-Flüchtlingskommissariats UNHCR vor einem | |
eklatanten Verstoß gegen die Genfer Flüchtlingskonvention vermochten noch | |
Appelle diverser Organisationen, dazu hat jetzt Russland die norwegische | |
Regierung gezwungen. | |
Am Samstag erklärte Moskau, mit sofortiger Wirkung „aus Sicherheitsgründen�… | |
die Abschiebung von Flüchtlingen über den Grenzübergang Storskog nicht mehr | |
zu akzeptieren. Man wolle erst Verhandlungen zwischen beiden Ländern über | |
ein „geordnetes Verfahren“. | |
Norwegen hatte Ende November sein Asylrecht massiv verschärft, die Grenze | |
zu Russland für Flüchtlinge praktisch blockiert und Russland zu einem | |
„sicheren Drittland“ erklärt. Außerdem hatte Migrationsministerin Sylvi | |
Listhaug angeordnet, alle rund 5.500 über Russland eingereiste Flüchtlinge | |
würden ohne sachliche Prüfung ihrer Asylgründe in dieses für sie angeblich | |
„sichere“ Asylland zurückgeschickt. | |
## Norwegen nahm Flüchtlinge sogar in Haft | |
Bei der Abschiebepraxis wollte man offenbar bewusst Härte demonstrieren. | |
Bis Weihnachten wurden 371 Asylsuchende, darunter Familien mit Kindern, | |
trotz Schnee und bitterer Kälte mit Fahrrädern über die Grenze abgeschoben. | |
Was mit diesen auf russischer Seite passierte, ist bis heute nicht bekannt. | |
Weil Russland offenbar gegen diese Vorgehensweise protestierte, einigte man | |
sich Anfang Januar für die Zukunft auf Bustransporte. Zustande kam bislang | |
aber nur ein einziger Transport mit 13 abgeschobenen Flüchtlingen. Ende | |
vergangener Woche verhinderten AktivistInnen von Welcome Refugees to the | |
Arctic weitere Abschiebungen und konnten einige Flüchtlinge aus dem | |
Abschiebelager herausholen. Sie fanden in einem Kirchenasyl vorläufige | |
Zuflucht. | |
Die Polizei nahm daraufhin am Donnerstagabend alle 82 Personen im | |
Abschiebelager in Haft, darunter 15 Kinder, das jüngste keine 2 Jahre alt. | |
Erst als Medien diese Aktion heftig kritisierten, wurden einen Tag später | |
zumindest Familien mit Kindern wieder freigelassen. | |
## Aufatmen bei Flüchtlingshelfern | |
Am Sonntag wurde mitgeteilt, alle Inhaftierten seien wieder frei, dürften | |
aber das Lager nicht ohne Erlaubnis verlassen. Begründet wird das mit einem | |
Antiterrorgesetz aus dem Jahre 2008. Und das Justizministerium kündigte an, | |
die seit Jahrzehnten bestehende Praxis, Kirchenasyl zu respektieren und | |
niemand mit Gewalt aus Kirchen herauszuholen, sei „nicht mehr aktuell“, das | |
„untergrabe das Asylsystem“. | |
Man werde jetzt mit Moskau verhandeln, erklärte Außenminister Børge Brende. | |
„Nun können wir erst einmal etwas entspannen“, meint Eirik Nilsen von | |
Welcome Refugees to the Arctic. Bei einer fünfköpfigen Familie aus Syrien | |
kündigte die Ausländerbehörde wenigstens eine Asylprüfung in der Sache an. | |
Dabei dürfe es nicht bleiben, fordert das liberale Dagbladet: Vermutlich | |
könne man tatsächlich einen Teil der Flüchtlinge nach Russland | |
zurückschicken, „aber doch nicht automatisch, ohne Einzelfallprüfung und | |
unter Verweigerung jeglichen Rechtsschutzes“. | |
24 Jan 2016 | |
## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
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