# taz.de -- Neuer Turbine-Trainer Rudolph: Eine neue Ära bricht an | |
> 3:0 gewinnt Turbine Potsdam gegen den 1. FFC Frankfurt. Ein astreines | |
> Heimdebüt für den neuen Coach Matthias Rudolph. | |
Bild: Inka Wesely und Matthias Rudolph freuen sich über den Sieg | |
Natürlich waren die Kameras beim Auftaktheimspiel von Turbine Potsdam auf | |
ihn gerichtet, auf Matthias Rudolph. Und während das Publikum applaudierte, | |
warteten die Objektive darauf, einen besonderen Moment einzufangen, eine | |
Geste oder eine größere Emotion. Irgendwas halt, was nach neuer Ära | |
aussieht. Aber der ehemalige Assistenz- und neue Cheftrainer bei Turbine | |
gab sich gelassen, die Hände in die Hüften gestemmt, ruhig und leicht | |
gebeugt an der Seitenlinie stehend; die größte Emotion an diesem Tag war | |
sein Lächeln. | |
„Klar hat der Applaus gut getan, wie es jedem Menschen geht“, sagte | |
Matthias Rudolph, der Neue. Doch er wollte diese Partie keinesfalls mit | |
noch mehr Bedeutung aufladen. Doch der 3:0-Erfolg gegen den alten Rivalen | |
FFC Frankfurt war fraglos ein bemerkenswertes Auftaktspiel vor eigenem | |
Publikum. | |
45 Jahre lang wusste man in Potsdam unmissverständlich, wer mit Trainer | |
gemeint war – Bernd Schröder, der Unkündbare, fast ein halbes Jahrhundert | |
an der Seitenlinie. Nun, mit 73 Jahren, hat er sein Lebenswerk an den | |
33-jährigen Rudolph übergeben, und Rudolphs Einstand läuft wie gemalt: Am | |
ersten Spieltag ein 3:0-Auswärtssieg gegen Hoffenheim, nun das überragende | |
3:0 gegen den geschrumpften Rivalen aus Frankfurt. Turbine ist | |
Tabellenführer. | |
Manch einer im Publikum wirkte überrascht über den aktuellen Erfolg. Nach | |
der historisch verkorksten letzten Saison mit Platz sieben, dem | |
Trainerwechsel und dem Siegeszug der subventionierten Münchnerinnen und | |
Wolfsburgerinnen durch die Frauen-Bundesliga hatten sie sich in Potsdam | |
darauf eingestellt, erst mal bescheidener aufzutreten. Besser abschneiden | |
als in der Vorsaison, lautete das vorsichtige offizielle Ziel. | |
## Befreiter aufspielen dank Trainerwechsel | |
Gegen die Frankfurterinnen war Turbine Potsdam von Anfang an das | |
aggressivere und spielstärkere Team. Schon in der dritten Minute gingen die | |
Potsdamerinnen durch Laura Lindner in Führung, und eigentlich hätten noch | |
in der ersten Hälfte weitere Treffer folgen müssen: Zig glänzende Pässe in | |
den Rücken der überforderten Frankfurter Abwehr spielten die | |
Potsdamerinnen, zig Mal war es am Ende ein Querpass zu viel. In der 77. und | |
80. Minute dann machten sie mit den Toren von Tabea Kemme und Svenja Huth | |
alles klar. | |
Vor allem die Spielfreude und Kreativität der Gastgeberinnen machte | |
Eindruck. „Bei Bernd Schröder hatten viele Mädels Angst, sich | |
auszuprobieren“, sagte die neue Ko-Trainerin und Exkapitänin Jennifer Zietz | |
vor der Saison. Unter dem neuen Trainergespann schienen die Potsdamerinnen | |
befreiter aufzuspielen. | |
Trotz der neuen Lockerheit trägt das Team viel Schröder-DNA in sich: Der | |
Kampfgeist, der Offensivfußball, die Kondition – all das war am Samstag | |
sichtbar, und es soll weiter leben und gedeihen. Sie hoffen auf behutsame | |
Veränderungen. Der alte Rivale aus Frankfurt erwies sich dafür als idealer | |
Aufbaugegner, denn die Frankfurterinnen befinden sich derzeit selbst im | |
Umbruch; allerdings in einem Umbruch, der weniger sanften Art. Auch sie | |
wurden in den letzten Jahren von der Dominanz der Münchnerinnen und | |
Wolfsburgerinnen weggeschwemmt, und in der Sommerpause folgte der | |
Ausverkauf: Zehn Spielerinnen verließen vor der Saison den FFC Frankfurt, | |
darunter Stars wie Dzsenifer Marozsan und Simone Laudehr. | |
## „Keine utopischen Saisonziele“ | |
Der deutsche Klassiker gegen Turbine war also etwas angestaubt; dazu musste | |
Trainer Matt Ross auf mehrere Stammkräfte verzichten, die virusbedingt | |
fehlten. Als Entschuldigung für die 0:3-Klatsche mochte er all das nicht | |
heranziehen. „Wir wollen keine Ausreden. Potsdam hat fantastisch gespielt, | |
sie waren das bessere Team. Wir befinden uns aktuell im Neuaufbau.“ Auch in | |
Frankfurt sind die Zeiten vorbei, in denen man routinemäßig die | |
Meisterschaft als Ziel setzte. | |
In Potsdam machen sie sich derweil neue Hoffnungen, dass die guten alten | |
Zeiten wiederkommen. Schon in der Pressekonferenz nach dem Spiel fiel das | |
unvermeidliche Wort Meistertitel. Da wurde Matthias Rudolph mal deutlich: | |
„Wir werden jetzt keine utopischen Saisonziele formulieren. Und wir lassen | |
uns keinen Druck von außen machen.“ Man habe erst zwei Spiele gespielt, so | |
der Coach. „Es gibt keinen Grund, in totale Euphorie zu verfallen. Wir | |
müssen uns erst finden.“ Auch wenn die Potsdamerinnen endlich mal wieder an | |
der Tabellenspitze stehen. | |
12 Sep 2016 | |
## AUTOREN | |
Alina Schwermer | |
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