# taz.de -- „Tatort“ aus Luzern: Doppelmoral und Anmaßung | |
> Um organisierte Sterbehilfe geht es im Luzern-„Tatort“. Jedoch wird eine | |
> Sterbebegleiterin ermordet. Waren es die „Lebensschützer“? | |
Bild: Liz Ritschard (Delia Mayer) und Reto Flückiger (Stefan Gubser) | |
Der erste Impuls, wenn man die Eröffnungsszene von „Freitod“ sieht: Man | |
möchte der Frau den Becher aus der Hand schlagen, mit dessen Inhalt sie | |
sich umbringen will. Auch wenn man sieht, wie sie unter ihrer | |
Parkinson-Krankheit leidet – es fühlt sich nicht gut an zuzuschauen, wie | |
sich jemand umbringt. | |
Um organisierte Sterbebegleitung geht es im Luzern-„Tatort“ – in der | |
Schweiz bekanntlich erlaubt, in Deutschland seit Ende vergangenen Jahres | |
per Gesetz verboten. Also fährt die parkinsonkranke Gisela Aichinger | |
(Barbara-Magdalena Ahren) nach Luzern, um dort sterben zu können. In einem | |
kleinen Appartement, von der Sterbehilfeorganisation Transitus extra dafür | |
angemietet, wo Sterbebegleiterin Nadine Camenisch (Anna Schinz) sorgfältig | |
die weißen Astern in der Vase drapiert und hinterher in der Teeküche das | |
unschuldig aussehende Wasserglas ausspült und es für den nächsten | |
„Klienten“ in den Einbauschrank zurückstellt. | |
Friedvoll wird in diesem Appartement gestorben. „Ich spüre eine positive | |
Energie, bei den Menschen, die hierher kommen, um zu sterben“, sagt | |
Camenisch. „Wahrscheinlich, weil sie selbstbestimmt gehen können“, sagt ihr | |
Kollege Jonas Sauber (Sebastian Krähenbühl). | |
Nun empfinden bei diesem Thema nicht alle so harmonisch: Eine weitere | |
Sterbebegleiterin liegt nach Frau Aichingers Tod erstickt auf einem | |
Spielplatz. Waren es die selbst ernannten „Lebensschützer“ von pro Vita? | |
Oder Aichingers bipolarer Sohn, der mit dem Freitod der Mutter – | |
selbstbestimmt hin oder her – nicht klarkommt? | |
Kommissar Flückiger (Stefan Gubser), frisch verliebt und dabei sehr putzig | |
anzuschauen, und Kollegin Liz Ritschard (Delia Mayer) ermitteln – vor allem | |
das Maß an Doppelmoral und Anmaßung, das am Ende beide Seiten, die | |
„Lebensschützer“ und die Sterbehelfer, nicht gut dastehen lässt. | |
18 Sep 2016 | |
## AUTOREN | |
Anna Klöpper | |
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