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# taz.de -- Kalaschnikow als Souvenir: Friedensgruß aus Moskau
> Kalaschnikow-Attrappen sind jetzt am Flughafen der russischen Hauptstadt
> erhältlich. Und Oberbefehlshaber Putin prangt auf T-Shirts.
Bild: Der neueröffnete Kalaschnikow-Souvenir-Shop auf dem Moskauer Flughafen S…
Moskau taz | Unhandliche Gepäckstücke müssen Waffennarren nicht mehr zum
Flughafen schleppen. Freunde von Feuerwaffen können inzwischen auch in
Scheremetjewo, Moskaus größtem Flughafen, Schusswaffen aus heimischer
Produktion erwerben. Der Hersteller des meistverkauften Sturmgewehrs der
Welt, des AK 47, auch als Kalaschnikow bekannt, eröffnete im
Flughafengebäude in der vergangenen Woche ein mit allerlei Militaria gut
bestücktes Souvenirgeschäft.
Täuschend echte Attrappen des AK 47 sind für umgerechnet 490 Euro zu haben,
die für kleinere Auseinandersetzungen häufig verwendete Pistole MP 654 –
Makarow – kostet inklusive Schalldämpfer erschwingliche 100 Euro. Um die
Hälfte weniger als im echten Waffenhandel.
Die Angebotsbreite reicht von Tarnkleidung über Fliegerjacken bis zu
USB-Sticks als Panzernachbildung. Die Bomberjacken aus echtem Leder für
rund 1000 Euro werden vom Verteidigungsminister und Helden Russlands Sergej
Schoigu beworben. Der Oberbefehlshaber der russischen Streitkräfte Wladimir
Putin ist bislang nur auf T-Shirts zu sehen, mitunter als Angstmacher auch
in englischer Aufschrift „Great Russia's Great Putin“.
Russland ist in alles Militärische vernarrt, auf Waffenschauen turnen Väter
mit dem Filius auf Panzern herum. Das erste AK 47 für den Kleinen gibt es
schon beim Laufen lernen. Rasseln und Greiflinge für die Allerkleinsten in
Handgranatenformat könnten sich auch noch zu einer einträglichen
Geschäftsidee entwickeln.
## Zur Hochzeit im Mannschaftswagen
Erst kürzlich eröffnete in Moskau ein Unternehmen, das
Hochzeitsgesellschaften in gepanzerten Mannschaftstransportern die Fahrt
zum Standesamt anbietet. Danach müsse man nur noch echte
Vaterlandsverteidiger aufziehen, meinte der Unternehmer.
Apropos Väter. Ältere Modelle des AK 47 machen mit dem Spruch auf sich
aufmerksam „Ich bin Dein Vater!“ Die Geschenkidee Kalaschnikow gab es
natürlich schon vorher. Als Glasnachbau mit echtem Wodka in einer
Holzkiste. Im Vergleich zum neuen Sortiment war das jedoch altbacken, zu
defensiv, zu viel Selbstironie und Folklore.
Der jetzige Trend setzt auf westliches Design und suggeriert
unerschütterliche Selbstsicherheit. Bei Kalaschnikow in Scheremetjewo sieht
es aus wie in einem Appleladen. 60 ähnliche Filialen will die
Waffenmanufaktur noch bis Ende dieses Jahres in Russland hochziehen.
Kalaschnikow gehört mehrheitlich zum staatlichen Konzern Rostech. Seit
Besetzung der Krim ist Military-look oder – wie es im Russischen heißt
-„patriotischer Glamour“ sehr angesagt. Produkte aus heimischer Produktion
stehen ebenfalls wieder höher im Kurs.
## Noch Großes vor
Kalaschnikows Marketing-Direktor Wladimir Dmitrijew hat mit dem Unternehmen
denn auch noch Größeres vor. Kalaschnikow sei eine Weltmarke, sagte er der
Zeitung Iswestija. Kleidung und Souvenirs dürften bald genauso populär sein
wie die Produkte der Waffenschmiede.
Die Firma blieb unterdessen auch nicht von den westlichen Sanktionen gegen
Russland verschont. Vorher gingen fast 70 Prozent der Sport- und Jagdwaffen
in den Export nach Europa und in die USA. Seit zwei Jahren orientiert sich
das Unternehmen auf den heimischen Markt um. Es war auch gezwungen, die
Produktion auszuweiten und mehr zivile Güter herzustellen. Nicht ohne
Erfolg. 33 Millionen Dollar Reingewinn erwirtschaftete es im letzten Jahr.
Flexibel und erfinderisch sein, lautet die Devise. Wenn Wladimir Putin eine
Friedensinitiative startet, ist operationale Schnelligkeit gefordert. Wie
beim Syrieneingriff. T-Shirts mit der Aufschrift „Unterstützt Assad“ aus
der Perspektive eines Kampfjets erreichten schon mit den ersten Bomben den
heimischen Markt.
Dmitrijew nimmt sich ein Beispiel an Vorbildern wie US-Konzern Caterpillar
oder Ferrari, die durch die Vermarktung des Labels auf firmenfremden Waren
zehn Prozent der Einnahmen erzielen.
Eine Unannehmlichkeit kann Kalaschnikow für die Flughafenkunden indes nicht
lösen. Das AK-47 darf nicht als Handgepäck mit an Bord. Es muss vorher im
regulären Gepäck verstaut werden. Doch dann steht dem Ansinnen nichts im
Wege, die russische Friedensbotschaft in alle Welt zu tragen: „Mir miru“ –
Frieden für die Welt, lautete die Formel im Kalten Krieg.
23 Aug 2016
## AUTOREN
Klaus-Helge Donath
## TAGS
Kalaschnikow
Russland
Moskau
Wladimir Putin
Waffenhandel
Russland
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