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# taz.de -- Prozess gegen IS-Rückkehrer in Frankfurt: Gräuelvideos auf dem Sm…
> Als mutmaßlicher IS-Kämpfer steht in Frankfurt derzeit ein 30-Jähriger
> vor Gericht. Auf seinem Handy sind zehn Videos sichergestellt worden.
Bild: Der Angeklagte Abdelkarim E. im Oberlandesgericht in Frankfurt
Frankfurt am Main taz | Gleich zweimal warnt der berichterstattende Richter
Christoph Koller die Zuschauer im Saal II des Frankfurter
Oberlandesgerichts vor den schrecklichen Bildern, die an diesem dritten
Verhandlungstag in das Verfahren gegen den mutmaßlichen IS-Kämpfer El B.
eingeführt werden. Erst dann präsentiert er die zehn Videos, die Fahnder
auf einem Smartphone des Angeklagten sichergestellt hatten.
Da sieht man ihn mit Sturmhaube und Maschinengewehr. Schüsse von Gewehren
und Granatwerfern sind zu hören. Dem Wortwechsel auf Deutsch und Arabisch
ist zu entnehmen, dass die Szenen aus dem syrischen Bürgerkrieg nahe Aleppo
stammen. Bei den vier letzten Videos wird es ganz still im Saal. Da liegt
die Leiche eines gefallenen Gegners. Unter höhnischem Gelächter misshandeln
El B. und seine Kampfgefährten den Toten, sie schneiden ihm Ohren und Nase
ab. „Ab die Nase, ab die Nase!“, hört man den Angeklagten skandieren, seine
Kumpanen zerschießen dem Toten den Schädel. Am Ende drei Einstellungen, auf
denen man nur wenig sieht.
Der Dolmetscher, der als Zeuge geladen ist, versteht kaum einzelne Worte
und trotzdem ist klar: Hier wird ein Gefangener, der in Todesangst um Gnade
fleht, geschlagen und unter Druck gesetzt, vielleicht sogar gefoltert.
Bei der Vorführung seiner grausamen Videos richtet der Angeklagte seinen
Blick nach unten, bedeckt die Augen mit der Hand und reibt sich die Stirn,
sackt auf seinem Stuhl zusammen. Nach der Vorführung bittet er um eine
Pause – er sei kurzfristig nicht verhandlungsfähig, trägt die Verteidigung
vor. Auch ihm sei bei den Bildern schlecht geworden, kontert der
Vorsitzende Richter, allerdings habe er El B. bislang nicht gerade als
feinfühlig erlebt.
Bis dahin hatte sich der Angeklagte nämlich locker gegeben, als ginge ihn
das Verfahren kaum etwas an. Mehrmals musste das Gericht ihn daran hindern,
mit seinen Gesinnungsgenossen im Zuhörerraum Gesten und Grüße
auszutauschen. In einem Beschwerdebrief an die Bundesregierung aus
türkischer Haft hatte er versichert, er sei lediglich in humanitärer
Mission nach Syrien gereist. Er verachte den islamistischen Terror, weil
der seine Religion, den Islam, beschmutze.
Die Verteidigung, die mit zahlreichen Anträgen und Einwendungen die
Vorführung der Videos zu verhindern versuchte, muss nun eine neue Strategie
finden. Die wenigen Minuten aus seinem Smartphone zeigen ihren Mandanten
mit Kriegswaffen an vorderster Front; er ist maßgeblich an der Schändung
einer Leiche und an der Misshandlung eines Gefangenen beteiligt. Das könnte
ihm vor Gericht zum Verhängnis werden.
30 Aug 2016
## AUTOREN
Christoph Schmidt-Lunau
## TAGS
Schwerpunkt Syrien
„Islamischer Staat“ (IS)
Schwerpunkt Syrien
Lesestück Recherche und Reportage
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