# taz.de -- Mobilitätspartnerschaft in Hamburg: Allianz der Angeschlagenen | |
> Hamburg will mit VWs Hilfe die Luft sauberer machen. Da sucht der grüne | |
> Umweltsenator lieber das Weite. | |
Bild: Ein Grüner fehlt: VW-Konzernchef Matthias Müller mit Bürgermeister Ola… | |
Hamburg taz |Ausgerechnet VW. Dass Hamburg Anfang der Woche „eine | |
strategische Mobilitätspartnerschaft“ mit dem angeschlagenen Wolfsburger | |
Autokonzern vereinbarte, um die Mobilität in der Stadt sicherer und | |
umweltschonender zu gestalten, stößt bei vielen Grünen und manch Hamburger | |
Umweltorganisation auf Unbehagen. | |
Bei dem Projekt geht es offiziell vor allem darum, in der Großstadt den | |
Schadstoffausstoß zu drosseln, um Strafzahlungen zu vermeiden. „Dass VW so | |
was kann, hat der Konzern ja unlängst eindrucksvoll bewiesen“, spottet ein | |
führendes Mitglied des grünen Koalitionspartners mit Blick auf den | |
weltweiten Skandal um die manipulierte VW-Software. | |
Der grüne Umweltsenator Jens Kerstan blieb am Montag der | |
Vertragsunterzeichnung mit Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) und | |
VW-Vorstandschef Matthias Müller demonstrativ fern – und weigert sich | |
seither vehement, die Vereinbarung auch nur zu kommentieren. Das tun andere | |
aus seiner Behörde – wenn auch nur hinter vorgehaltener Hand. | |
Das Papier sei „eine Luftnummer“ voller „vager Absichtserklärungen“, i… | |
zu hören. In dem achtseitigen Pamphlet stehe nichts, was geeignet wäre, die | |
Lärmbelastung und die Luftverschmutzung durch den motorisierten Individual- | |
und Wirtschaftsverkehr zu reduzieren. | |
Doch genau darum geht es. Erst vor wenigen Wochen hatte das | |
Verwaltungsgericht den rot-grünen Senat dazu verdonnert, bereits bis Juni | |
2017 und nicht erst – wie von Rot-Grün geplant – 2018 einen | |
Luftreinhalteplan vorzulegen. Weil Hamburg die seit 2010 geltenden | |
EU-Grenzwerte für Stickstoffoxid permanent nicht einhielt, hatte ein | |
Gericht die Landesregierung bereits im November 2014 verpflichtet, zeitnah | |
ein Konzept zur Schadstoffdrosselung vorzulegen. | |
Doch das liegt noch immer nicht vor. Der Senat spielt auf Zeit: Zu uneins | |
sind sich die Koalitionspartner, wie man die Atemluft in Hamburg sauberer | |
bekommt: Denn Umweltzonen, Fahrverbote oder ein flächendeckendes | |
Tempo-30-Straßennetz lehnt die SPD und vor allem Bürgermeister Scholz | |
genauso kategorisch ab, wie effektive Maßnahmen gegen Dieselfahrzeuge. | |
Im vergangenen Monat riet Kerstan im Hinblick auf mögliche Fahrverbote in | |
einigen Jahren davon ab, Dieselfahrzeuge zu kaufen. Prompt bremste Scholz | |
ihn aus: „Es wird keine Fahrverbote geben. Das wird der Hamburger Senat | |
nicht beschließen, die Hamburger Bürgerschaft auch nicht“, sprach der | |
Bürgermeister ein weit in die Zukunft reichendes Machtwort und brüskierte | |
so seinen Senator. | |
Allein den Ausbau der Fahrradwege haben die Grünen im Koalitionsvertrag | |
durchsetzen können, jede Einschränkung des Autoverkehrs aber haben die | |
Sozialdemokraten zum Tabuthema erklärt. „Verbote führen nicht ans Ziel“, | |
sagte VW-Chef Müller am Montag bei der Unterzeichnung der | |
Grundsatzvereinbarung und sprach damit aus, was Olaf Scholz seit jeher | |
denkt. | |
„Autofreundlich“, nennt auch der Geschäftsführer des Umweltverbands BUND, | |
Manfred Braasch, den Bürgermeister und macht ihn persönlich dafür | |
verantwortlich, dass in Hamburg noch immer verboten viele Stickoxide in die | |
Luft geblasen werden. Mit dem Ökoverweigerer Scholz und den | |
Softwarebetrügern aus Wolfsburg hätten sich „zwei angeschlagene Akteure | |
zusammengetan, die etwas für ihr Image tun wollen“. | |
30 Aug 2016 | |
## AUTOREN | |
Marco Carini | |
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