# taz.de -- Eingebürgerte Athleten in der Türkei: Verstärkung von außen | |
> 25 eingebürgerte Sportler treten für die Türkei bei Olympia an. Das Team | |
> ist so groß wie nie. Allerdings fliegen auch etliche Doper auf. | |
Bild: Gebürtiger Turkmene, jetzt für die Türkei am Start: Daniyar Ismayilov | |
Wenn es um Doping geht, denken derzeit nahezu alle reflexartig an Russland. | |
Der Türkei aber kann kein besseres Zeugnis ausgestellt werden. Laut der | |
türkischen Zeitung Sabah wurden in den vergangenen zehn Jahren über 400 | |
türkische Athleten positiv getestet. | |
So wurde Süreyya Ayhan Kop, die 2002 in München über 1.500-Meter-Lauf | |
Europameisterin wurde, 2009 vom Internationalen Sportgerichtshof CAS in | |
Lausanne lebenslang gesperrt. Auch Eşref Apak, der zweite türkische | |
Leichtathlet überhaupt, der eine Olympiamedaille gewann – Bronze im | |
Hammerwerfen in Athen –, wurde des Dopings überführt. | |
2013 wurden fast 30 türkische Athleten vom türkischen Leichtathletikverband | |
TAF wegen Dopings gesperrt, nachdem der Vorsitzende Mehmet Terzi | |
zurücktreten musste. In diesem Jahr wurde Elvan Abeylegesse, die | |
eingebürgerte äthiopische Läuferin, 2008 in Peking über 5.000 Meter und | |
10.000 Meter Zweite, für zwei Jahre gesperrt. | |
Und auch gegen Gamze Bulut, Silbermedaillengewinnerin über 1.500 Meter in | |
London, läuft derzeit ein Doping-Verfahren. Die Goldmedaille in diesem Lauf | |
gewann Aslı Çakır Alptekin. Es war die erste olympische Goldmedaille in | |
einem Laufsport für die Türkei überhaupt. Wegen Dopings nahm ihr der CAS | |
die Medaille jedoch wieder weg und strich ihr Ergebnis. | |
## Erdoğans Traum von Olympia | |
Der türkische Verband hat lange große Mühe darauf verwendet, Dopingfälle zu | |
vertuschen. Das liegt auch daran, dass die türkische Regierung unter Recep | |
Tayyip Erdoğan unbedingt Gastgeber von Olympischen Spielen werden wollte. | |
Das Aufgebot türkischer Olympioniken war in den letzten Jahren stetig | |
erhöht worden. An den Sommerspielen 2008 in Peking nahmen noch lediglich 67 | |
Athleten teil, in Rio der Janeiro sind es 103 Athleten in 21 Sportarten, | |
davon 31 Leichtathleten. 25 Athleten stammen aus Ländern wie Kenia, Jamaika | |
oder Aserbaidschan. Sie sind eingebürgerte Türken. | |
Die meisten türkischen Medaillengewinner der letzten Jahre sind | |
eingebürgerte Sportler. So zum Beispiel sämtliche Silber- und | |
Goldmedaillengewinner der Leichtathletikeuropameisterschaft in Amsterdam im | |
Juli. Die Verstärkung von außen ist keine türkische Spezialität. Andere | |
Länder wie Katar bessern ebenso ihre sportlichen Bilanzen auf. Türkische | |
Ringer und Gewichtheber sind indes schon fast traditionellerweise | |
eingebürgerte Athleten. Die Türkei versucht über sportliche Erfolge auch | |
innenpolitisch zu punkten. | |
## Hoch pokern | |
Das sogenannte Wirtschaftswunder der Türkei ähnelt im Prinzip der | |
türkischen Sportpolitik: Auch die türkische Wirtschaft ist gedopt. Laut | |
Dani Rodrik, einem türkischen Wirtschaftsprofessor an der Harvard | |
University, ist das türkische Wirtschaftswachstum das Ergebnis eines | |
makroökonomischen Populismus: Eine große Verschuldung wird in Kauf | |
genommen, um Investitionen aus dem Ausland aufrechtzuerhalten. Das | |
Wirtschaftswachstum ist abhängig von der ausländischen Finanzierung. Bricht | |
diese ein, ist es auch mit dem schönen Wirtschaftswunder vorbei. | |
Auch in der Innenpolitik wird ähnlich hoch gepokert. Im Juli, kurz vor der | |
Leichtathletik-EM, kündigte Präsident Erdoğan an, dass von den 2,7 | |
Millionen Flüchtlingen bis zu 300.000 Syrer eingebürgert werden sollen. | |
Obwohl der UNHCR diese Entscheidung begrüßte, warf die Opposition Erdoğan | |
vor, eine neue konservative Wählerbasis für die AKP schaffen zu wollen. So | |
wie in der Sport- und Wirtschaftspolitik geht es Erdoğan auch | |
innenpolitisch darum, schnell billige Erfolge einzufahren. | |
12 Aug 2016 | |
## AUTOREN | |
Eren Caylan | |
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