# taz.de -- Kolumne Habibitus: Von Beyoncé lernen | |
> 103 Euro, die es absolut wert waren: Unsere Autorin sieht eines von nur | |
> zwei Deutschlandkonzerten der großen Beyoncé und ist hingerissen. | |
Bild: Die Stimme, der Po – alles in echt noch besser als erwartet: Beyoncé b… | |
Letzte Woche ging ein (anderthalb) Jahrzehnte alter Wunsch in Erfüllung: | |
Ich sah Beyoncé live. Diesen intimen Moment teilte ich mit 12 Freund_innen | |
und knapp 30.000 anderen Fans in einer Riesenarena in Frankfurt, Brudi. So | |
richtig mit 5 Euro pro Cola und sechs Stunden vorher im Regen an der Halle | |
anstehen. Es regnete Konfetti von der Decke, ihre Stimme (und ihr Po) waren | |
in echt noch besser, die Bühnenshow war eine absolute Bombe und die | |
Video-Projektionen – wie nach ihren beiden visuellen Alben nicht anders zu | |
erwarten – der Hammer. | |
Kapitalistische Vermarktung von Pop hin und her, Beyoncé hat mein | |
(Über)Leben in vieler Hinsicht geprägt. Ihre neueste Platte „[1][Lemonade]�… | |
ist nach der Postkartenweisheit „Wenn das Leben dir Zitronen gibt, mach | |
Limonade draus!“ inspiriert. Früher hielt ich das für einen sehr albernen | |
Spruch, heute kann ich ihn für mich sehr gut anwenden – besonders in der | |
Version einer Freundin, die schrieb nämlich über ein Foto des Leipziger | |
Graffitis „Ich wollte nie 1 Alman s1“: „Wenn das Leben dir Kartoffeln | |
bietet, mach Pommes draus.“ | |
Wenn die Almans mal wieder aufmucken, setz einen Beat unter ihr Gemecker, | |
mach einen Remix draus und werde damit berühmt. Und reich. Hauptsache, das | |
Para fließt. The best revenge is your papers. | |
Sie singt darüber, dass ihre Mutter ihr beibrachte, ihre Täter_innen nicht | |
im Internet zu dissen, ihr Vater lehrte ihr die Liebe zu ihren Hater_innen. | |
Meine Eltern haben so was in der Art auch zu mir gesagt („Sei immer höflich | |
zu allen, besonders zu den Almans, sie sitzen immer noch am längeren | |
Hebel!“). So weit bin ich noch nicht, aber der Schritt „I twirl on them | |
haters“ izda. Beziehungsweise: Fast hatte ich auf dem Konzert eine | |
Schlägerei mit einer Gruppe von Beckys, die mich nach meinem Gang zum Klo | |
nicht mehr zurück zu meinem Platz lassen wollten. | |
## Gewalt oder Diplomatie? | |
Ich war einen Handschlag davon entfernt, dieser frechen Göre das iPhone aus | |
der Hand zu reißen, es auf dem Boden zu zertreten und ihre drei blonden, | |
dünnen Haare abzureißen. Das klingt sehr gewaltvoll und wütend. Ich war es | |
in dem Moment auch. Ich wählte stattdessen jedoch das (Weiter)Leben und | |
krächzte mit meiner Krötenstimme: „Ich habe nicht 103 [in Worten: | |
hundertdrei] Euro dafür ausgegeben, um alleine in der letzten Reihe zu | |
stehen!“ Dann drängelte ich mich trotzdem an ihnen vorbei. Nicht | |
schlagfertig, aber strategisch. Vor allem aber unapologetisch. I ain’t | |
sorry. | |
Bevor Beyoncé beim Konzert letzten Freitag den Destiny’s Child Smash-Hit | |
„Survivor“ raushaute, widmete sie den Song allen, die Rassismus, Sexismus, | |
Krankheiten oder den Tod einer angehörigen Person überlebt haben – und | |
rückte den Song damit in einen explizit politischen Empowerment-Kontext. | |
Und als sie in „Bootylicous“ dazu aufforderte, den Schwabbel zu schütteln, | |
konnte ich in meinem Sport-BH und der Leggings, mit meinem Oberarmpudding, | |
meinen Oberschenkeln und der mit blitzförmigen Dehnstreifen verzierten | |
Wampe mehr Prozent geben als all diese dünnen Beckys aus der | |
Fast-Schlägerei-Situation zusammen. Dieses Gefühl war fast so gut wie | |
Pommes mit Ketchup und Mayo – und kostenlosem Soßen-Refill. | |
5 Aug 2016 | |
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[1] /Beyonce-mit-neuem-Album-Lemonade/!5299905 | |
## AUTOREN | |
Hengameh Yaghoobifarah | |
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