# taz.de -- Kommentar Wahlkampf in den USA: In verschiedenen Sonnensystemen | |
> Die Parteitage in den USA haben gezeigt: Donald Trump inszeniert sich als | |
> Retter vor dem Verfall, Hillary Clinton schönt die Realität. | |
Bild: Hinter dem US-Kapitol geht die Sonne unter – zu welchem System es zukü… | |
Das Faszinierende, für manchen Schockierende, an den Vereinigten Staaten | |
sind ja schon immer deren Widersprüche gewesen. Es gibt das Silicon Valley | |
mit seiner Innovationskultur und daneben die hoffnungslose Tristesse des | |
Rostgürtels der alten, abgewrackten Industrie. Es gibt obszönen Reichtum | |
und schreiende Armut. | |
Es gibt Barack Obama und Donald Trump, einen Meister der geschliffenen Rede | |
und einen Hau-drauf-Rhetoriker, der sich um die Regeln des Anstands nicht | |
schert. Nun haben die beiden großen Parteien des Landes ihre Wahlparteitage | |
abgehalten, und krasser konnten die Widersprüche zwischen den beiden sind | |
nicht sein. | |
Auf dem Planeten Cleveland, in der Stadt, in der die Republikaner tagten, | |
dominierten die düsteren Farben. Wie Trump die Lage der Nation skizzierte, | |
ließ an drohenden Untergang denken, zumindest an rasanten Verfall. Dabei | |
hatte die Schwarzmalerei kühles Kalkül: Je dramatischer die Beschreibung | |
der Realität, umso effektvoller kann sich Trump als Retter in Szene setzen, | |
als der starke Mann, der das Staatsruder in die Hand nehmen und es | |
herumwerfen wird. | |
Auf dem Planeten Philadelphia, in der Konferenzblase der Demokraten, wurde | |
die Zukunft einer Republik beschworen, die es schon immer geschafft hat, | |
ihre Krisen zu meistern. Amerika müsse nicht wieder groß gemacht werden, | |
weil es schon jetzt das beste Land der Welt sei. Das schönt natürlich die | |
Realität. Eine Partei, die in den vergangenen acht Jahren den Präsidenten | |
stellte, neigt schon deshalb dazu, den Status quo in rosigeren Farben zu | |
zeichnen. | |
## Trumps hochgezogene Brücken | |
Auf dem Planeten Cleveland, dem Planeten Donald Trumps, ging es um Mauerbau | |
und Einreiseverbote für Muslime, um die Abschottung gegenüber einer als | |
feindlich empfundenen Welt. Auf dem Planeten Philadelphia, dem Planeten | |
Hillary Clintons, war ein Amerika zu erleben, das auch in bewegten Zeiten | |
auf seine Stärken vertraut. Ohne offene Türen für Immigranten, wissen die | |
Demokraten, würden sich die Vereinigten Staaten ihres eigentlichen | |
Kraftquells berauben. Cleveland und Philadelphia – phasenweise wirkte es, | |
als befänden sie sich in verschiedenen Sonnensystemen. | |
Trumps Amerika wäre ein in sich gekehrtes Land, das Isolationismus und | |
Nationalismus zu seinem Credo erhebt. Womöglich bricht dieses Land mit der | |
Rolle in der Welt, die es seit 1945 spielt, womöglich wendet es sich ab von | |
den Bündnissen, die es einst schuf und die lange Zeit keiner seiner | |
Politiker von Rang infrage stellte. Trump lässt an einen Hasardeur denken, | |
der zum Barrikadensturm ruft, einfach um zu sehen, ob die Barrikade | |
tatsächlich fällt. Was danach kommt, ist ihm herzlich egal. | |
Clintons Amerika stünde für außenpolitische Kontinuität, es würde nicht | |
rütteln an seinen Allianzen. Die Frage ist, ob eine Präsidentin Hillary | |
Clinton tatsächlich auf den Charme von Soft Power vertrauen würde, den sie | |
in ihren Reden so oft beschwört. Oder ob sie eher als Obama bereit wäre, | |
sich der militärischen Mittel einer Supermacht zu bedienen. | |
Sie war die treibende Kraft der Libyen-Invasion des Jahres 2011, auf die | |
sich Obama lange nicht einlassen wollte und die er mittlerweile als Fehler | |
bezeichnet. Sie dürfte eine härtere Linie fahren, eine blindwütige | |
Interventionistin wie George W. Bush wäre aber auch sie vermutlich nicht. | |
Auf isolationistische Vabanquespiele würde sie sich indes auf keinen Fall | |
einlassen. | |
Ein weltzugewandtes Amerika oder eines, das die Zugbrücken hochzieht: Darum | |
geht es bei dieser Richtungswahl, die der Rest der Welt mit angehaltenem | |
Atem verfolgt. | |
29 Jul 2016 | |
## AUTOREN | |
Frank Herrmann | |
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