# taz.de -- Nach der Messerattacke in Reutlingen: Immer auf die Kleinen | |
> Im Namen des AfD-Kreisverbandes Reutlingen wurde ein rassistischer Tweet | |
> versendet – zur Verantwortung gezogen wurde ein Praktikant. Klar. | |
Bild: Wie immer kriegen die Praktis gar nüscht hin | |
Nachdem am vergangenen Sonntag in Reutlingen ein Mann vernommen wurde, der | |
in Verdacht steht, mit einem Dönermesser eine Arbeitskollegin getötet zu | |
haben, reagierte der örtliche AfD-Kreisverband mit einem äußerst | |
fragwürdigen Tweet: „Wären wir an der Macht, wäre dies nicht passiert | |
#Reutlingen#Terroranschlag#machete“. Der Kommentar sorgte augenblicklich | |
für einen Shitstorm. Der Tweet wurde jedoch vonseiten der Menschen hinter | |
dem Twitter-Account verteidigt und noch zusätzlich mit menschenfeindlichen, | |
rassistischen Äußerungen untermauert: „Wir wollen, dass Deutschland wieder | |
funktioniert“, hieß es dort, oder „Es ist ein Moslem gewesen, von daher ist | |
der Hintergrund klar“. | |
Aufseiten des AfD-Kreisverbandes wurde zunächst ein PRAKTIKANT für die | |
Posts verantwortlich gemacht. Der Account wurde geschlossen, für die | |
Äußerungen entschuldigte man sich. [1][Ganz so einfach scheint die | |
Geschichte jedoch nicht zu sein], denn kurz darauf wurde auf der | |
Facebook-Seite des Kreisverbandes vermeldet, dass Letzterer überhaupt | |
keinen Twitter-Account besäße, hier also ein Faker am Werk gewesen sei. | |
Egal, wie sich die Geschichte klären wird, bestehen bleibt die Tatsache, | |
dass zuallererst ein (angeblicher) Praktikant für das Geschehene zur | |
Verantwortung gezogen wurde. PraktikantInnen müssen nicht nur in | |
Partei-Kreisverbänden als Sündenböcke herhalten. Auch als Praktikantin | |
einer Zeitung wie der taz hat man es oft nicht leicht: Hochmotiviert und | |
gewillt, in einer kurzen Zeit eine möglichst große Menge journalistischer | |
Erfahrungen zu sammeln, nimmt man oft bereitwillig diverse Termine wahr. So | |
kann es passieren, dass man sich als Teil merkwürdiger künstlerischer | |
Experimente wiederfindet, sich schwimmend durch die Spree quält oder sich | |
mit komplizierten Menschen auseinandersetzen muss. | |
Doch das entgegengebrachte Vertrauen ermöglicht auch Freiheiten. So wie der | |
(vermeintliche) Praktikant des AfD-Kreisverbandes die ganze Partei in eine | |
öffentliche Debatte ziehen konnte, könnten auch wir PraktikantInnen die taz | |
ganz schön in Verruf bringen. Wir könnten Rufmordkampagnen oder | |
Verschwörungstheorien anzetteln. Wir könnten im Namen der taz illegale | |
Aktionen starten oder auf sämtlichen Kanälen die politische Kehrtwende der | |
Zeitung verkünden. | |
Aber wir tun es nicht. | |
Weil uns die Arbeit vor allem Spaß macht. Weil wir uns unsere Karriere | |
nicht versauen wollen. Vor allem aber deshalb, weil die taz uns nicht als | |
Trottel für alles vorschiebt, wenn mal etwas schiefläuft. | |
26 Jul 2016 | |
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[1] /AfD-und-der-Messerangriff-in-Reutlingen/!5327660 | |
## AUTOREN | |
Annika Glunz | |
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