| # taz.de -- Nach dem Erdbeben in Haiti: Cholera-Opfer können hoffen | |
| > Die UNO will ihre mögliche Mitschuld am Ausbruch der Krankheit | |
| > überdenken. Die Betroffenen fordern eine finanzielle Entschädigung. | |
| Bild: Krankentransport in der Haitis Hauptstadt Port-au-Prince | |
| BERLIN taz | Die UNO hat erstmals, wenn auch indirekt, eine Mitschuld an | |
| dem Ausbruch der Cholera in Haiti im Oktober 2010 eingeräumt. Knapp 10.000 | |
| Menschen starben aufgrund der Epidemie. Hunderttausende infizierten sich, | |
| wenige Monate nach dem Erbeben in Januar 2010 im Armenhaus Lateinamerikas. | |
| Auch heute noch gibt es, vor allem in der Regenzeit, Neuerkrankungen. | |
| Der Sprecher von UN-Generalsekretär Ban Ki Moon, Farhan Haq, erklärte etwas | |
| gestelzt: „Während des vergangenen Jahres ist die UNO zu der Überzeugung | |
| gekommen, dass sie mehr in Bezug auf die eigene Beteiligung an dem | |
| ursprünglichen Cholera-Ausbruch und den davon Betroffenen machen muss.“ Die | |
| „neuen Reaktionen werden in den nächsten zwei Monaten der Öffentlichkeit | |
| präsentiert, nachdem sie ausgearbeitet und mit der haitianischen | |
| Staatsführung und den Mitgliedsländern diskutiert worden ist“, sagte Farhan | |
| der New York Times. | |
| Die Erklärung des UN-Sprechers ist eine Sensation. Bisher hat die UNO jede | |
| Verantwortung für die Erkrankung abgelehnt, obwohl zahlreiche Expertisen | |
| bestätigt hatten, dass an Cholera erkrankte nepalesische UN-Soldaten, die | |
| vorübergehend in Haiti stationiert waren, die Bakterien eingeschleppt | |
| hatten. | |
| Allerdings handelt es sich bei der Erklärung von Farhan juristisch nicht um | |
| eine eindeutige Schuldanerkennung. Der Pressesprecher lehnte es auch ab, | |
| sich dazu zu äußern, ob die UNO nun bereit sei, Entschädigungen an die | |
| Überlebenden zu zahlen. | |
| ## Bericht: Ohne UNO keine Cholera | |
| Aber es ist ein Schritt. Bisher hat sich die UNO, die in Haiti fast 10.000 | |
| Blauhelmsoldaten und -polizisten zur Stabilisierung des Landes stationiert | |
| hat, auf ein Abkommen aller Mitgliedstaaten berufen, das die „Privilegien | |
| und Immunitäten der Vereinten Nationen“ regelt, nach dem | |
| Schadenersatzansprüche ausgeschlossen sind. | |
| Die veränderte Haltung der UNO steht in Zusammenhang mit dem Bericht eines | |
| Beauftragten von Ban Ki Moon. Der New Yorker Rechtsprofessor Philip Alston, | |
| Berater der UNO in Menschenrechtsfragen, hatte in einem Gutachten | |
| unmissverständlich festgestellt, dass die Epidemie „ohne Anwesenheit der | |
| Vereinten Nationen nicht ausgebrochen“ wäre. | |
| Knapp sechs Jahre nach dem Cholera-Ausbruch listet Alston in seinem | |
| 19-Seiten-Report die Fakten auf, die für eine Verantwortung der UN-Mission | |
| sprechen. In Haiti galt die Cholera bis Mitte Oktober 2010 als | |
| „ausgerottet“. Die ersten haitianischen Epidemie-Opfer wurden in der | |
| Umgebung des Flusses Meille registriert, in dessen unmittelbarer Nähe sich | |
| ein UN-Lager mit 454 nepalesischen Blauhelmsoldaten befand. Die Fäkalien | |
| der Soldaten, darunter Bakterienträger, wurden im Fluss entsorgt, wie sich | |
| später herausstellte. | |
| ## UN-Soldaten aus Nepal waren Verursacher | |
| Das US-Zentrum für Seuchenkontrolle (CDC) geht davon aus, dass die | |
| UN-Soldaten aus Nepal die Verursacher sind. Bei der Untersuchung von | |
| Stuhl-, Blut- und Wasserproben stellten die Wissenschaftler fest, dass die | |
| in Haiti aufgetauchten Cholera-Erreger mit Bakterienstämmen identisch | |
| waren, wie sie in Südasien und Nepal vorkommen. | |
| Seit 2013 klagen 5.000 haitianische Staatsbürger gegen die UNO als | |
| Verursacher der Epidemie und fordern finanzielle Entschädigung. Bisher hat | |
| die Staatengemeinschaft nicht nur jede Verantwortung für die Erkrankung | |
| zurückgewiesen, sondern auch Entschädigungszahlungen abgelehnt. US-Gerichte | |
| schlossen sich dieser Rechtsauffassung an. Unberechtigterweise, wie Philip | |
| Alston der UNO jetzt attestiert, habe deren Rechtsabteilung eine | |
| „konstruktive und gerechte Lösung“ verhindert und das „Recht außer Kraft | |
| gesetzt“. | |
| 22 Aug 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Hans-Ulrich Dillmann | |
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