# taz.de -- Musiker Alan Vega ist gestorben: Schluckauf from Hell | |
> Der Sänger und Gitarrist Alan Vega, eine Hälfte des New Yorker | |
> Protopunk-Duos Suicide, ist tot. Er starb am Samstag eines natürlichen | |
> Todes. | |
Bild: Elvis from Hell: Alan Vega in Berlin, 2002 | |
In diesen Tagen wird der 40. Geburtstag von Punk begangen. Dazu gibt es | |
zwei konkurrierende Erzählungen. Eine besagt, dass Punk in den Metropolen | |
Rock in den Arsch getreten und ihn so wieder ins Laufen gebracht hat. Die | |
andere versteht Punk als historischen Bruch. Die alten Lügen sind | |
durchschaut – Tabula rasa. Wer da hindurchgegangen ist, der ist immun gegen | |
falsche Versprechungen. | |
Das nuyorikanisch-jüdisch-weiße Duo mit dem konfrontativen Namen Suicide | |
wird keiner dieser Lesarten gerecht und ist genau darin Punk, avant la | |
lettre, frühe Siebziger. Martin Rev, Billigkeyboards, und Alan Vega, | |
Stimme, aufgewachsen im New York der Fünfziger, „in glorious isolation from | |
the rest of America“, wie Kris Needs in seiner Biografie „Dream Baby Dream: | |
Suicide, A New York Story“ formuliert. Getrieben sind die Musiker von der | |
existenziellen Liebe zu Jazz, R & B, Doo Wop und Rock ’n’ Roll. | |
Suicide waren auch imprägniert von der existenziellen Erfahrung der | |
Negation, der Vernichtung, die es ihnen verbat, sich damit | |
zufriedenzugeben, jene Kreuzung aus Elvis und Kraftwerk zu sein, die | |
Kritiker in ihnen sehen wollten. | |
## Besser als Elvis | |
Sicher, nicht mal Elvis selbst konnte den Elvis-Schluckauf besser als Vega, | |
und wenn er „Dream Baby Dream“ sang, dieses in seiner Reduktion auf die | |
Essenz Pop – Dream! Baby! – so unschlagbare Speed-Melodram, dann war er | |
dort oben bei Elvis und dem „Blue Moon“. | |
Aber Vega war auch der Elvis from Hell. „Als die Juden zu den KZs | |
transportiert wurden, kamen sie an einem schönen Bahnhof an. Aber dann | |
gingen sie … direkt in die Hölle. Und genau das taten Marty Rev und ich mit | |
Suicide: Wir gaben ihnen Treblinka.“ Den angeblich hartgesottenen Punks | |
gaben sie dermaßen Treblinka, dass diese mit einem Bierdosenhagel | |
antworteten, frühe Suicide-Konzerte endeten gern im Inferno. | |
Zu den fiebrigen Rockabilly-Mutanten aus Marty Revs selbst gebastelten | |
Maschinen sang Vega von Geisterfahrern und Amokläufern. Und von Frankie | |
Teardrop. Der schuftet in der Fabrik und bringt nicht genug Geld heim: | |
„Frankie is so desperate, / He’s gonna kill his wife and kids“. | |
Solo singt Vega von Vietnamveteranen. Der Hölle von Vietnam entkommt der | |
1938 als Boruch Alan Bermowitz in Brooklyn geborene Vega auf seine Art. Bei | |
der Einberufungsbehörde stellt er sich so vor: „Okay, give me a gun, I | |
wanna fight, I wanna kill, I WANNA KILL.“ So einen wollten sie nicht als | |
Soldaten. „Rock and Roll is killing my life“ heißt einer der emblematischen | |
Suicide-Songs. Am Samstag starb Alan Vega im Alter von 78 Jahren. | |
17 Jul 2016 | |
## AUTOREN | |
Klaus Walter | |
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