# taz.de -- Fehlverhalten bei der Polizei: Die Whatsapp-Affäre | |
> In der Chefetage der Polizeiinspektion Wolfsburg gab es einen möglichen | |
> Stalking-Fall. Der zuständige Polizeipräsident machte erst nichts und | |
> dann zu viel. | |
Bild: Hat sich entschuldigt, aber damit vieles schlimmer gemacht: der Braunschw… | |
HAMBURG taz | Eine verwickelte Angelegenheit beschäftigt in Niedersachsen | |
die Landespolitik. Der Polizeipräsident von Braunschweig, Michael Pientka, | |
ist nach Einschätzung von FDP und CDU nicht mehr zu halten. Und auch | |
Innenminister Boris Pistorius (SPD) muss sich anhören, sein Krisenmanagment | |
sei „eine Katastrophe“. | |
Was ist passiert? Die Kripo-Chefin von Wolfsburg, Imke K., wurde im Juni | |
auf eigenen Wunsch zunächst nach Braunschweig und später ins | |
Innenministerium versetzt. Ende Juli berichtet die Wolfsburger Lokalpresse, | |
dass der Leiter der Polizeiinspektion Wolfsburg-Helmstedt, Hans-Ulrich P., | |
temporär abberufen ist. Gegen ihn sei ein Ermittlungsverfahren in Gang. | |
Aus dem Ministerium heißt es, der Vorwurf habe ein „innerdienstliches | |
verhaltensbezogenes Fehlverhalten“ zum Gegenstand. | |
Die Gerüchteküche brodelt. Anfang August spekuliert die Wolfsburger | |
Allgemeine Zeitung: „Stehen die beiden Personalien im Zusammenhang?“ Ja, | |
das tun sie, räumt am 5. August Polizeipräsident Pientka auf einer | |
Pressekonferenz ein. | |
Über ein „mögliches Fehlverhalten“ von P. gegenüber Frau K. „habe ich … | |
Juni Kenntnis erlangt“, erklärt er – und nennt in einer Mitteilung die | |
Namen aller Beteiligten. Er habe Imke K. damals von ihren Aufgaben | |
entbunden und ihren Vorgesetzten P. in seiner Funktion belassen. Mit dem | |
ihm heute vorliegenden Erkenntnissen hätte er ein Disziplinarverfahren | |
gegen P. einleiten und ihn freistellen müssen, so Pientka. | |
Kripo-Chefin K. hätte dann bleiben können. Pientka entschuldigte sich bei | |
der Polizistin. Durch sein Verhalten sei die Spekulation entstanden, sie | |
habe sich falsch verhalten. Er würde sich freuen, wäre sie bereit, ihren | |
Posten wieder aufzunehmen. | |
Sein Auftritt sei heikel, räumt Pientka selber ein. Denn nicht nur gegen | |
P., auch gegen ihn selbst ist ein Disziplinarverfahren im Gang: Pientka | |
soll laut Medienberichten nach den Anschuldigungen vom 8. Juni eine | |
positive Bewertung für seinen Untergebenen P. geschrieben haben, der sich | |
in Wolfsburg für einen höher dotierten Posten bewarb. | |
Doch zunächst liegen beide Disziplinarverfahren auf Eis. Denn parallel | |
ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen P. und dieses Verfahren muss erst | |
abgeschlossen sein. Die Staatsanwaltschaft will den Grund der Ermittlungen | |
nicht nennen, um keine Verdachtsberichterstattung zu betreiben, wie eine | |
Sprecherin sagt. | |
Im Innenausschuss wird das Thema am vergangenen Donnerstag vertraulich | |
besprochen. Danach aber tritt Staatssekretär Stephan Manke vor die Presse | |
und sagt, dass es um den Vorwurf der „Nachstellung“ geht. Das ist der | |
juristische Begriff für Stalking. Wie nun der Spiegel berichtet, erstattete | |
nicht das mutmaßliche Opfer, sondern eine Mitarbeiterin des Ministeriums | |
die Anzeige. Der Polizeichef habe seiner Kollegin WhatsApp-Nachrichten in | |
einer „nicht üblichen Frequenz“ geschickt und ihr darin seine Zuneigung | |
gestanden, schreibt der Spiegel. Strafrechtlich eindeutig sei das nicht. | |
Inzwischen meldet sich auch der Anwalt des Beschuldigten P. zu Wort. Sein | |
Mandant sei durch den Auftritt des Polizeipräsidenten öffentlich | |
vorverurteilt, sein Ruf zerstört. Dabei sei sich P. „in seinem dienstlichen | |
Verhalten keiner Schuld bewusst“. Entgegen gestreuter Gerüchte gebe es | |
gegen ihn keinen Vorwurf mit sexuellem Hintergrund. | |
Auch der Bund Deutscher Kriminalbeamter und die Deutsche | |
Polizeigewerkschaft (DPolG) rügen Pientkas Vorpreschen und sprechen von | |
einer „Schmierenkomödie“. „Es gibt in dem Spiel nur Verlierer“, warnt | |
DPolG-Vize Alexander Zimbehl. | |
Die Opposition fordert die Absetzung des Polizeipräsidenten. Der habe seine | |
Behörde „nicht im Griff“, so der FDP-Innenpolitiker Jan-Christoph Oetjen. | |
Es sei klar, dass der Beamte die Pressekonferenz „wohl kaum auf eigenes | |
Betreiben gegeben habe“, ergänzt CDU-Fachsprecherin Angelika Jahns. | |
Innenminister Pistorius habe seinen Beamten nach einem Gespräch „offenbar | |
dazu gedrängt“. | |
15 Aug 2016 | |
## AUTOREN | |
Kaija Kutter | |
## TAGS | |
Polizei | |
Wolfsburg | |
Stalking | |
Stalking | |
Datenschutz | |
Karneval | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Stalkingvorwurf nicht erhärtet: Pferdefotos vom Chef | |
Die Staatsanwaltschaft ermittelt nicht mehr wegen Nachstellung gegen den | |
bisherigen Inspektionsleiter der Wolfsburger Polizei, aber wegen | |
Vorteilsnahme. | |
Datenschutz in Deutschland: Verbraucherschützer gegen WhatsApp | |
Verbraucher verlieren zunehmend die Hoheit über ihre Daten. Die deutschen | |
Verbraucherzentralen gehen jetzt gegen WhatsApp vor. | |
Doch kein Terror in Braunschweig: Das große Schweigen | |
Blamage für Niedersachsens Sicherheitsbehörden: Anschlagspläne auf den | |
Braunschweiger Karneval hat es vielleicht nie gegeben – abgesagt wurde er | |
trotzdem. |