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# taz.de -- Gesundheitspolitik im Norden: Pflegekammer rückt näher
> Rückhalt hat die werdende Pflegekammer in Schleswig-Holstein zwar immer
> noch nicht gefunden. Dafür gibt es jetzt immerhin schon mal eine
> Anschrift
Bild: Viele Pflegekräfte wollen die Kammer nicht: Schon im Januar 2015 wurde v…
KIEL taz | Die Pflegekammer Schleswig-Holstein hat eine Adresse: Im Zentrum
von Neumünster hat der „Errichtungsausschuss für die Pflegeberufekammer“
auf 200 Quadratmetern seine Geschäftsstelle eröffnet. Die Kammer selbst
muss spätestens im Juni 2018 die Arbeit aufnehmen.
Befürworter halten die Pflegekammer für wichtig, weil sie „erstmals ein
mandatierter Ansprechpartner ist, der die größte Gruppe im Gesundheitswesen
vertritt“, sagte Patricka Drube, Vorsitzende des 13-köpfigen
Errichtungsausschusses. Schleswig-Holsteins Gesundheitsministerin Kristin
Alheit (SPD) freute sich bei der Geschäftsstellen-Eröffnung am Donnerstag
über die neue „Sichtbarkeit des Berufes in der Öffentlichkeit“.
In ihrer Kritik am Kammerwesen sind sich Gruppen einig, die sonst wenig
verbindet, etwa die Gewerkschaft Ver.di und die FDP. „Die Kammer beschreibt
nur Probleme, die längst bekannt sind“, so Frank Hutmacher von Ver.di in
Rheinland-Pfalz, dem ersten Bundesland mit einer Pflegekammer. Anita Klahn,
FPD-Abgeordnete im Kieler Landtag, kritisierte: „Die Pflegekammer kostet
nur. Die Personalsituation und Arbeitsbelastung verbessert sie nicht.“
Tatsächlich ist schwer zu erklären, was die Kammer eigentlich darf und
soll. In Lohnverhandlungen wird sich die berufsständische Vertretung nicht
einmischen: „Wer die Tarifvertretung will, muss weiterhin in der
Gewerkschaft sein“, betonte Alheit. Frank Vilsmeier vom
Errichtungsausschuss verspricht, dass Kammer und Ver.di an einem Strang
ziehen werden.
Andere Kammern im Gesundheitswesen sollen „an Erhaltung eines sittlich und
wissenschaftlich hochstehenden Berufsstandes mitwirken“ – allerdings sind
hier ÄrztInnen oder ApothekerInnen organisiert, die zum großen Teil
selbstständig arbeiten. Die Pflegekräfte sind meist abhängig beschäftigt
und damit kaum in der Lage, ihre Arbeitsplätze zu gestalten. Auch die
Kammer wird dieses Verhältnis nicht ändern können.
Eine Aufgabe der neuen Pflegekammer könnte aber sein, Richtlinien für Aus-
und Fortbildung zu erlassen sowie Debatten anzustoßen. „Wir brauchen neue
Modelle in der Pflege, dafür brauchen wir die Expertise der Pflegenden“, so
Alheit. Das Kammer-Errichtungsgesetz, das der Landtag im Juli 2015
beschlossen hatte, hilft da allerdings wenig: „Das Gesetz ist ein Rohbau.
Welchen Charakter die Kammer hat und wie sie eingerichtet wird, bestimmen
wir Mitglieder selbst“, sagte Drube.
Für die Kritiker bringen die Kammern vor allem mehr Bürokratie und Kosten
für die Pflegekräfte mit sich. Die Höhe der Beiträge für die
Zwangsmitgliedschaft steht in Schleswig-Holstein noch nicht fest. In
Niedersachsen sei von einem Monatsbeitrag von knapp zehn Euro bei einem
Verdienst von 2.500 Euro brutto die Rede, so Vilsmeier. Die Beiträge sollen
auf jeden Fall gestaffelt sein, um Teilzeit-Arbeit und Mindestlöhne
abzubilden.
Um die Arbeit beginnen zu können, hat der Errichtungsausschuss ein Darlehen
aufgenommen, das aus den künftigen Beiträgen zurückgezahlt werden muss.
Laut Informationen, die der taz vorliegen, sind für die Tätigkeiten des
Ausschusses bis 2018 rund 730.000 Euro eingeplant. Neben den hauptamtlich
Beschäftigten erhalten die ehrenamtlichen Ausschussmitglieder monatliche
Entschädigungen. Patricia Drube verspricht: „Wir gehen sorgsam mit unserem
Haushalt um, schließlich wissen wir, dass unsere Berufsgruppe nicht üppig
verdient.“
Wie viele Menschen sich am Ende unter dem Dach der neuen Kammer
wiederfinden werden, ist offen. Bekannt ist nur die Größenordnung: 25.000
Menschen, überwiegend Frauen, sind in Schleswig-Holstein in der Alten-,
Kranken- und Kinderpflege tätig. Sie betreuten knapp 88.000 dauerhaft
Pflegebedürftige sowie Tausende PatientInnen in Krankenhäusern.
12 Aug 2016
## AUTOREN
Esther Geißlinger
## TAGS
Pflegekräftemangel
Alten- und Pflegeheime
Pflege
Pflegekräftemangel
Heimaufsicht
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