# taz.de -- Dokumentarfilm über Kleingärten: Zwischen den Zäunen | |
> In ihrem Film „Grenzgärtner“ erzählen Julia Mittwoch und Maite Bueno | |
> Clemente über Konflikte im Berliner Kleingarten an der ehemaligen Grenze. | |
Bild: Blick über den Zaun in die andere Welt – aus dem Film „Grenzgärtner… | |
Gleich in der ersten Szene auf der Leinwand sehen wir Plastikstühle, | |
Sonnenschirme und eine Menge Gartenzwerge. Doch eine Eloge an ein | |
Kleingartenidyll in Berlin ist der Dokumentarfilm „Grenzgärtner“ nicht | |
geworden. Die Filmemacherinnen Julia Mittwoch und Maite Bueno Clemente | |
erzählen über die Treptower Gartenanlage Kreuztal und ihr Neuköllner | |
Gegenstück Helmutstal und über die Mauer, die die beiden Gartenhälften 28 | |
Jahre trennte. Am Ende wurde es ein Film über die Mauern in den Köpfen der | |
KleingärnterInnen, die bis heute nicht gefallen sind. | |
Julia Mittwoch ist in Treptow aufgewachsen und kennt das Gebiet seit | |
frühester Kindheit. Bei ihren Spaziergängen entdeckte sie auf der | |
Gartenanlage zwei denkbar unterschiedliche Welten, getrennt durch einen | |
frisch errichteten Stacheldraht. Damals hatten sich in den Lauben, die | |
wegen des Baus der A 100 abgerissen werden sollten, Romafamilien, | |
KünstlerInnen und Obdachlose einquartiert. | |
„Ich stand zwischen diesen kaputten Lauben inmitten des hohen Unkrauts und | |
sah herüber auf die „andere Seite“ der noch bestehenden | |
Kleingartensiedlung. Dort weht die Deutschlandfahne und der Rasen war auf | |
drei Zentimeter getrimmt“, beschreibt die Regisseurin das Bild, das sie zu | |
dem Film motivierte. | |
Das Duo verbrachte viel Zeit in den Gartensiedlungen und vor allem in den | |
Vereinskneipen, um an die Leute heranzukommen. Acht Personen haben sie in | |
ihrem Alltag im Garten begleitet, fünf wurden zu HauptprotagonistInnen. | |
Dazu gehört auch Wolfgang Noak, 80 Jahre alt, der sich stolz unter | |
Schildern präsentiert, auf denen die Regeln verkündet werden, an die sich | |
in der Gartenanlage alle zu halten haben. | |
Als die Mauer mitten durch die Gartenanlage lief, scheute er auch die | |
Kontakte zur DDR-Staatssicherheit nicht. Schließlich waren die ja auch für | |
klare Regeln. Den Vorwurf, er habe es an Distanz zur Stasi fehlen lassen, | |
kontert Noak im Film mit dem Bekenntnis, dass er doch als Nazi gelte. Als | |
Beleidigung empfand er das genauso wenig wie seine MitgärtnerInnen. | |
Echauffiert haben sie sich alle über die Fremden, die sich in den Hütten | |
auf der Nachbaranlage ihr Domizil errichtet hatten. Gesprochen mit den | |
neuen NachbarInnen hatte keine der GrenzgärtnerInnen. „Die sollen in ihrer | |
Höhle bleiben und wir bleiben in unserer“, brachte eine Frau ihr | |
Desinteresse an einen Kontakt auf den Punkt. | |
## Rassistische Anfeindungen | |
Eine andere Gartenfreundin erklärte, sie sei nach der Maueröffnung noch nie | |
im anderen Teil von Berlin gewesen: „Was soll ich dort?“ Im Film kommt auch | |
Hassan K. zu Wort, der wegen seiner türkischen Herkunft von mehreren | |
Siedlungen abgewiesen wurde, und als er endlich einen Garten gefunden | |
hatte, mit rassistischen Anfeindungen konfrontiert war. | |
Dass der Film kein Randthema behandelt, zeigte sich Ende Juni 2016, als | |
bekannt wurde, dass der Gartenverein „Frieden“ in Tempelhof eine | |
MigrantInnenquote von 20 Prozent eingeführt hat. Wenn die erfüllt ist, | |
werden nichtdeutsche BewerberInnen abgewiesen, auch wenn Parzellen frei | |
sind. Doch der Film könnte auch dazu motivieren, den Kampf um die Hegemonie | |
im Kleingarten nicht den Grenzwächtern zu überlassen. | |
In einer Pankower Kleingartensiedlung kandidierten junge Leute für den | |
Vorstand und versuchten gegen den Widerstand der Alteingesessenen die | |
Vereinsstrukturen aufzubrechen. Sollte das Beispiel Schule machen, könnte | |
die deutsche Gartenkultur, wie sie einige ProtagonistInnen im Film | |
vertreten, bald der Vergangenheit angehören. | |
12 Aug 2016 | |
## AUTOREN | |
Peter Nowak | |
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