# taz.de -- Bürgerkrieg in Syrien: Kritik an Aleppo-Evakuierungsplänen | |
> UNO und Rotes Kreuz bemängeln die Evakuierung Aleppos durch die Regierung | |
> und Russland. Die Opposition spricht von Zwangsumsiedlung. | |
Bild: Regierungssoldaten patrouillieren in zurückeroberten Gebieten im Norden … | |
GENF taz | Die von den Regierungen Russlands und Syriens initiierte | |
Evakuierung von bis zu 300.000 Zivilisten aus den von Rebellengruppen | |
kontrollierten Stadtteilen Aleppos ist bei der UNO sowie beim | |
Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) auf Kritik und bei der | |
syrischen Opposition auf scharfe Ablehnung gestoßen. Die Informationen, wie | |
viele Menschen bislang der am Donnerstag in Moskau und Damaskus verkündeten | |
Aufforderung folgten, Aleppo durch „humanitäre Korridore unter dem Schutz | |
syrischer und russischer Soldaten“ zu verlassen, sind widersprüchlich. | |
Der Syriengesandte der UNO, Staffan de Mistura, rief Russland auf, der UNO | |
und Hilfsorganisationen die Aufsicht über die Korridore zu überlassen. „Das | |
ist unsere Aufgabe“, betonte de Mistura in Genf. Zwar unterstütze er „im | |
Prinzip“ die von Russland vorgeschlagene Einrichtung humanitärer Korridore | |
als Ausweg für Zivilisten und Kämpfer, erklärte der UNO-Vermittler. Das | |
müsse „aber unter den richtigen Bedingungen geschehen“. | |
Angesichts der anhaltenden Bodenkämpfe in Aleppo sowie der syrischen und | |
russischen Luftangriffe auch nach dem Evakuierungsaufuf vom Donnerstag | |
fragte de Mistura: „Wie soll man von Leuten – Tausenden von ihnen – | |
erwarten, durch einen Korridor zu gehen, wenn geschossen, gebombt, gekämpft | |
wird?“ Es sei wichtig, dass jeder, der Aleppo verlasse, sich frei bewegen | |
könne und nicht nur in Regierungsgebieten. Auch das IKRK in Genf betonte, | |
eine Einigung auf humanitäre Korridore müsse „von allen Parteien | |
mitgetragen werden“. Das sei „bisher in Aleppo aber offensichtlich nicht | |
der Fall“, kritisierte der für den Nahen Osten zuständige IKRK-Direktor | |
Robert Mardini. | |
Der stellvertretende russische Verteidigungsminister Anatoli Antonow | |
reagierte auf die Kritik von UNO und IKRK mit der Erklärung, seine | |
Regierung sei „bereit zu einer engen und konstruktiven Kooperation mit | |
internationalen Organisationen und natürlich auch mit dem UNO-Gesandten de | |
Mistura“. | |
## Opposition spricht von Kriegsverbrechen | |
Bei der Opposition stieß der Evakuierungsplan auf scharfe Kritik. „Die | |
vorgeschlagenen Korridore sind ein Euphemismus für Russlands Bestrebungen, | |
die Demografie Aleppos zu verändern. Beabsichtigt wird die Zwangsumsiedlung | |
der Bevölkerung nach einer schrecklichen Belagerung und Bombardierung“, | |
erklärte der Chef des Oppositionsbündnisses „Hoher Verhandlungsrat“, Riyad | |
Hidschab, ein einem Brief an UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon. Die | |
„zwangsweise Umsiedlung der Bevölkerung Aleppos“ sei „ein Kriegsverbrech… | |
des syrischen Regimes und Russlands“, schrieb Hidschab. | |
Das russische Militär teilte mit, seit Öffnung der Korridore hätten 169 | |
Zivilisten Aleppo verlassen. 69 Rebellen hätten die Waffen niedergelegt und | |
sich ergeben. An den zunächst drei Fluchtkorridoren habe die syrische | |
Regierung Lager aufgebaut, um bis zu 3.000 Menschen zu versorgen. Ähnliche | |
Meldungen verbreitete die staatliche syrische Nachrichtenagentur Sana. | |
Ein Sprecher der Opposition in Aleppo wies diese Berichte als falsch | |
zurück. Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit Sitz in | |
London konnte bislang auch nicht bestätigen, dass Anwohner aus Aleppo | |
geflohen seien. Lediglich am Freitag hätten zwölf Personen die Viertel | |
verlassen, bevor Rebellengruppen Straßensperren errichtet hätten. Bewohner | |
der abgeschnittenen Viertel bestätigten gegenüber dpa, dass Rebellen am | |
Samstag flüchtende Menschen zurückgewiesen hätten. Als Begründung hätten | |
sie angegeben, die Korridore seien nicht sicher. | |
31 Jul 2016 | |
## AUTOREN | |
Andreas Zumach | |
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