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# taz.de -- Hunderte Anleger geprellt: Potemkinsche Wasserkraft
> In gutem Glauben investierten Anleger in türkische Wasserkraftwerke.
> Dabei wurden sie wohl von einem Erlanger Unternehmer betrogen.
Bild: Die mittelalterliche Stadt Hasankeyf am Tigris, 30 Kilometer entfernt vom…
Wilhermsdorf taz | Es klang nach einem grünen Projekt, nach Gewinn mit
Ökostrom und gutem Gewissen. „Wasserkraft in der Türkei: Stabile und
rentable Geldanlage“, so warben zwei Firmen bis vor Kurzem im Internet. Die
Centauri Holding GmbH und die Centauri Trust GmbH sammelten Geld für Fonds
mit den Namen „Green Energy Turkey“, „Hydropower VI“ oder „Hydropower…
ein. Die Muttergesellschaft klang vielversprechend, „Deutsche Biofonds AG“,
sie warb sogar noch im April dieses Jahres auf [1][Berlin.de], der
offiziellen Webseite der Hauptstadt.
Das Geld der Anleger ist wahrscheinlich weg. 600 bis 700 Geschädigte sind
es, sagen Verbraucherschützer. Sie glaubten, Wasserkraftwerke am türkischen
Fluss Batman zu finanzieren. Wie hoch die Summe genau ist, ist nicht ganz
klar. Allein für Hydropower VI ist von 72 Millionen Euro die Rede, bei
Green Energy Turkey von etwa 28 Millionen.
Möglicherweise handelte es sich um schlichte Betrugsfälle: „Es existierten
tatsächlich weder die im Prospekt abgedruckten über 200 Referenzprojekte,
noch hat es die der Anlage zugrunde liegenden Wasserkraftwerke in der Form,
wie im Prospekt behauptet, gegeben“, schreibt Geschädigten-Anwalt Wolfgang
Wittmann.
Die Centauri Holding und die Centauri Trust haben schon im März 2015
Insolvenzanträge gestellt, für die Green Energy Turkey hat das Amtsgericht
Hamburg im Dezember 2015 eine sogenannte Löschungsankündigung
ausgesprochen, der letzte Schritt vor der endgültigen Auflösung einer
Gesellschaft. Das war wenige Wochen, bevor die Anleger ihr Geld
zurückbekommen sollten.
Die abenteuerlichen Fondsprospekte waren von Gutachtern der
S-Audit-Wirtschaftsprüfer aus Erlangen abgesegnet worden, gegen die nun
Zivilklagen laufen. Wie die Prüfer zu ihren positiven Prospektbewertungen
kamen, dazu machen sie auf Anfrage keine Angaben. Werbung für die Fonds
kursiert teilweise bis heute im Netz.
## Dubioses Firmennetzwerk
Die Schadenszahlen stammen laut Rechtsanwalt Wittmann von Yaver D., dem
Gründer und Geschäftsführer der Deutschen Biofonds AG. Der
Insolvenzverwalter nennt etwas niedrigere Beträge. Dass sich das Ausmaß so
schwer beziffern lässt – und viele Anleger womöglich noch gar nicht
mitbekommen haben, dass ihre Investitionen futsch sind –, hat auch damit zu
tun, dass die Biofonds AG nur das Dach eines Netzwerks an Firmen bildet.
Yaver D. hat Firmennamen und Adressen fast so oft gewechselt wie seine
Hemden: Erlangen, dreimal Nürnberg, Stuttgart, Hamburg, Zürich: Überall
waren oder sind Trusts, Holdings, GmbH & Co. KGs eingetragen. Meist steht
dort nicht mehr der Firmengründer im Register, offiziell haben dort andere
Geschäftsführer das Sagen.
Bei welcher der deutschen Adressen man heute auch anruft, man bekommt
entweder zu hören: „Kein Anschluss unter dieser Nummer.“ Oder ein
Briefkastensekretariat vermeldet: „Gerade ist niemand Verantwortliches
erreichbar. Rufen Sie bitte nächste Woche wieder an.“
Yaver D. selbst ist zurzeit kaum geschäftsfähig. Er sitzt in Nürnberg in
Untersuchungshaft, allerdings nicht wegen möglichen Anlagebetrugs. Die
Staatsanwaltschaft wirft ihm „besonders schweren Fall des Diebstahls“ vor.
Er soll Material aus einem Keller gestohlen haben und dabei gefilmt worden
sein. Computer, Büroausstattung, Software: Alles Anschaffungen, die die
Centauri-Vorgängergesellschaften wie Yaver GmbH und Co. KG in den Jahren
2013 und 2014 getätigt hatten. In der Anklageschrift ist der Neuwert der
Gegenstände mit 217.162,19 Euro angegeben.
## Keine Miete gezahlt
Auch die Adresse der Green Energy Turkey am Harvesterhuder Weg in Hamburg
steht immer noch im Handelsregister. Doch der Vermieter der Stuckvilla ist
froh, dass Yaver D.s Firmen ausgezogen sind. Schon im Frühjahr 2015 hatte
er dem offiziellen Mieter, der Deutschen Biofonds, fristlos gekündigt –
zunächst ohne Erfolg. Grund für die Kündigung? „Die Miete war nicht mehr
bezahlt worden.“
Und so soll es auch am Standort Nürnberg, Fürther Straße 13, gewesen sein:
„Mietnomaden“ nennt eine Mitarbeiterin der dortigen Vermieterfirma die
Firmengruppe um Yaver D.
Die hat scheinbar an vielen Stellen offene Rechnungen hinterlassen, auch
beim Vermarkter des Fußball-Zweitliga-Clubs 1. FC Nürnberg. Dort gibt es
unbezahlte Forderungen im sechsstelligen Bereich: Eine von D.s Firmen hatte
in der Saison 2014/15 unter anderem eine VIP-Lounge im Nürnberger Stadion
gebucht. Das bestätigt der Vermarkter De Lagardere Sports auf Anfrage am
Telefon.
Doch die Forderung des Fußballvereins ist nur das Tüpfelchen auf dem i. Wo
die Millionen der Anleger sind, kann zurzeit niemand sagen.
25 Jul 2016
## LINKS
[1] https://www.berlin.de/
## AUTOREN
Heinz Wraneschitz​
## TAGS
Schwerpunkt Türkei
Wasserkraft
Erneuerbare Energien
Türkei
Erneuerbare Energien
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