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# taz.de -- Bald unter festen Dächern: Zeltsaison vor dem Ende
> Bremen baut schrittweise Notquartiere in Zelten für Flüchtlinge ab und
> plant, stattdessen mehr als 1.000 neue Dauerwohnungen zu schaffen
Bild: Auch die Zelte in der Überseestadt sollen bald abgebaut werden
Ab 1. August soll es in Bremen keine Zelte mehr geben: Die Stadt löst
schrittweise ihre Notunterkünfte für Geflüchtete auf. Das geht aus der
Antwort des Senats auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion zur Lage der
Flüchtlingsunterbringung hervor.
Grund für den Kurswechsel sind die rückläufigen Zahlen: Der Senat rechnet
mit 6.000 Neuankünften. Das wären 6.600 weniger als im vergangenen Jahr.
2015 nahm Bremen insgesamt 10.000 erwachsene Asylsuchende und 2.600
unbegleitete minderjährige Flüchtlinge auf.
Die Bremer Prognose leitet sich laut Sozialressortsprecher Bernd Schneider
von der des Bundes ab. Diese sieht in diesem Jahr die Ankunft von 800.000
Geflüchteten in Deutschland vor. „Das ist keine verlässliche Zahl“, sagt
Schneider. Die tatsächliche Zahl hänge von politischen Entscheidungen wie
dem Flüchtlings-Abkommen mit der Türkei ab.
Bis jetzt scheinen die Prognosen jedoch nicht unrealistisch zu sein. Nach
Bremen seien im vergangenen Halbjahr 2.500 erwachsene Flüchtlinge gekommen,
sagt Schneider. Die Zahl der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge sei
so klein, dass sie statistisch nicht relevant ist.
Auch bundesweit zeigt sich ein deutlicher Rückgang der Neuankünfte von
Flüchtlingen: 222.264 Zugänge von Asylsuchenden registrierte das
Bundesinnenministerium im selben Zeitraum. Dass das so bleibt, bezweifelt
Schneider: „In der zweiten Jahreshälfte fliehen mehr Menschen über das
Mittelmeer, weil sich die See beruhigt“. Im vergangenen Herbst seien die
Zahlen der Neuankünfte deshalb stark angestiegen. Allerdings haben 2016
bereits 110.000 Menschen den Seeweg nach Europa gewählt, so viele wie noch
nie. Entsprechend erwartet Migrationsforscher Hannes Schammann nicht, dass
sich der saisonale Anstieg im gleichen Maße wiederholt: „Im letzten Jahr
hatten wir eine Sondersituation. Die Balkanroute war offen.“
Der Fluchtdruck im Nahen Osten bleibe zwar der gleiche, aber wie viele
Flüchtlinge tatsächlich in Deutschland ankommen, hänge von den möglichen
Fluchtrouten ab: „Durch die aktuelle Abschottungspolitik werden die Routen
für viele Flüchtlinge zu gefährlich, um sich auf den Weg zu machen“, sagt
Schammann.
Derzeit sind laut Senat alle 2.710 Plätze für Geflüchtete in den Bremer
Übergangswohnheimen ausgelastet. Die knapp 3.000 Plätze in den
Notunterkünften waren Ende Mai dagegen gerade mal zu knapp 60 Prozent
besetzt. Notunterkünfte werden nun abgebaut oder in Übergangswohnheime
umgewandelt. „Länder und Kommunen stehen unter dem Druck der
Rechnungshöfe“, erklärt Schammann. Dazu müssten die Turnhallen wieder frei
gemacht werden. Wie die taz Anfang Juli berichtete, wurden bereits 20 von
22 Turnhallen in Bremen wieder freigegeben.
Die Linksfraktion begrüßt diese Entwicklung: „Die Notunterkünfte sind das
Ende der Fahnenstange“, sagt Fraktions-Sprecherin Doris Achelwilm. Die
Qualität der Unterbringung müsse verbessert werden, und dafür eigneten sich
die Übergangswohnheime besser, sagt Achelwilm. Diese verfügen über eigene
Kochmöglichkeiten.
In diesem Jahr werden in Bremen insgesamt 1.500 neue Plätze in
Übergangswohnheimen fertiggestellt. Ein Teil der Plätze wird in einer
Containersiedlung in Osterholz sein, die vergangene Woche eröffnet wurde.
Die übrigen verteilen sich auf die alte Vulkan-Werft und ein Bürogebäude am
Wall. Weitere 3.299 Plätze sind für die nächsten Jahre geplant.
Der einfache Rückbau oder das „Horten“ von Unterkünften für Geflüchtete
sind jedoch Schammann zufolge nicht erstrebenswert: „Es gilt jetzt,
Schwankungen mitzudenken“, sagt der Migrationsforscher. Dafür bräuchten
Länder und Kommunen flexible Konzepte für die Unterkünfte.
Als Beispiel nennt er mehr sozialen Wohnungsbau, der mit
Flüchtlingsunterkünften verknüpft wird. Außerdem könnte eine Stadt günsti…
Verträge zur Zwischennutzung von leeren Flüchtlingsunterkünften anbieten.
„Allgemein müssen Städte mehr bezahlbaren Wohnraum schaffen“, sagt
Schammann.
Das hat Bremen zumindest vor: Freie Übergangswohnungen kommen in Zukunft
auf den normalen Wohnungsmarkt. Dass dieser Wohnraum günstig sein wird,
bezweifelt Achelwilm jedoch: Schon jetzt vergebe der Senat viele Aufträge
an private Wohnungs-Unternehmen. Die Quote für den Anteil der bezahlbaren
Wohnungen sei außerdem befristet. „Das bedeutet keine wirkliche Entspannung
in der Mietpreisentwicklung“, sagt Achelwilm..
20 Jul 2016
## AUTOREN
Eva Przybyla
## TAGS
Unterbringung von Geflüchteten
Notunterkunft
Minderjährige Geflüchtete
Maghreb
Schwerpunkt Flucht
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