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# taz.de -- Landesparteitag der CDU: Volle Deckung garantiert
> Beim Landesparteitag der CDU zum Wahlprogramm unterstützt die
> Bundespartei Frank Henkels harte Linie beim Thema Rigaer Straße.
Bild: CDU-Spitzenmann Frank Henkel (scharf), neben ihm Hessens Ministerpräside…
Volker Bouffier hat Jura studiert, von Beruf ist er Ministerpräsident des
Bundeslandes Hessen. Beim Parteitag seiner Berliner CDU-Freunde aber tritt
er als Psychologe auf. „Das habe doch jeder eben hier gespürt, was in dem
Frank Henkel los ist“, sagt er, als er nach dem Berliner CDU-Chef und
Spitzenkandidaten ans Rednerpult tritt. In solchen Situationen braucht man
Freunde, „und darum bin ich hier“, sagt Bouffier.
Solche Situationen, das ist die Lage in der Rigaer Straße und weniger das
verfilmte Wahlprogramm der CDU, dessentwegen sich über 250
Parteifunktionäre an diesem frühen Freitagabend im Delphi-Kino am Zoo
treffen. Es ist die Lage, derentwegen über 40 Polizisten an der Ecke
Kant-/Fasanenstraße stehen und den Zugang zum Kino kontrollieren, auch wenn
Gegendemonstranten bis auf einen „Rücktritt“-Forderer ausbleiben. Man sei
zum Schutz der Veranstaltung hier, sagt der Einsatzleiter der taz, eine
konkrete Drohung mag er nicht bestätigen.
Unterstützung brauche man in solchen Situationen, meint Bouffier, und die
bekommt Henkel reichlich von dem Gast aus Hessen. Der kritisiert – ohne ihn
beim Namen zu nennen –, seinen Ministerpräsidenten-Kollegen Michael Müller
(SPD), der für ihn in Sachen Rigaer auf Schlingerkurs ist: „Wer eine
Weltstadt führen will, muss klar sagen, wo Freiheit endet und wo Anarchie
beginnt.“ Vorher sah schon Berlins CDU-Generalsekretär Kai Wegner Müller
vom Regierenden Bürgermeister „zum lavierenden Wankelmeister mutiert“.
Das ist eben der Bouffier, könnte man denken, der in Hessen zwar seit
zweieinhalb Jahren mit den Grünen koaliert, früher aber ebenfalls
Innenminister und als „Schwarzer Sheriff“ verschrien war.
Doch Unterstützung bekommt Henkel auch von der Bundes-CDU. Mitte der Woche
noch wirkte es so, als dränge ihn seine Parteivorsitzende Angela Merkel zu
Verhandlungen. Nun aber erzählt Merkels Generalsekretär Peter Tauber im
Delphi-Kino von seiner gleichfalls hessischen Heimat. Dort würden die Leute
ihn fragen, was da in Berlin los sei und sagen: Wer Polizisten angreift,
sei ein Gauner und mit Gaunern verhandele man nicht. „Bleib' auf diesem
Kurs“, sagt Tauber zu Henkel, „dann hast du die CDU geschlossen hinter
dir.“
Henkel selbst hat tags zuvor vor Journalisten „unfassbare Mafia-Methoden“
für den Fall gesehen, dass tatsächlich diese Woche ein Anwalt des
Rigaer94-Eigentümers von Linksextremen bedroht und eingeschüchtert wurde –
vor dessen Haus war ein Auto angezündet worden. Im Kino legt er vor den
Delegierten nach: Sollte sich das bestätigen, „dann sind das Methoden von
SA und SS.“
In den Hintergrund gerät zeitweise der eigentliche Anlass des Treffens.
„Starkes Berlin. Die nächsten fünf Jahre“ steht über dem Eingang und auf
dem Ankündigungsplakat im Foyer, gleich neben zwei Aushängen für den
preisgekrönten Streifen „Toni Erdmann“.
Der CDU-Film, mit 35 Minuten weit weniger lang, reißt die Delegierten im
Saal nach all diesen Reden weder aus den Sitzen noch löst er „Buh“-Rufe
aus. Zwischenzeitlich geht ein Lachen durch den Saal, es gibt wie bei
Henkels Rede Beifall, aber keinen stakkatohaften.
Die Delegierten könnten nun Fragen stellen, sich auch kritisch zu Henkel
äußern, an dessen Anfang April beschlossener Spitzenkandidatur es in Teilen
der Partei wachsende Zweifel gab. Aber das machen sie nicht – wie so oft
bei Berliner CDU-Parteitagen, obwohl die meist mit der Formel eingeleitet
werden, man freue sich auf spannende Beratungen.
Dabei gäbe es einiges nachzufragen. Warum etwa Henkel namens der CDU eine
modernere, bessere Verwaltung fordert. „Warum kann ich meinen Ausweis nicht
online beantragen?“, fragt eine Frau im Film, und das wirkt in einem
Werbestreifen komisch, denn Innensenator und damit am ehesten für
Verwaltung und IT zuständig, ist ja seit 2011 Henkel. Der hat am Tag vor
dem Parteitag vor Journalisten die Schuld für IT-Probleme und fehlende
Zusammenarbeit anderen zugeschoben, darunter erneut den Bezirken.
Die Berliner CDU beschließt also einstimmig diesen Film, der nicht bloß
Wahl-, sondern „Regierungsprogramm“ sein soll und auch im Internet zu sehen
ist. Ob es nun in Henkel anders aussieht als von Bouffier vorher
diagnostiziert? Weil der nicht erneut als Psychologe aktiv wird, bleiben
die bloßen Fakten: Henkel hat nach diesem Votum und vor allem der Rede von
Generalsekretär Tauber volle Rückendeckung seiner Partei, auf Landes- wie
auf Bundesebene. Die jüngste Umfrage sieht die CDU zudem nur noch einen
Prozentpunkt hinter der SPD. Es dürfte Henkel nach diesem Parteitag also
eher besser als schlechter gehen.
17 Jul 2016
## AUTOREN
Stefan Alberti
## TAGS
CDU Berlin
Frank Henkel
Rigaer94
Rigaer Straße
Schwerpunkt Landtagswahlen
Rigaer Straße
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