# taz.de -- RBB-Intendantin über Identität: „Ich bin eine Machbarkeitsfetis… | |
> Seit 1. Juli ist Patricia Schlesinger neue Intendantin des Rundfunk | |
> Berlin Brandenburg (rbb). Ein Gespräch über Qualität, wenig Zuschauer und | |
> den Oscar. | |
Bild: Eine NDR-Frau für den rbb: Patricia Schlesinger bei ihrer Wahl zur neuen… | |
Taz: Frau Schlesinger, über ihre Zeit als Südost-Asien-Korrespondentin der | |
ARD [1][haben sie mal gesagt]: Sie mögen „unfertige Gesellschaften“. | |
Wollten sie deswegen zum rbb? | |
Patricia Schlesinger: Interessanter Gedanke, aber ich halte den rbb nicht | |
für unfertig. Er hat eine lange Zeit der Fusion hinter sich, die war nicht | |
einfach, aber meine Vorgängerin [2][Dagmar Reim] hat das sehr gut | |
geschafft. Der Sender ist jetzt ein festes, fertiges Gebäude. Meine Aufgabe | |
ist es zu überlegen, welche Türen ich in dem Gebäude neu aufstoßen will, | |
welche Wände vielleicht einreißen. | |
Und, welche? | |
Der Hörfunk läuft sehr gut, aber im Fernsehprogramm ist einiges zu tun. | |
Zusammen mit den Redaktionen werde ich schauen, wie wir Qualität und Quote | |
besser zusammenbringen. Die Findungskommission hat explizit nach einem | |
Menschen für das Programm gesucht, das bin ich. Deswegen werde ich mich dem | |
auch mit großer Verve widmen. Aber natürlich bin ich mit der Quote nicht | |
zufrieden. | |
Woran liegt es denn, dass die Fernsehquote des rbb die schlechteste aller | |
dritten Programme ist? | |
Wenn das so einfach zu beantworten wäre, hätten die jetzigen Programmmacher | |
sicher eine Lösung gefunden. | |
Aber es gibt ja verschiedene Thesen: Der rbb stiftet nicht genug Identität | |
für Berliner und Brandenburg, es fehlt an Angeboten für junge Leute, es | |
fehlt an hochwertigem Journalismus. Was meinen Sie dazu? | |
Das unterschreibe ich nicht. Der rbb hat gute journalistische Angebote, | |
sicherlich kann ich mir dort noch mehr vorstellen. Ich denke, es fehlt auch | |
an Unterhaltung – das hat aber mit dem Geld zu tun, Unterhaltung ist teuer. | |
Das heißt, sie bringen Shows in den rbb? | |
Nein! Ich meine ganz generell gehobene, kluge Unterhaltung. Ich komme aus | |
einem Sender, der gute Erfahrung mit regionaler Unterhaltung gemacht hat, | |
seien es Quiz- oder Musiksendungen, aber auch fiktionale Stoffe. Der | |
Bayerische Rundfunk zum Beispiel ist sehr erfolgreich mit seiner | |
Regionalserie „Dahoam is dahoam“. | |
… wo wir wieder bei der Identitätsstiftung wären. | |
Genau. Aber mit der ist es im rbb [3][auch nicht ganz einfach]. Die | |
regionalen Disparitäten sind hier im Sendegebiet stärker ausgeprägt als | |
beispielsweise beim NDR: Die Unterschiede zwischen dem Prenzlauer Berg und | |
Perleberg sind größer als zwischen Schwerin und Hamburg. Das betrifft in | |
erster Linie das Lebensgefühl, das ist unterschiedlich, daraus folgen auch | |
unterschiedliche Hör- und Sehgewohnheiten. | |
Sie haben beim NDR den Bereich Kultur und Doku verantwortet. Was kann der | |
rbb dort vom NDR lernen? | |
Er muss nichts lernen, jeder Sender hat eigene Spezifika und Strukturen. | |
Wenn Sie mich fragen, was ich vom NDR mitbringe, was dem rbb nutzt, dann | |
sage ich: viel Erfahrung im Management und in der Personalführung, Spaß an | |
der Teamarbeit und an der Umsetzung von guten Ideen. Dokumentationen sind | |
teuer und das Geld nicht immer üppig, aber ich bin eine | |
Machbarkeitsfetischistin. | |
Das heißt, es gibt bald einen Oscar für den rbb? | |
Naja, ich sage mal so: Den letzte Oscar für eine Dokumentation mit | |
deutscher Beteiligung gab es 1961, danach erst wieder 2015 für unsere | |
Koproduktion „[4][Citizenfour]“. So lange wollen wir jetzt nicht noch | |
einmal warten. Aber der Oscar ist ja auch gar nicht unser Ziel, den gibt es | |
wohl nur einmal im Leben. Ich freue mich darauf, im Auto das Radio | |
anzuschalten und rbb zu hören, abends nach der „Abendschau“ noch was Gutes | |
im rbb-Fernsehen zu sehen. Das ist mein Ansporn. | |
Mit der Umstellung auf die Haushaltsabgabe wurden im Sendegebiet des rbb | |
415 Millionen Euro mehr eingenommen. Wenn das Geld, oder ein Teil davon, an | |
den Sender geht – worein investieren sie? | |
Möglichst viel ins Programm. | |
Wie wollen sie dafür kämpfen, dass das Geld im Sender bleibt? | |
Das ist Geld, was im Sendegebiet des rbb generiert wurde, also sollte es | |
auch dort bleiben. Wir haben jahrelang hart gespart, haben einen Kredit | |
aufgenommen, aber nie bei den anderen Anstalten gebettelt. Ab 2018 wird der | |
Kredit abgezahlt, dann sind wir glatt. Wir schwimmen nicht im Geld. | |
Andere Sender, wie der WDR zum Beispiel, müssen aber derzeit [5][extrem | |
sparen]. Da geben sie nichts ab? | |
Die großen Sender kommen jetzt von ihrem hohen finanziellen Olymp | |
herabgestiegen, wir gucken gerade einmal knapp über die Wasseroberfläche. | |
Wir haben nicht viel abzugeben. | |
Sie haben auch „Panorama“ moderiert, was mit investigativer Recherche | |
glänzt, auch weil es über den Rechercheverbund mit der Süddeutschen und dem | |
WDR zusammenarbeitet. Können Sie sich einen dauerhaften Recherchepartner | |
für den rbb vorstellen? | |
Der rbb hat die Sendung „Kontraste“, die ist investigativ gut, aber | |
natürlich denke ich, dass da mehr geht. Der Rechercheverbund von NDR, WDR | |
und Süddeutscher Zeitung sucht, soweit ich weiß, derzeit keine neuen | |
Partner. Aber ich kann mir gut andere vorstellen: einen | |
ARD-Rechercheverbund oder mit anderen Verlagshäusern, projektbezogen mit | |
unterschiedlichen Partnern. Davon halte ich sehr viel. | |
2 Jul 2016 | |
## LINKS | |
[1] http://www.abendblatt.de/hamburg/magazin/article118878473/Patricia-Schlesin… | |
[2] /!t5293506/ | |
[3] /!5289832/ | |
[4] /Dokufilm-ueber-Edward-Snowden/!5029472/ | |
[5] /!5039665/ | |
## AUTOREN | |
Anne Fromm | |
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