# taz.de -- Verhandlungspoker um Hamburger Flüchtlingsunterkünfte: Warten auf… | |
> Am Montag müssen Rot-Grün und die Ini für kleinere Flüchtlingsheime einen | |
> Kompromiss finden, sonst droht ein Volksentscheid, der die Stadt spaltet. | |
Bild: Flüchtlinge in Jenfeld: Um den Abstand zwischen den Unterkünften ist ei… | |
HAMBURG taz | „Wir arbeiten mit Hochdruck an einer Lösung“ – mehr als | |
dieser Satz ist am Wochenende nicht zu vernehmen. Die Kontrahenten tagen | |
hinter verschlossenen Türen. Es ist ein Wettlauf mit der Zeit. Bereits am | |
Freitag wollten die Vertreter der rot-grünen Koalition, die Fraktionschefs | |
Andreas Dressel (SPD) und Anjes Tjarks (Grüne) gemeinsam mit | |
Initiativen-Sprecher Klaus Schomaker eine Lösung im Streit um die | |
zukünftige Flüchtlingsunterbringung präsentieren. Der Termin platzte, die | |
Verhandlungen gingen in die Verlängerung und bescherten den Protagonisten | |
ein äußerst arbeitsreiches Wochenende. | |
Denn klar ist: Steigt am heutigen Montag kein weißer Rauch auf, ist der | |
Zeitplan komplett gerissen, ein Volksentscheid über die Größe der | |
entstehenden Folgeunterbringungsunterkünfte und ihren Abstand zueinander | |
fast unausweichlich. Um das zu verhindern, muss die rot-grüne | |
Bürgerschaftsmehrheit den noch nicht existenten Kompromiss auf ihrer | |
letzten Sitzung vor der Sommerpause am kommenden Donnerstag beschließen. | |
Dazu müssen die beiden Fraktionen zuvor am Montagnachmittag auf ihren | |
Vorbereitungssitzungen den Deal billigen. | |
Zeitlichen Spielraum gibt es aufgrund der kommende Woche beginnenden | |
Parlamentarischen Sommerpause nicht: Nur noch bis zum 30 August hat die | |
Bürgerschaft Zeit, mit der Initiative zu einer Vereinbarung zu kommen – | |
dann endet die gesetzliche Frist. Doch die erste Bürgerschaftssitzung nach | |
den Ferien findet erst am 7. September statt. | |
Worüber sich die Kontrahenten uneinig sind, darüber verlieren sie nur | |
Andeutungen. Die Initiative „Hamburg für gute Integration“ pocht darauf, | |
Flüchtlinge dezentral in Unterkünften unterzubringen, die nicht mehr als | |
300 Plätze haben und mindestens einen Kilometer voneinander entfernt | |
liegen. Das jedoch ist, so hat der rot-grüne Senat rechnen lassen, gar | |
nicht möglich, wenn die Zuwanderung so anhält wie im vergangenen Jahr. | |
Deshalb verhandeln die Fraktionschefs und die Initiative längst | |
verschiedene Unterbringungsmodelle für unterschiedliche | |
Zuwanderungsentwicklungen – ein komplexes Zahlenspiel, das die | |
Verhandlungen nicht leichter macht. Und das dadurch noch unüberschaubarer | |
wird, dass „Hamburg für gute Integration“ viele lokale Bürgerinitiativen | |
vertritt, die zahlreiche Sonderinteressen in die Verhandlungen mit | |
einbringen und zur Bedingung für ihre Zustimmung erklären. | |
Doch auch am Scheitern der Verhandlungen können beide Seiten kein Interesse | |
haben – aus unterschiedlichen Gründen. Rot-Grün befürchtet, dass der von | |
der Initiative angestrebte Volksentscheid, die Stadt spalten und | |
fremdenfeindlichen Tönen einen Resonanzboden liefern würde. Zudem haben die | |
Regierenden bislang fast alle Volksentscheide, so den zur Schulreform, zum | |
Rückkauf der Energienetze und zur Olympia-Bewerbung, verloren. Eine erneute | |
Niederlage aber könnte die Stadt vor unlösbare logistische Probleme | |
stellen, da die Forderungen der Initiative nach Höchstgröße und | |
Mindestabstand bei hohen Flüchtlingszahlen planerisch nicht umsetzbar | |
scheinen. | |
Die Initiative hingegen hat das Problem, dass ein Volksentscheid frühestens | |
im Herbst 2017 parallel zur Bundestagswahl stattfinden könnte, wenn ein | |
Großteil der Folgeunterkünfte schon längst gebaut und bezogen wäre. Er käme | |
also schlicht zu spät. | |
10 Jul 2016 | |
## AUTOREN | |
Marco Carini | |
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