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# taz.de -- EMtaz: Kolumne Ost-Schau: Scharfe Trennlinien
> Wenn Fußballfans in der Republik Moldau ein Team unterstützen, ist das
> oft ein politisches Credo. Die Frage lautet auch: Für oder gegen
> Russland?
Bild: Freundschaftsspiel zwischen Schweden und der Republik Moldau am 3. Juni 2…
Tatort: Der Platz vor der Oper am Boulevard Ștefan cel Mare im Zentrum der
moldauischen Hauptstadt Chișinău. Trotz Nieselregens haben sich hier am
Sonntagabend etwa 1.000 Fans eingefunden, um sich das Spiel Deutschland
gegen die Ukraine anzusehen. Die ukrainischen Fans sind merklich in
Überzahl, aber es gibt auch einige versprengte Gestalten, die T-Shirts mit
den Namen von Schweinsteiger, Özil und Boateng tragen.
Auch Mariana Galben (der Nachname ist rumänisch und bedeutet „gelb“) hat
sich unter die Neugierigen gemischt. Nach dem Spiel sagt sie: „Ich dachte,
dass Deutschland die Ukraine mit 5:0 in Grund und Boden spielen würde. Doch
offenbar haben die Deutschen ihren Gegner geschont.“
Die 29-jährige Journalistin ist seit frühester Jugend fußballverrückt – f…
Frauen in Moldau eher eine seltene Vorliebe, was zwangsläufig zum Public
Viewing mit männlicher Dominanz führt.
Doch an der heimischen Front gibt es nur wenig Anlass zur Freunde. Der
Drei-Millionen-Einwohner-Staat zwischen Rumänien und der Ukraine, der seit
1991 unabhängig ist, hat zwar immerhin eine eigene Mannschaft, hat sich
aber noch nie für eine WM oder EM qualifizieren können.
## Schuften im Westen oder in Russland
Auch jenseits des Sports führt das Ländchen ein Schattendasein. Trotz eines
Assozierungsabkommens mit der EU ist die wirtschaftliche Lage desolat.
Deswegen schuftet ein Großteil der erwerbstätigen Bevölkerung sowohl im
westlichen Ausland als auch in Russland.
Genau zwischen diesen beiden Polen verläuft auch eine Trennlinie mitten
durch die Gesellschaft. Eine Hälfte sucht ihr Heil in einer Annäherung an
den Westen, die andere Hälfte in einer Hinwendung zum Reich von Wladimir
Putin. Hinzu kommt ein seit den 90er Jahren eingefrorener Konflikt mit der
abtrünnigen Region Transnistrien, die ebenfalls in Richtung Moskau schielt.
Kurz gesagt: In Moldau ist alles ein wenig unübersichtlich und vertrackt.
Und genau deshalb ist Fußball eben nicht nur ein Spiel, sondern eine Art
politisches Credo. So werden Teams aus Ländern unterstützt, von wo
arbeitende Verwandte Geld schicken.
Wer mit Russland nichts am Hut hat, wird der Sbornaja wünschen, dass sie so
schnell wie möglich ausscheidet. Und er/sie wird natürlich aus Solidarität
für die Ukraine grölen, die sich seit 2014 mit dem Nachbarn in einem
unerklärten Krieg befindet.
## Patriotische Pflicht
Und last but not least wird er/sie die rumänische Nationalmannschaft
unterstützen – ein Land, dem sich ein Teil qua Kultur, Sprache und jetzt
auch eines rumänischen Reisepasses verbunden fühlt.
„Die Rumänen spielen leider nicht so gut, aber immerhin haben sie sich
gegen Frankreich nicht blamiert“, sagt Mariana. Und: „Diese Mannschaft zu
unterstützen ist für mich eine patriotische Pflicht.“
Doch Patriotismus hin oder her: Mariana schreit sich auch für die Deutschen
die Kehle aus dem Hals, die sie für einen Anwärter auf den Turniersieg
hält. „Der Schuss von Schweini“, sagt sie, „war einfach super!“
13 Jun 2016
## AUTOREN
Barbara Oertel
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