| # taz.de -- Medien in Israel: Bewegung in Netanjahus Netzwerk | |
| > Der regierungstreue Lobbyist Rami Sadan wird in Israel | |
| > TV-Nachrichtenchef. Gleich darauf äußert er sich rassistisch. | |
| Bild: Sichert sich mediale Unterstützung: Benjamin Netanjahu | |
| Jerusalem taz | Rami Sadan, Eigentümer einer Werbeagentur und enger | |
| Vertrauter von Regierungschef Benjamin Netanjahu, soll neuer | |
| Nachrichtenchef beim kommerziellen Fernsehsender Channel 10 werden. | |
| Die Ernennung des regierungstreuen Lobbyisten auf einen so zentralen Posten | |
| in Israels Medienlandschaft sorgte nur kurz für Protest. Ohne Absicht | |
| lenkte Sadan selbst die öffentliche Debatte in eine andere Richtung. „So | |
| wie Sie, die Eliten, verabscheue ich die Schas und diesen Dieb Arie Deri“, | |
| erklärte Sadan im Verlauf einer Vorstandssitzung des Senders. Schas ist die | |
| Partei der orthodox-orientalischen Juden in Israel und Deri Chef der | |
| Partei. | |
| Der Fauxpas Sadans ist eine schlechte Nachricht für die innerisraelische | |
| Koexistenz von Juden orientalischer Abstammung und Aschkenasen, den Juden | |
| mit europäischen Wurzeln. Für die kritische Berichterstattung im Land | |
| könnte der Fauxpas ein Lichtblick sein, sollte Sadan sich selbst damit zu | |
| Fall bringen und seinen neuen Posten gleich wieder verlassen müssen. | |
| Ein Programm schwebe ihm vor, mit dem auch „Massuda aus Sderot“ etwas | |
| anfangen könne. Der arabische Frauenname steht stellvertretend für die aus | |
| Marokko eingewanderte Jüdin, die in Sderot, also in der Peripherie, wohnt. | |
| Höhere Einschaltquoten sind Sadans Ziel durch intellektuell weniger | |
| anspruchsvolle Inhalte. | |
| Damit gießt er Öl ins Feuer des latent schwelenden Konflikts zwischen der | |
| „aschkenasischen Elite“ und den „orientalischen Underdogs“. Schas-Chef … | |
| Deri mahnte, den Rassismus bei den Wurzeln zu packen, bevor es zu spät ist. | |
| ## Channel 10 hat latente Geldsorgen | |
| Aus Perspektive der konservativen Likud-Partei hätte Sadans Einstieg kaum | |
| schlechter laufen können. „Seit über dreieinhalb Jahren versuchen wir, | |
| einen unserer Leute in Channel 10 unterzubringen, warum nervt ihr uns jetzt | |
| mit so etwas?“, zitiert die liberale Haaretz einen „engen Verbündeten | |
| Netanjahus“ im Gespräch mit Deri. | |
| Sadan leitete Mitte der 90er Jahre Netanjahus erste Wahlkampagne und | |
| übernahm später die Öffentlichkeitsarbeit für Sara Netanjahu, Ehefrau des | |
| Regierungschefs. Seine Wahl zum neuen Nachrichtenchef kam vor allem für die | |
| Mitarbeiter von Channel 10, eines Senders, den er in der Vergangenheit | |
| wiederholt kritisierte, überraschend. Israels Medien verbreiteten „mit | |
| Obsessivität“ und „Unproportionalität“ Geschichten über die Netanjahus, | |
| meinte Sadan, der von einer „pathologischen Krankheit“ sprach. | |
| Einer der „pathologisch kranken“ Journalisten ist Raviv Drucker, Star der | |
| Politikredaktion von Channel 10 und ein lebhafter Kritiker Netanjahus. Als | |
| einen „Balance-Effekt zum Drucker-Effekt“ bezeichnete die | |
| Wirtschaftszeitung Globes die Ernennung Sadans zum Nachrichtenchef des | |
| kritischen TV-Senders. | |
| Auch Haaretz vermutet, dass Sadans Berufung der Versuch der | |
| Mediengesellschaft sei, „es mit Drohungen gegen sie aufzunehmen“. Channel | |
| 10 hat latente Geldsorgen. Vor 15 Jahren ging der Fernsehkanal auf Sendung | |
| und avancierte binnen kürzester Zeit zum wichtigsten elektronischen Medium | |
| Seite an Seite mit dem öffentlichen Sender und dem zweiten TV-Sender | |
| Channel 2. | |
| ## Tageszeitung und Onlineportal für Netanjahu | |
| Zu den Eigentümern gehört der amerikanische Geschäftsmann Ron Lauder, Chef | |
| des Jüdischen Weltkongresses, und die israelische Unternehmerfamilie | |
| Recanati. Channel 10 ist ein Verlustgeschäft. Die Eigentümer halten an | |
| ihren Anteilen fest, weil der Sender „ihnen bei ihren Beziehungen zur | |
| Regierung hilft“, kommentierte Haaretz. | |
| Umgekehrt würde Netanjahu sein Netz in Israels Medien noch enger knüpfen, | |
| wenn Sadan am Ende doch den für ihn vorgesehenen Posten einnimmt. | |
| Als unverhüllt – nicht nur regierungsfreundlich, sondern explizit pro | |
| Netanjahu – gilt die inzwischen auflagenstärkste israelische Tageszeitung | |
| Israel Hayom, die sich allein aus Anzeigen und aus der Tasche des | |
| amerikanischen Milliardärs Sheldon Adelson finanziert. | |
| Strikt auf Linie des mächtigsten Politikers im Land ist auch das | |
| Onlineportal Walla. Shaul Elovitch ist dessen Alleininhaber und | |
| gleichzeitig Chef der monopolistischen Telefongesellschaft Besek. Als | |
| solcher baut er auf die Gunst der Netanjahu-Regierung. | |
| 16 Jun 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Susanne Knaul | |
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