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# taz.de -- Kommentar Sexismus in Brasilien: Die und sie
> Die Massenvergewaltigung einer 16-Jährigen in Rio zeigt, wie schlecht es
> um Frauenrechte in Brasilien steht. Schuldig ist immer zuerst das Opfer.
Bild: Seit Monaten demonstrieren Brasilianerinnen gegen Sexismus, wie hier im N…
Brasilien ist empört. Und versteht nicht, wo so viel Gewalt herkommt, so
viel Gewalt gegen Frauen. [1][Die Massenvergewaltigung einer 16-jährigen],
die vergangene Woche publik wurde, hält das Land in Atem. Über 30 junge
Männer haben die Jugendliche in einem Armenviertel von Rio de Janeiro
offenbar in eine Falle gelockt, vergewaltigt und danach Videoaufnahmen des
Verbrechens ins Internet gestellt.
Alle verurteilen die abscheuliche Tat, auch die kürzlich suspendierte
Präsidentin Dilma Rousseff ebenso wie ihr Nachfolger, Übergangspräsident
Michel Temer. Dessen Ankündigung, sofort eine Sondereinheit der
Bundespolizei für die Aufklärung von Verbrechen gegen Frauen einzurichten,
überzeugte niemanden. War doch eine seiner ersten Amtshandlungen, das
Frauenministerium abzuschaffen. Dementsprechend wurde bei allen
Protestmärschen gegen das Verbrechen auch immer der Rücktritt von Temer
gefordert, der es fertig brachte, erstmals seit der Militärdiktatur
(1964-1985) keine einzige Frau in sein Kabinett zu berufen.
Das einzig Überraschende an dem Fall ist die kollektive Tat:
Massenvergewaltigungen sind in Brasilien nicht üblich. Doch Gewalt und
sexuelle Übergriffe gegen Frauen sind üblich, ja: geradezu alltäglich. Alle
wissen das, und trotz einiger Versuche, gesetzlich gegen diese Verbrechen
vorzugehen, scheinen sie weitgehend akzeptiert zu sein.
Allein im öffentlichen Gesundheitssystem bittet alle vier Minuten ein Frau
um Hilfe wegen eines Übergriffs. Nur in 13 Prozent der Fälle sind die Täter
Unbekannte, bei fast einem Viertel der Fälle ist es der Partner. Laut der
von einer brasilianischen Nichtregierungsorganisation erstellten „Landkarte
der Gewalt 2015“ nimmt die Gewalt gegen Frauen im Land zu, die Zahl der
Morde an Frauen stieg innerhalb der vergangenen zehn Jahre um 21 Prozent.
Im Durchschnitt werden in Brasilien 13 Frauen pro Tag ermordet.
Ebenso üblich ist es, die Opfer für die Taten selbst verantwortlich zu
machen. Auch die 16-jährige wurde zuerst gefragt, ob sie Erfahrung mit
Orgien oder Kontakt zu Drogenhändlern habe. Es dauerte vier Tage, bis dem
Ermittlungsleiter der Fall am Sonntag endlich entzogen wurde, nachdem die
Anwältin über eine „Kriminalisierung“ ihrer Mandantin geklagt hatte.
Die sozialen Netzwerke machen die Vergewaltigung noch dramatischer.
Hunderte haben das Video mit anderen geteilt, Millionen urteilen über das
Geschehen. Zwar gab es viele Verurteilungen und Entsetzen, aber auch viel
Häme, sexistische Witze, Zustimmung. In Brasilien herrscht ein Grundklima
der Milde gegenüber Vergewaltigern, das oft genug zu deren Straffreiheit
führt und weiteren sexistischen Aggressionen den Boden bereitet. Deshalb
ist auch nur eine Minderheit wirklich empört.
30 May 2016
## LINKS
[1] /Nach-Massenvergewaltigung-in-Brasilien/!5308173/
## AUTOREN
Andreas Behn
## TAGS
Brasilien
Sexismus
Massenvergewaltigung
Frauenrechte
Sexualisierte Gewalt
Sexualisierte Gewalt
Brasilien
Schwerpunkt Rassismus
Evangelikale
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