| # taz.de -- Kommentar über das Zögern von Polizei und Sozialbehörde: Frauen … | |
| > Erst als Männer die Polizei alarmierten, wurde diese im Fall eines | |
| > mutmaßliche Mörders tätig. Erzieherinnen wurden zuvor nicht ernst | |
| > genommen. Ein Systemversagen. | |
| Bild: Der spätere mutmaßliche Mörder was als gewalttätig bekannt. | |
| Ärzte und Anwälte werden ernst genommen – Erzieherinnen und | |
| Mitarbeiterinnen des Sozialamts nicht. Oder: Männer werden ernst genommen, | |
| Frauen nicht. Vielleicht ist dies die banale Erklärung dafür, warum die | |
| Polizei im vergangenen Jahr keinen Anlass sah, mit verschärften Mitteln | |
| nach einer als zuverlässig geltenden 44-jährigen Mutter zu suchen, die | |
| mehrere Tage nicht die Tür öffnete, nicht ans Telefon ging. Und nicht | |
| erklären konnte, warum plötzlich der Vater den Sohn krank meldete, obwohl | |
| dieser gar nicht bei ihm lebte. | |
| Sowohl der Kindergarten als auch das Amt für soziale Dienste hatten | |
| befürchtet, dass der Vater seiner getrennt lebenden Frau etwas angetan | |
| hatte – aber aktiv wurde die Polizei erst, als ein Anwalt und ein | |
| Kinderarzt diese Befürchtungen bestätigten. [1][So jedenfalls stellt es die | |
| Staatsanwaltschaft am Mittwoch dar]. Deren Sprecher kann an diesem Ablauf | |
| nichts Verwerfliches finden – weil nach seiner Auffassung weder das Leben | |
| der Frau hätte gerettet werden können noch hätte die Flucht des | |
| mutmaßlichen Täters mit den Kindern aufgehalten werden können. Zumindest | |
| Ersteres stimmt. Ob aber der Vater in der Türkei nicht noch eher hätte | |
| gefunden werden können als im Irak, wo er jetzt vermutet wird – darüber | |
| kann man streiten. | |
| Aber darum geht es auch gar nicht. Es geht darum, dass ich mich als | |
| Bürgerin darauf verlassen können muss, dass die Polizei einem Hinweis auf | |
| ein Verbrechen nachgeht. Im Zweifelsfall auch lieber einmal zu viel als zu | |
| wenig. Und Hinweise hat es in diesem Fall reichlich gegeben, nicht nur von | |
| einer Seite, und nicht nur einmal. Zudem war der Vater der Polizei als | |
| gewalttätig bekannt. | |
| Aber nicht nur die Polizei, auch das Amt für soziale Dienste hat Fehler | |
| begangen. Es muss sich fragen lassen, warum es sich mit der Einschätzung | |
| der Polizei zufrieden gegeben hat, es könne sich auch um ein ganz normales | |
| Vorgehen handeln, ein unangekündigter Verwandtenbesuch beispielsweise. | |
| Warum hat die Mitarbeiterin nicht insistiert? Und warum hat sie offenbar | |
| einen Tag abgewartet, bis sie den Kontaktbereichspolizisten am Telefon | |
| hatte? Warum hat sie nicht den Notruf alarmiert? Hat sie überhaupt Alarm | |
| geschlagen? Oder ihre „fachlichen Bedenken“ zu vorsichtig geäußert? Der | |
| Sprecher von Sozialsenatorin Anja Stahmann sagt, es sei nicht zielführend, | |
| jetzt individuelle Schuldige zu suchen. | |
| Das Beunruhigende ist, dass es tatsächlich nicht um das Versagen eines | |
| Einzelnen geht. Dazu sind zu viele Stellen involviert. | |
| 24 May 2016 | |
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