# taz.de -- Union-Fans feiern Meister Freiburg: Harmonie in der Alten Försterei | |
> SC-Trainer Christian Streich freut sich in Berlin über ein Saisonspiel | |
> mit viel Harmonie. Im heimischen Stadion war das zuletzt nicht immer so. | |
Bild: Freiburgs Fans hatten in Berlin trotz Niederlage keinen Grund für Pfiffe | |
Christian Streich ist ein ehrlicher Mensch. Und weil er das ist, sorgt der | |
Trainer des SC Freiburg hin und wieder für unterhaltsame Pressekonferenzen. | |
So auch beim vorerst letzten Zweitligaspiel seiner Meisterelf bei Union | |
Berlin. „Es war ein toller Tag an der Alten Försterei. Ich würde am | |
liebsten sagen, ich komme nächste Saison wieder“, sagte Streich. Dann hielt | |
er kurz inne, lächelte spitzbübisch und schob nach: „Aber das stimmt ja gar | |
nicht.“ | |
Natürlich freut es Streich, dass er sich bald wieder an der Seitenlinie des | |
Berliner Olympiastadions gegen Hertha BSC austoben darf. Die Rolle als | |
schärfendes Element des Zweitliga-Profils dürfen nun andere übernehmen. | |
Streich hat davon erstmal genug – wobei er den letzten Auftritt im | |
Unterhaus durchaus genossen hat. | |
Überaus freundlich waren die Freiburger empfangen worden, überaus | |
freundlich bedankten sie sich. Erst mit einer 1:2-Niederlage, anschließend | |
applaudierten sie, Streich vorneweg, dem Berliner Publikum. Die 22.012 | |
Zuschauer im ausverkauften Stadion an der Alten Försterei beklatschten den | |
Meister ebenfalls eifrig. | |
Den Freiburgern hat das gut gefallen, waren sie im letzten Heimspiel doch | |
von einigen Wenigen im Publikum ausgepfiffen worden. Und das, nachdem der | |
Aufstieg bereits feststand, in einem Spiel, das mit einem 2:0 gegen | |
Heidenheim und der Meisterschaft endete. | |
## Miesmacher sollen zuhause bleiben | |
Streich fand das gar nicht lustig. „Zuhause bleiben“ sollten diese | |
Miesmacher am besten, grantelte er. Er weiß, dass seine Mannschaft im | |
nächsten Jahr kein divenhaftes Schickimicki-Publikum gebrauchen kann. Schon | |
gar keines, das nur feinen, offensiv ausgerichteten Kombinationsfußball | |
goutiert. | |
Andererseits hat sich in Freiburg offenbart, was auch an anderen Standorten | |
zu beobachten ist: Ein Mangel an Wertschätzung und Respekt. Erst recht, | |
wenn die Allgemeinheit davon ausgeht, dass eine Mannschaft wie Freiburg | |
doch aufsteigen muss. So wie die Bayern einfach Meister werden müssen. Das | |
alles schwang bei Streichs kleiner Wutrede mit. | |
Der Coach wünscht sich – auch wenn er das bei aller Ehrlichkeit so nicht | |
sagen würde – ein Publikum wie es die Unioner haben. Die stehen tatsächlich | |
„eisern“ hinter ihren Kickern, verzeihen auch mal schwächere Phasen im | |
Spiel. Sie vergeben sogar, dass der Verein vom lange erhofften Aufstieg | |
erneut meilenweit entfernt ist. Am erstaunlichsten ist aber, wie glorreich | |
sie ihren Topspieler verabschiedet haben. | |
Der heißt Bobby Wood und wechselt zum Hamburger SV. Da gibt es mehr Kohle, | |
da spielt Wood erste Liga. Es ist also nachzuvollziehen, dass der | |
23-Jährige das Trikot tauscht. Zumindest aus Woods Sicht und aus Sicht des | |
Schatzmeisters, der für die Vereinskasse wohl einen Zuwachs von rund vier | |
Millionen verbuchen darf. | |
## Zwei neue Rekorde für Union | |
Der gemeine Fan wird auf Woods Bilanz verweisen, die belegt, dass der | |
Stürmer erst bei den Köpenickern so richtig durchgestartet ist. So | |
zielsicher wie beim FC Union war er zuvor jedenfalls nicht. Vor dem | |
dortigen Engagement hatte Wood in 59 Zweitligaspielen ganze neunmal das Tor | |
getroffen. Ein Jahr und 31 Spiele später sind 17 Tore dazugekommen. | |
Damit hat er den Unioner Zweitligatorrekord gebrochen, die Fans lieb(t)en | |
ihn. Der Dank? Ein Wechsel zum HSV, garniert mit den üblichen Floskeln: | |
„Ein super Traditionsverein“, „keine einfache Entscheidung“, „mein | |
Bauchgefühl hat entschieden“, „Für Union ist auch nächste Saison viel | |
möglich“. | |
Sowas schmerzt den Kuttenträger in der Kurve. Aus Liebe wird Enttäuschung, | |
aus rauschendem Beifall ein gnadenloses Pfeifkonzert. Normalerweise. Die | |
Unioner ticken wohltuend anders. Als „Fußballgott“ (wie alle anderen | |
Spieler und bei Union so üblich) wird Wood ein letztes Mal von den Fans bei | |
seinem Abschied besungen. Er erhält lautstarken Beifall, weil er ein Jahr | |
lang hart gearbeitet hat. Das honorieren die Anhänger. Neid, Verachtung, | |
Hass? Fehlanzeige. | |
Spielen darf Wood gegen Freiburg allerdings nur in den letzten fünf | |
Minuten. Da führt Union nach zwei schönen Toren von Adrian Nikci (66. | |
Minute) und Christopher Quiring (78.) bereits mit 2:0. Freiburgs Kempf | |
gelingt per Kopf nur noch das 2:1 in der Nachspielzeit. Hatte Freiburg in | |
Hälfte eins die größeren Spielanteile und Chancen, war Union im zweiten | |
Abschnitt etwas frischer unterwegs. | |
Zufrieden gehen schlussendlich beide Trainer in die Sommerpause. | |
Union-Coach André Hofmeister gelang als Chefcoach mit dem achten Heimsieg | |
in Serie (Rekord) ein gelungener Ausstand. Streich freute sich über eine | |
„geile Statistik“: Wenn der SC im Aufstiegsjahr bei Union verlor, hielt er | |
anschließend in Liga eins immer die Klasse. Das würde dann vielleicht auch | |
die letzten wenigen kritischen Pfiffe im Badischen verstummen lassen. | |
16 May 2016 | |
## AUTOREN | |
David Joram | |
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