# taz.de -- Festival für analoge Fotografie: Kunst jenseits von Kommerz | |
> Schimmelpilze, Smartphones und Familienalben: Bei „analogue now!“ stellen | |
> KünsterInnen ihre Fotos in einer ehemaligen Lagerhalle aus. | |
Bild: Auch im vergangenen Jahr konnte eine leerstehende Lagerhalle für das Fes… | |
Ist ein Smartphone in der Lage, seine eigenen Fotos zu belichten? Und | |
welche Position nehmen wir überhaupt ein, wenn wir unser Handy als | |
Bildträger benutzen? Aus welchen Bestandteilen setzen sich eigentlich Dias | |
zusammen? Und ist es legitim, unter Verwendung technischer Hilfsmittel | |
Bilder soweit zu verändern, dass es einen Eingriff nicht nur in | |
individuelle, sondern auch in kollektive Erinnerungen bedeutet? | |
Mit solchen und ähnlichen Fragen haben sich elf KünstlerInnen beschäftigt, | |
die gerade im Rahmen des Festivals „analogue now!“ ihre Werke zur Schau | |
stellen. Ganz im Sinne des Titels der Ausstellung, „Manipulation“, haben | |
sich die KünstlerInnen mit der Frage nach der Authentizität analoger Bilder | |
auseinandergesetzt und dabei unter Zuhilfenahme verschiedener Medien | |
versucht, diese Bilder zu verändern. Hierbei reichen diese Eingriffe bis | |
hin zu biologischen und chemischen Experimenten, deren Ergebnisse sich nur | |
noch schwerlich als „Foto“ bezeichnen lassen. | |
Réné Schäffer beispielsweise behandelte Dias mit Schimmelpilzkulturen, um | |
erkennbar zu machen, aus welchen Bestandteilen sich Dias zusammensetzen. | |
Besonders spannend für ihn war hierbei das Zusammentreffen zweier Kulturen, | |
des Menschlichen und des Organischen, und die sich daraus ergebende Frage | |
nach der Autorenschaft. | |
Joseph Maas näherte sich der Thematik auf entgegengesetzte Art und Weise | |
und ging bei seinen Experimenten vom digitalen Medium des Smartphones aus. | |
Erstaunliche Feststellung: Bei seiner Arbeit fand er heraus, dass die | |
Displays von Smartphones hell genug leuchten, um ihre eigenen Fotos zu | |
belichten, woraufhin sich für ihn die Frage stellte: Was genau ist | |
gegenwärtig überhaupt ein „analoges“ Foto? | |
Eher moralische Fragen berührt Akiyasu Shimizu, der auf dem Flohmarkt | |
gefundene Negative aus Familienalben soweit veränderte, dass seine | |
Eingriffe eine Veränderung der auf den Bildern dargestellten Geschichte zur | |
Folge hatten. Hier stellt sich die Frage nach der Legitimität einer solchen | |
Vorgehensweise. | |
## „low budget“-Charakter | |
Organisiert wird das Festival, das in diesem Jahr zum zweiten Mal | |
stattfindet, von einem 12-köpfigen Team aus Menschen, die Ausstellung und | |
Programm in ihrer Freizeit auf die Beine stellten. Die Lagerhalle in | |
Lichtenberg, in der das Festival stattfindet, wurde ihnen zur | |
Zwischennutzung zur Verfügung gestellt: „Wir haben hier alles komplett | |
selbst renoviert“, berichtet die Kuratorin Silvia Gaetti. | |
Dieser „low budget“-Charakter spiegelt sich auch beim Besuch des Festivals | |
wider: Es gibt die Möglichkeit, mit den KünsterInnen direkt vor Ort zu | |
sprechen, sich zu informieren und zu diskutieren. Es herrscht eine sehr | |
offene Atmosphäre. Interessanter Nebenaspekt: „Keine der hier ausstellenden | |
Personen hat sich von Anfang an mit Fotografie beschäftigt. Es sind alles | |
KünsterInnen, die sich der Fotografie als Medium für ihre Arbeit bedienen“, | |
so Gaetti, „durch die neue Entdeckung und Nutzung von Medien kann eine ganz | |
neue Qualität entstehen“. | |
Im Rahmen des Festivals können sich BesucherInnen in der Ausstellung sowohl | |
selbst einen Eindruck von dieser Qualität verschaffen, als aber auch an | |
diversen workshops und Vorträgen teilnehmen, die sich mit Techniken und | |
Möglichkeiten analoger Fotografie befassen – der Eintritt ist frei. Am 14. | |
Mai, dem letzten Tag des Festivals, gibt es außerdem einen | |
„Netzwerk-Brunch“, bei dem Interessierte die Möglichkeit haben, sich | |
tiefergehend auszutauschen. „Analogue now“ zeigt durch seine offene | |
Struktur, dass Kunst jenseits kommerzieller Interessen möglich ist und | |
lässt hoffen. Mehr davon! | |
13 May 2016 | |
## AUTOREN | |
Annika Glunz | |
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