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# taz.de -- Schockfotos auf Zigarettenschachteln: Ein Bild sagt mehr als tausen…
> Raucherlunge, Kehlkopfkrebs, Geschwüre – trotz Protest der Industrie
> gibt's bald keine Zigarettenschachtel mehr ohne abschreckende Bilder.
Bild: Na, noch Lust auf eine Zigarette?
Berlin taz | Bis zum Schluss hat die Zigarettenindustrie gekämpft. Sie hat
sogar ein Gutachten in Auftrag gegeben, um zu beweisen, dass die Zeit viel
zu knapp sei. Die Produktion vom herstellereigenen Packungsdesign auf dicke
Warnhinweise umstellen? Bilder von Raucherlungen und Patienten mit
Kehlkopfkrebs?
Das sei unmöglich bis zum 20. Mai zu schaffen – dem Tag, an dem die
EU-Mitgliedsstaaten die Tabakproduktrichtlinie umgesetzt haben müssen. Doch
die Industrie hat verloren. Seitdem der Bundestag im Februar für die
Umsetzung der Richtlinie stimmte, ist klar: Die Bilder müssen kommen,
fristgerecht, ob die Hersteller das nun wollen oder nicht.
Dabei bezieht sich die neue Regelung nicht nur auf Bilder, denen eine
abschreckende Wirkung zugeschrieben wird. Sie verbietet zudem sogenannte
Lippenstiftpackungen, die im entsprechenden Verpackungsstil besonders junge
Frauen ansprechen sollen. Auch nicht mehr erlaubt sind etwa Zusatzstoffe in
einer Menge, die den Tabakgeschmack überdeckt.
Besonders hart gestritten haben Industrie und Politiker über die bildhaften
Warnhinweise, die von der EU vorgegeben werden: 65 Prozent der Vorder- und
Rückseite von Zigaretten- und Drehtabakverpackungen müssen künftig damit
bedeckt sein.
## Jährlich 700.000 Tabaktote in der EU
„Indem wir sicherstellen, dass Tabakprodukte auch so aussehen und so
schmecken wie Tabakprodukte, werden die neuen Regeln dazu beitragen, dass
weniger Menschen in der EU mit dem Rauchen anfangen“, sagte der damalige
EU-Kommissar Tonio Borg nach dem Beschluss.
In der EU sterben jährlich 700.000 Menschen vorzeitig aufgrund von
Tabakkonsum, ein durchschnittlicher Raucher lebt 14 Jahre weniger als ein
Nichtraucher. Vorbild für die Neuregelung sind Länder wie Kanada, das die
Schockbilder im Jahr 2001 als Erstes auf die Packungen drucken ließ.
Mittlerweile haben sich mehrere Staaten angeschlossen, von Thailand bis
Australien, von Belgien bis Brasilien.
Weil diese Warnhinweise häufig zusammen mit anderen Maßnahmen – wie
Preiserhöhungen – erfolgten, ist es schwierig, ihre Wirkung im Einzelnen
nachzuweisen. Bisher vorliegende Studien werden mitunter sehr
unterschiedlich interpretiert.
## Vielleicht ist das nur der Anfang
Der Deutsche Zigarettenverband zeigt sich um die hiesige Wirtschaft
besorgt: Große internationale Hersteller hätten es einfacher, ihre
Produktion umzustellen. Für kleine und mittelständische Unternehmen könne
es dagegen existenzbedrohend werden. Doch mit ihrem Wunsch nach einer
Fristverlängerung über Mai hinaus ist die Industrie am Bundestag
gescheitert.
„Es ist ja nicht so, dass die Deutschen nicht über die Gefahren des
Rauchens informiert sind“, sagt Jan Mücke, Geschäftsführer des Deutschen
Zigarettenverbands. Die Tabakindustrie ist womöglich nur der Anfang,
befürchtet er. Danach kommen Warnhinweise für Alkohol, vielleicht auch noch
für Fast Food. „Das ist eine Bevormundung der Verbraucher.“
Dass die neue Regelung am Freitag in Kraft tritt, heißt nicht, dass der
Verkauf von Schachteln ohne entsprechende Bilder gleich verboten ist: Die
EU-Richtlinie räumt eine Übergangsfrist von einem Jahr ein. Solange dürfen
alte Zigarettenschachteln noch verkauft werden.
Die Hersteller versuchen das auszunutzen und lassen ihre Maschinen auf
Hochtouren laufen – das zeigt die Entwicklung des Tabaksteueraufkommens.
Die Steuer muss von den Herstellern nämlich schon bei der Produktion
abgeführt werden. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts wurden im
ersten Quartal 2016 über 20 Prozent mehr Zigaretten versteuert als im
Vorjahreszeitraum. Bei Pfeifentabak waren es sogar über 90 Prozent mehr.
19 May 2016
## AUTOREN
Svenja Bergt
## TAGS
Rauchen
Abschreckung
Zigaretten
Schockbilder
Zigaretten
Werbung
Zigaretten
Nichtraucherschutz
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