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# taz.de -- Rechtsruck in Griechenland: Rührung bei der Nationalhymne
> Rechtspopulisten in Griechenland gründen neue Parteien. Sie zielen
> explizit auf eine konservative und EU-skeptische Wählerschaft.
Bild: Jorgos Karadzaferis, strategischer Kopf und Drahtzieher der Rechtspopulis…
Athen taz | Neben all dem, was in den vergangenen Jahren in Hellas neu oder
anders war, gesellt sich aktuell ein beunruhigender Trend. Namhafte
Rechtspopulisten nutzen die Vielzahl der Krisen, um neue Parteien zu
gründen. Die Rechtspopulisten zielen dabei explizit auf eine
radikal-konservative und EU-skeptische Wählerschaft.
Jorgos Karadzaferis, einst Chef der antisemitischen Orthodoxen
Volksbewegung, und Takis Baltakos, Kabinettschef des ehemaligen
konservativen Premiers Antonis Samaras, gehen gemeinsame Wege. Anfang April
präsentierten sie ihr Manifest zur Gründung einer neuen Partei mit dem
bezeichnenden Namen „Nationale Einheit“ und gaben zu Protokoll, sie wollten
alle ansprechen, die sich „gerührt fühlen, wenn die Nationalhymne
erklingt“.
Laut Baltakos stehe die neue Partei in Verwandtschaft zur bayerischen CSU
oder auch zu den französischen Gaullisten, sei aber offen für ehemalige
Parlamentarier der rechtsextremen Goldenen Morgenröte. Karadzaferis will
die wachsende Zahl euroskeptischer Wähler ansprechen. Seine Chancen stehen
gut: Gehörten die Griechen noch vor Ausbruch der Schuldenkrise zu den
glühendsten Verfechtern der europäischen Integration, erklärten im
vergangenen Jahr laut Eurobarometer-Erhebung über 45 Prozent der Befragten,
die EU laufe in die falsche Richtung.
Klar verteilt sind die Rollen: Baltakos bleibt Kellner, Karadzaferis ist
Koch. Schließlich schaffte er es schon einmal, mit seiner im Jahr 2000
gegründeten Orthodoxen Volksbewegung (LAOS), die Parteienlandschaft
durcheinanderzuwirbeln. 2009 avancierte der frühereBodybuilder und
Modellathlet zur viertstärksten politischen Kraft, 2011 übernahm er
Regierungsverantwortung unter Übergangspremier Loukas Papademos.
## Späte Wandlung zum Elder Statesman
Vergessen schien zu diesem Zeitpunkt sein Schulterschluss mit
Holocaust-Leugner Kostas Plevris. Oder seine frühere Empfehlung an das
Athener Außenministerium, es soll bitte schön der Frage nachgegangen
werden, warum bei den Angriffen vom 11. September 2001 auf das World Trade
Center keine Juden ums Leben gekommen seien. Doch die späte Wandlung zum
Elder Statesman hat viele LAOS-Wähler irritiert. Als auch noch
Konservativen-Chef Samaras die umtriebigsten LAOS-Leute in seine eigene
Partei lockte, war Karadzaferis scheinbar am Ende.
Für neuen Schwung soll nun Baltakos sorgen. Selbst politische Feinde
beschreiben ihn als kompetenten Juristen, der nie in den Vordergrund tritt,
aber überall präsent ist, ob als Wirtschaftsanwalt oder Verfasser
patriotischer Schriften. Darin zeigt er sich begeistert über die Krypteia,
den todbringenden Geheimdienst im alten Sparta. Ob es noch mehr
Gemeinsamkeiten mit der rechtsextremen Goldenen Morgenröte gibt, ist eine
Frage, die seit April 2014 kontrovers diskutiert wird. Zu diesem Zeitpunkt
erschien nämlich ein Video, in dem Baltakos mit dem Sprecher der
Rechtsextremen Ilias Kassidiaris locker plaudert und Interna der
konservativ geführten Regierung preisgibt.
Einer fehlt im Bunde der Rechtspopulisten: der Strafrechtler und ehemalige
Elitesoldat Failos Kranidiotis, ebenfalls ein Freund von Samaras.
Rhetorisch kann er mit den Rechtsextremen mithalten. Als etwa
Einwanderungsminister Jannis Mouzalas neulich in einem Interview zur
Flüchtlingskrise das nördliche Nachbarland Griechenlands nicht als „Fyrom�…
sondern als „Mazedonien“ bezeichnete (was in Hellas angesichts des
andauernden Namensstreits als größter möglicher Fauxpas für einen Politiker
gilt), empfahl Kranidiotis, den Minister vor ein Exekutionskommando zu
stellen. Daraufhin wurde er aus der konservativen Partei ausgeschlossen.
Nun will er eine neue Rechtspartei gründen. Auch Kranidiotis werden Chancen
eingeräumt – zumal er ab sofort offen um die Wähler der Goldenen Morgenröte
buhlen darf.
2 May 2016
## AUTOREN
Jannis Papadimitriou
## TAGS
Griechenland
Rechtspopulisten
Goldene Morgenröte
Flüchtlingslager
Schwerpunkt Krise in Griechenland
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