# taz.de -- Bürgerkrieg im Jemen: Widerwillig an den Verhandlungstisch | |
> Mit UN-Vermittlung suchen die Konfliktparteien eine politische Lösung. | |
> Internationaler Druck und Kriegsmüdigkeit haben das ermöglicht. | |
Bild: Ein Künstler sprüht ein Graffito für den Frieden | |
Kairo taz | Fast widerwillig sind die jemenitischen Konfliktparteien | |
vorletzte Woche nach Kuwait gereist, um mit Vermittlung der UNO einen Krieg | |
in einem der ärmsten Länder der Welt zu beenden. | |
Über 6.000 Tote hat der Krieg im Jemen bisher gekostet, 2,5 Millionen | |
Menschen befinden sich im Land selbst auf der Flucht. Über 24 Millionen | |
haben nicht mehr ausreichend Nahrungsmittel zur Verfügung. | |
Doch nun gibt es ein Fünkchen Hoffnung. Seit dem21. April sitzen die | |
Konfliktparteien im Golfstaat Kuwait bei Friedensverhandlungen zusammen. | |
Die in Jemens Hauptstadt Sanaa regierenden Huthis und ihr Verbündeter, der | |
ehemalige jemenitische Präsident Abdallah Saleh, stehen auf der einen | |
Seite, die in der Hafenstadt Aden im Süden des Landes herrschende Regierung | |
Abdel Hadi, unterstützt von Saudi-Arabien, auf der anderen. | |
Die Verhandlungen verlaufen zäh. Das sie überhaupt stattfinden, erläutert | |
die jemenitische Politologin Nadwa Al-Dawsari so: „Es gab starken | |
internationalen Druck vor allem auf die Saudis, die Militäraktionen zu | |
beenden, wegen der enormen Opferzahlen unter Zivilisten“, sagt sie. Aber | |
auch die Huthis und ihr Verbündeter Saleh hätten in den vergangenen Monaten | |
ihre Grenzen erkannt, denn sie hätten viel an militärischen Stärke | |
eingebüßt. | |
## Der Krieg ist festgefahren | |
Auf beiden Seiten macht sich wohl auch Kriegsmüdigkeit breit. „In den | |
letzten sechs Monaten haben sich die Fronten nicht verschoben. Der Krieg | |
steckt fest. Beide Seiten haben realisiert, dass der Versuch, den Konflikt | |
militärisch zu lösen, zu nichts führt“, erläutert die jemenitische | |
Analystin das Hauptmotiv für die Verhandlungen. | |
Die Ausgangslage für diese Gespräche ist denkbar schwierig. Nach ihrem | |
Beginn sah es am vergangenen Dienstag 24 Stunden lang so aus, als würden | |
sie scheitern, bevor sie am Mittwoch wieder aufgenommen wurden. | |
Die Regierung Hadi und ihre saudischen Unterstützer fordern, dass sich die | |
Huthis aus Sanaa und den andern Orten, die sie erobert haben, zurückziehen. | |
Aber die Huthis lehnen dies ab. Sie wollen in einer möglichen zukünftigen | |
Regierung eine entscheidende Rolle spielen. | |
## Al-Qaida und der IS breiten sich aus | |
„Beide Seiten kommen mit extremen Positionen. Die Huthis sehen sich selbst | |
als die Repräsentanten des Jemen und ihre Truppen als die jemenitische | |
Armee“, erklärt Dawsari. „Die Regierung Hadi und die Saudis sehen die | |
Huthis dagegen als eine Miliz und eine illegitime Regierung“, beschreibt | |
sie die Gegenposition. „Im Idealfall sollte eine professionelle Armee | |
gebildet werden, die für die Sicherheit zuständig ist. Aber bei der | |
Polarisierung im Land ist das schwierig. Die jetzigen Sicherheitsapparate | |
werden von den Interessen der Stämme, Clans und politischen Zugehörigkeiten | |
gelenkt“, analysiert sie. | |
Nicht nur die katastrophale humanitäre Lage macht die Dringlichkeit der | |
Beendigung dieses Krieges deutlich. In dessen Schatten haben sich | |
islamistische, militante Gruppierungen wie al-Qaida oder der „Islamische | |
Staat“ (IS) im Jemen ausgebreitet – nach dem Motto: Wenn zwei sich | |
streiten, freut sich der Dritte. | |
„Diese Gruppierungen haben das Vakuum ausgenutzt, das durch den Konflikt | |
entstanden ist. Deswegen ist es so wichtig, dass in Kuwait ein vorläufiger | |
gemeinsamer Sicherheitsplan diskutiert wird“, meint Dawsari. | |
## Die Verhandlungspartner sind Teil des Problems | |
Das Problem ist, dass diejenigen, die über ein Ende des Krieges verhandeln, | |
diejenigen sind, die einer langfristige Lösung und einer Reform des Jemen | |
im Wege stehen. Das ist der Hauptgrund, warum die in den USA lebende und | |
lehrende jemenitische Analystin skeptisch ist. | |
„Es gibt die Annahme, dass die Huthis, Saleh, die Hadi-Regierung und andere | |
nationale Kräfte, die jetzt in Kuwait sitzen, eine Lösung haben oder den | |
Willen, den Konflikt zu beenden“, sagt Dawsari. „Aber sie sind eigentlich | |
das Problem. Sie sind korrupt, sie haben alle anderen an den Rand gedrängt, | |
und sie haben ein Monopol über die Ressourcen des Landes“. | |
Das ist vielleicht das größte Dilemma des Jemen. Die alten Machtstrukturen | |
haben das Land in den Krieg geführt und ihre Vertreter sind die Einzigen, | |
die ihn wieder beenden können. Das Problem soll also ein Problem lösen. Da | |
beißt sich die jemenitische Katze in den Schwanz. | |
1 May 2016 | |
## AUTOREN | |
Karim El-Gawhary | |
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