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# taz.de -- Prozess gegen Neonazi in Berlin: Dem Arier rutschte die Hose
> Ein Neonazi soll eine Familie in der S-Bahn mit beleidigt und dann auf
> sie uriniert haben. Der Angeklagte gibt im Prozess das Meiste davon zu.
Bild: Hier wurde der Angeklagte festgenommen – und wieder laufen gelassen: S-…
Berlin taz | Es ist der 28. August, kurz vor 22 Uhr, in der Ringbahn
Richtung Friedrichshain. Zwei Männer steigen und grölen „NSD, NSD, NSDAP!“
Dann erblicken die beiden offenbar Betrunkenen eine nichtdeutsch aussehende
Kleinfamilie – eine Mutter mit ihren beiden Kindern. An sie gerichtet
brüllt einer der beiden ein Best-of aller Nazisprüche, angefangen von „Ihr
seid keine Arier!“ über „Wir sind die Herrenrasse!“ bis zu „Alle Asyla…
sollte man vergasen.“ Der zweite Neonazi – ein Mann mit dicken
Brillengläsern – zeigt unterdessen den sogenannten deutschen Gruß.
Dies bestätigt Christoph Sch., einer der Angeklagten, am Freitag vor dem
Amtsgericht Tiergarten. Von seinem Verteidiger bestreiten lässt er indes
den Vorwurf, er habe absichtlich seinen Unterleib entblößt und sogar auf
seine Opfer uriniert. „Das stimmt nicht. Meine Hose war nur herunter
gerutscht.“ Der Fall hatte große Beachtung in den Medien gefunden.
Im weißen Hoodie und ungewaschenen Haaren sitzt der Angeklagte hinter
seinen beiden Verteidigern. Er gibt an, arbeitslos und Vater eines
14-jährigen Kindes zu sein, das bei dessen Mutter lebt. Weitere persönliche
Details will er angesichts der zahlreich erschienenen Journalisten nicht
kundtun. Er habe genügend Ärger mit der Presse, deren Vertreter bereits bei
ihm zu Hause recherchiert hätten. Auch im Gefängnis, in dem er seit sechs
Monaten sitzt, dürfte es für ihn in Anwesenheit der mehrheitlich
ausländischen Insassen nicht allzu gemütlich sein.
Seit 16 Jahren beschäftigt der 33-Jährige aus Sömmerda die Justiz, 19
Einträge weist sein Register auf. Die Verurteilungen betreffen alle
Bereiche des Strafrechts, auch eine Vergewaltigung geht auf sein Konto.
Immer wieder stand er wegen Volksverhetzung und des Verwendens von
verfassungswidriger Zeichen vor Gericht, ein Delikt, das er insbesondere
unter dem Einfluss von Alkohol beging.
Auch Zeugen haben den Übergriff an jenem Sommerabend verfolgt. Eine
35-Jährige mit bunt gefärbten Haaren schildert dem Gericht, wie Christoph
Sch. zu seinen Opfern gesagt hatte: „Du unarisches Ding!“ Die Mutter der
beiden Kinder habe mit osteuropäischen Akzent geantwortet: „ Mein Sohn ist
kein Ding. Du bist ein Ding!“
## Urteil am Dienstag
Eine 31-jährige Mitfahrerin berichtete, wie der Angeklagte sich der an
einem Waggonausgang stehenden Familie näherte, seine Hose bis zu den Knien
herunter ließ und sich an sein Genital fasste. Daraufhin habe der Begleiter
des Provokateurs gesagt: „Du willst die jetzt nicht anpissen? Das sind doch
nur Asylanten! Die haben deine Pisse nicht verdient!“ Ob der hinter einer
Trennwand stehende Sch. wirklich urinierte, konnte die Zeugin nicht
erkennen. Sie habe später aber eine Lache gesehen.
An der Haltestelle Storkower Straße stieg die kleine Familie aus. Der
Freund einer Zeugin rief die Polizei, die dazu riet, den Nothalt zu
betätigen, so dass die Personalien der beiden Nazis an der Station
Frankfurter Allee festgestellt wurden. Dann aber setzte die Polizei beide
wieder auf freien Fuß. Erst als Christoph Sch. am 3. August auf der
Bärgida-Demo den Hitler-Gruß entbot, war das Maß offensichtlich voll.
Anfang Oktober erwirkte die Staatsanwaltschaft einen Haftbefehl, Ende
Oktober wurde der Angeklagte festgenommen. Im Januar wurde er wegen dem
Bärgida-Vorfall, einem Schnapsdiebstahl und Schwarzfahren zu neun Monaten
Haft verurteilt.
Am Dienstag soll im Pinkler-Prozess das Urteil fallen. Es dürfte vor allem
um die Höhe des weiteren Strafzuschlags gehen.
22 Apr 2016
## AUTOREN
Uta Eisenhardt
## TAGS
Prozess
Schwerpunkt Neonazis
S-Bahn
Schwerpunkt Neonazis
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