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# taz.de -- Kolumne Press-Schlag: Ein deutscher Fußballpräsident
> Na, der passt ja ganz wunderbar! Der neue DFB-Chef Reinhard Grindel steht
> in bester Neuberger- und Mayer-Vorfelder-Tradition.
Bild: Zum DFB-Präsidenten gewählt: Reinhard Grindel
Beim Versuch, uns Reinhard Grindel als Modernisierer des deutschen Fußballs
zu präsentieren, rutscht manchmal auch Brisantes durch. Mit 54 Jahren sei
Grindel, war zu lesen, der jüngste DFB-Präsident seit Felix Linnemann 1925,
also seit mehr als 90 Jahren.
Dabei bedarf es keinesfalls nur des Hinweises auf Linnemann, den
schlimmsten der bisherigen deutschen Fußballpräsidenten, um zu zeigen, dass
sich mit Reinhard Grindel die Tradition wieder eingependelt hat, dass
nationaler Kickerei auch nationalgesinnte Männer vorstehen sollen. Das ist
Nebensache auf einem nur vermeintlich unpolitischen Terrain, denn vom Sport
– und dem größten Fachverband DFB erst recht – werden ja sozialpolitische
Initiativen erwartet.
Trotzdem erst mal Linnemann, DFB-Präsident von 1925 bis 1945 – so zumindest
rechnet der DFB selbst; andere Quellen lassen ihn nur bis 1940 amtieren.
Linnemann war hauptberuflich Kriminalpolizeidirektor und verantwortlich für
die Deportation von Sinti und Roma. Er ordnete 1939 an, dass „Zigeuner und
Zigeunermischlinge“ ihr Zuhause nicht verlassen durften, sonst drohte die
„Überweisung in ein Konzentrationslager“. Dem DFB gilt dieser Linnemann
primär als „Herbergers Entdecker“.
Auf Linnemann folgte Peco Bauwens, der den WM-Sieg 1954 so feierte: „Da
haben die Jungens es wirklich gezeigt, was ein gesunder Deutscher, der treu
zu seinem Lande steht, zu leisten vermag.“ Der DFB würdigt Peco Bauwens bis
heute als „Schiedsrichter mit dem offenen Wort“. Und Hermann Gösmann, der
von 1962 bis ’75 amtierte, stand während des NS-Regimes dem VfL Osnabrück
vor. In der Vereinszeitung kommentierte er den Einmarsch in Frankreich:
„Ganz Deutschland steht in Ergriffenheit vor dem Führer und seinen
Soldaten.“
## „Wenn die Blonden über die Alpen ziehen“
So ging es immer weiter: Hermann Neuberger wurde 1975 Präsident. Bei der WM
1978 lud er den Wehrmachtsgeneral und bekennenden Rechtsradikalen
Hans-Ulrich Rudel in das DFB-Quartier ein, damit er die Mannschaft
motiviere. Auf Kritik reagierte Neuberger so: „Ich hoffe doch nicht, dass
man ihm seine Kampffliegertätigkeit im Zweiten Weltkrieg vorwerfen will.“
Neubergers Nachnachfolger Gerhard Mayer-Vorfelder gilt dem heutigen DFB als
„Mann des Ausgleichs“. Als CDU-Kultusminister in Baden-Württemberg hatte er
Kinder „Deutschland, Deutschland, über alles“ singen lassen, und als
DFB-Präsident warnte er: „Was wird aus der Bundesliga, wenn die Blonden
über die Alpen ziehen und stattdessen die Polen, diese Furtoks und
Lesniaks, spielen?“
Erst unter Theo Zwanziger, der Mayer-Vorfelder mit Macht verdrängen musste,
begann sich der DFB seiner NS-Vergangenheit zu stellen, doch wie wenig
nachhaltig das war, bewies schon der Interimspräsident Wolfgang Niersbach.
Der hatte bereits 1994, als er noch Mediendirektor des Verbands war, Kritik
aus den USA an einem für den 20. April geplanten Länderspiel gegen England
mit der Bemerkung zurückgewiesen, „80 Prozent der amerikanischen Presse
sind in jüdischer Hand“.
Und nun übernimmt mit Reinhard Grindel, dem vermutlich ältesten 54-Jährigen
der Fußballgeschichte, ein CDU-Rechtsaußen die Präsidentschaft. Kontinuität
bedeutet im Fußball viel.
15 Apr 2016
## AUTOREN
Martin Krauss
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