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# taz.de -- Funkhaus Europa: Reform beschlossen
> Der WDR-Rundfunkrat genehmigt den Umbau von Funkhaus Europa. Künftig gibt
> es eine Sendung für Flüchtlinge. Einiges wird gekürzt.
Bild: Wollte angeblich nicht länger verhandeln: WDR-Intendant Tom Buhrow.
Die öffentlich-rechtlichen Sender klagen ausgiebig über den Hass, der ihnen
aus rechten und verschwörerischen Kreisen entgegen schlägt und sich oft in
dem Ausruf „Lügenpresse“ äußert. Es gibt aber auch Menschen, die das
öffentlich-rechtliche System kritisieren, weil sie zu dessen allergrößten
Anhängern gehören. Weil ihnen der Kernauftrag des öffentlich-rechtlichen
Rundfunks mehr bedeutet als vielen jener Männer und Frauen, die an der
Spitze der Sender stehen.
Rund 26.000 dieser solidarischen Kritiker haben am Montagabend eine
Niederlage hinnehmen müssen: Der Rundfunkrat des WDR hat [1][der Reform des
Programms Funkhaus Europa] zugestimmt, die am 1. Juli wirksam werden soll.
Funkhaus Europa ist ein internationales und interkulturelle Radioprogramm,
für das der WDR, Radio Bremen und der RBB Beiträge liefern. Die
Rundfunkräte der beiden anderen beteiligten Sender müssen ebenfalls noch
ihren Segen geben, aber das ist Formsache.
Vor der Abstimmung am Montag hatten 24.300 Unterzeichner einer [2][Petition
gegen die Verflachung] des Musikprogramms von Funkhaus Europa protestiert,
die die WDR-Hierarchen umsetzen wollen. In einer [3][weiteren Petition]
haben sich bisher 1480 Menschen dafür ausgesprochen, das türkische Magazin
„[4][Köln Radyosu]“ in der bisherigen Form beizubehalten.
Als eine der Begründungen für die Reform nannte Thomas Reinke, der
Programmchef von Funkhaus Europa, kürzlich in einem im Intranet des WDR
veröffentlichten und als „[5][Faktencheck]“ kategorisierten Beitrag, dass
Funkhaus Europa „wie alle Programme des WDR und die anderen Hörfunkwellen“
sparen müsse“. Denn: „Im Vergleich zu 2014 stehen 2016 rund 900.000 Euro
pro Jahr weniger zur Verfügung“.
## Als hätte der WDR den Frieden erfunden
Was der WDR nach der Abstimmung am Montag nun [6][offiziell mitteilt],
klingt, als habe man in Köln gerade den Frieden und der Eierkuchen neu
erfunden: „Herzstück der Reform ist die Erweiterung des muttersprachlichen
Angebots montags bis freitags um eine 30-Minuten-Sendung für Flüchtlinge
aus dem arabischen Raum.“ Gleichzeitig wird aber das türkischsprachige
Angebot von acht auf zweieinhalb Stunden gekürzt – „und das in einer Zeit,
in der Medienangebote aus der Türkei wegen der fehlenden Pressefreiheit
überhaupt keine Alternative darstellen“, wie es in der
Pro-Köln-Radyosu-Petition heißt.
Von den „knapper werdenden Ressourcen“ betroffen sei „vor allem unsere
türkische Sendung, die bisher – anders als die restlichen täglichen Formate
– auch samstags und sonntags stattfindet. „Das können wir uns schlicht
nicht mehr leisten“, schreibt Programmchef Reinke im „Faktencheck“. Desha…
gebe es für die türkischen Formate künftig ebenso viel Sendezeit wie für
„Italiener, Südosteuropäer, Russen und Polen“. Zynisch formuliert: Der WDR
setzt die Gleichberechtigung für Türken um.
Was das Musikprogramm angeht, bedeuten die vom WDR-Rundfunkrat
verabschiedeten Reformen die Abschaffung des Qualitäts-Musikjournalismus.
Die Musikredaktion von Funkhaus Europa büßt 31 Stunden ein, weil
Autoren-Sendungen wie „Globalista“, und „Soulfood“ eingestellt werden, …
„World Wide“, präsentiert von der britischen DJ-Ikone Gilles Peterson, und
die Show des Berliner Produzenten- und DJ-Kollektivs Jazzanova entfallen.
Durch andere Maßnahmen gewinnt sie zwar 13 hinzu. Aber dass sich „die
bisherige Musikfarbe nicht ändert“, wie WDR-Hörfunkdirektorin Valerie Weber
verkündet, glaubt ernsthaft niemand.
Der Kölner Stadt-Anzeiger [7][schrieb am Montagabend] nach der Sitzung,
auch aufgrund der breiten öffentlichen Debatte hätten einige
Rundfunkratsmitglieder den Wunsch geäußert, „weiter zu beraten“. Dazu sei
es aber nicht gekommen – unter anderem, „weil Intendant Buhrow und
Direktorin Weber Druck machten“. So lange sich Rundfunkräte, die, zumindest
in der Theorie, die Buhrows und Webers kontrollieren, derartigem Druck
beugen, hat der öffentlich-rechtliche Rundfunk ein Problem.
8 Mar 2016
## LINKS
[1] /!5281735/
[2] https://www.change.org/p/tom-buhrow-intendant-des-wdr-stoppt-die-funkhaus-e…
[3] https://www.change.org/p/sevgi-demirkaya-kenan-z%C3%B6ng%C3%B6r-k%C3%B6ln-r…
[4] http://www1.wdr.de/radio/funkhauseuropa/programm/sendungen/koeln-radyosu/in…
[5] http://www1.wdr.de/unternehmen/der-wdr/unternehmen/neues-programmschema-fun…
[6] http://www1.wdr.de/unternehmen/der-wdr/unternehmen/neues-programmschema-fun…
[7] http://www.ksta.de/kultur/kuerzungen-im-musikprogramm-rundfunkrat-stimmt-re…
## AUTOREN
René Martens
## TAGS
WDR
Öffentlich-Rechtlicher Rundfunk
Radio
WDR
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