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# taz.de -- Spiel wegen Terrorgefahr abgesagt: Angeblich IS-Anschlag geplant
> Das abgesagte Istanbuler Derby steigert die Verunsicherung unter den
> ausländischen Fußballprofis. Es zeigt, wie real die Bedrohung ist.
Bild: Das Derby wurde abgesagt – die Fans sind sauer
Berlin taz | Lukas Podolski spürte Vorfreude und ließ seine Fans daran
teilhaben. „It’s Derby-Time“, twitterte der deutsche Fußballer von
Galatasaray Istanbul vor dem großen Spiel gegen den Stadtrivalen
Fenerbahçenoch am frühen Sonntag. Zwei Stunden vor Spielbeginn aber wurde
die Partie aus Sicherheitsgründen abgesagt. Die Galatasaray-Fans, die schon
im Stadion waren, mussten wieder gehen. Gästefans sind bei den Derbys in
Istanbul nicht mehr erlaubt. Um das leere Stadion standen am Sonntag
Sicherheitskräfte, Spürhunde hatten die Tribünen und den Innenraum nach
Bomben abgesucht, Helikopter kreisten. Es war eine gespenstische Szenerie.
Warum das Spiel genau abgesagt wurde, ist unklar. Die Zeitung Hürriyet aber
berichtet, die Terrororganisation IS habe ein Sprengstoffattentat nach dem
Spiel geplant. Demnach sollten Islamisten nach Abpfiff beim Verlassen der
Fans des Stadions ihre Bomben zünden.
Laut Hürriyet habe der türkische Geheimdienst MIT einen Tipp bekommen,
worauf die Stadt Istanbul zusammen mit der Polizei und dem
Verteidigungsministerium eine Absage für unausweichlich hielten, der
schließlich auch der Türkische Fußball Verband und die beiden betroffenen
Vereine zustimmten. Am Freitag waren bei einem Selbstmordattentat auf der
İstiklal Caddesi, der Flaniermeile im europäischen Teil Istanbuls, vier
Menschen ums Leben gekommen. Der Attentäter soll ein IS-Mann sein.
Die prekäre Sicherheitslage in der Türkei hat weitgreifende Auswirkungen
auf das Leben der Menschen und immer stärker auch auf den Fußball. Dabei
droht Terror aus zwei Richtungen. Die Islamisten des IS wollen das Land
destabilisieren, und seit das türkische Militär im Osten des Landes eine
Offensive gegen die kurdische Arbeiterpartei PKK fährt, tragen deren
radikale Anhänger die Gewalt in die westlichen Metropolen des Landes.
## Podolskis Zweifel
Vor zehn Tagen wurden bei einem Attentat in der Hauptstadt Ankara 37
Personen getötet. An einer Bushaltestelle hatte eine Aktivistin der
Splittergruppe „Freiheitsfalken Kurdistans“ eine Bombe zum Zünden gebracht.
Eines der Opfer war der Vater des Galatasaray-Profis Umut Bulut.
Seitdem erlebt der deutsche Nationalspieler Podolski seinen Klub in
„Schockstarre“, wie er der Bild mitteilte. Nach dem Attentat von Ankara
sagte er: „Man muss gut überlegen, wie es weitergehen soll, bei dem, was
hier passiert ist.“ Nun erklärte am Montag gegenüber Sport Bild: „Es ist
doch klar, dass ich keine Lust darauf habe, ständig in Sorge zu sein. Ich
bin nicht nur Fußballprofi, sondern auch Familienvater.“ Einen Wechsel
schließt er aber momentan aus. Die Absage des Derbys am Sonntag wird die
Zweifel an einem Engagement in der Türkei nicht nur bei Podolski weiter
wachsen lassen.
Letzte Woche erklärte auch der portugiesische Trainer von Fenerbaheçe
Zweifel an der Fortsetzung seiner Tätigkeit in der Türkei. Vitor Pereira
sagte: „Ich weiß nicht, ob es noch Sinn macht, hierzubleiben und
weiterzuarbeiten.“ Es könnte bald ein Exodus der ausländischen Spieler und
Trainer drohen. Am Montag trafen sich Vertreter der Süperlig-Klubs und
Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan, um die Sicherheitslage zu besprechen.
Die Absage des Istanbul-Derbys zeigt erneut, wie real die Bedrohung von
großen Sportereignissen durch den Terror ist. Lukas Podolski muss nun schon
zum dritten Mal innerhalb von fünf Monaten ein Schreckenserlebnis
verarbeiten. Nach den islamistischen Anschlägen von Paris im November
verbrachte er nach dem Länderspiel zwischen Frankreich und Deutschland die
Nacht in den Umkleidekabinen im Stade de France.
Nur ein paar Tage später wurde in Hannover das Länderspiel gegen die
Niederlande erst kurz vor dem Anpfiff wegen einer später nicht
spezifizierten „akuten Gefährdungslage“ abgesagt. In Frankreich kam es nach
den Terroranschlägen von Paris ebenfalls zu Absagen von populären
Rugby-Spielen. Auch hier blieb die Begründung im Vagen. Im Hinblick auf die
Fußball-EM in Frankreich stehen die Sicherheitsbehörden vor einer
Herausforderung. Es ist eine große Aufgabe, ernste Terrorwarnungen von
unseriösen zu unterscheiden.
Die Fans werden sich mit noch weiter verschärften Einlasskontrollen
arrangieren müssen. Das „Worst-Case-Szenario“ für die EM ist, dass Spiele
wegen einer Terrordrohung abgesagt werden oder vor leeren Rängen
stattfinden. Dies wollen die Verantwortlichen aber unbedingt vermeiden: „Im
Moment sind Spiele vor leeren Rängen eine Option, die wir nicht in Erwägung
ziehen“, erklärte EM-Chef Jacques Lambert Anfang März.
21 Mar 2016
## AUTOREN
Tobias Schächter
## TAGS
Fußball
Terrorismus
Istanbul
Schwerpunkt Türkei
Hans-Georg Maaßen
Ankara
Schwerpunkt Türkei
Schwerpunkt Islamistischer Terror
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