# taz.de -- Kommentar zum RAW-Gelände: Tödliches Desinteresse der Politik | |
> Der Innensenator wusste von der Situation in der Gegend – und hat nicht | |
> mal versucht, etwas zu unternehmen. Doch auch für den Bezirk ist der | |
> Vorfall brisant. | |
Bild: Hier hat früher die Bahn ihre Waggons ausgebessert, jetzt wird hier leid… | |
Natürlich ist es am Ende immer am einfachsten, nach der Polizei zu rufen | |
und zu sagen: Hätten da auf und am RAW-Gelände in Friedrichshain Polizisten | |
gestanden, wäre der junge Mann, [1][der in der Nacht auf Samstag getötet | |
wurde], noch am Leben. Das kann so sein, muss aber nicht; viel zu wenig ist | |
bisher über den Fall bekannt. Und nicht zuletzt weiß jeder auch: Polizei, | |
zumal allein, ist keine Lösung, erst recht nicht in Partykiezen. | |
Dennoch ist der Fall für den Innensenator ein politisches Desaster. Hatte | |
er doch nur zwölf Stunden zuvor bei der Vorstellung der Kriminalstatistik | |
für das Jahr 2015 explizit das RAW-Gelände mit seinen vielen Clubs und | |
Konzerthallen erwähnt als Ort, wo die Zahl der gemeldeten Delikte deutlich | |
angestiegen sei. Frank Henkel wusste also um die Besonderheit der Gegend – | |
und versuchte nicht einmal zu handeln. Eindeutiger kann ein Scheitern nach | |
viereinhalb Jahren im Amt nicht sein. | |
Allerdings ist der Tod des jungen Mannes auch für den Bezirk | |
Friedrichshain-Kreuzberg eine schwierige Angelegenheit. Zwar sagt | |
Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann, man habe jahrelang bei Henkel auf | |
mehr Polizei in dem Kiez gedrängt – bisher erfolglos. Und | |
sicherheitstechnisch seien dem Bezirk darüber hinaus die Hände gebunden. | |
Doch vor gerade zwei Jahren gab es ebenfalls in Friedrichshain-Kreuzberg | |
einen ähnlichen Vorfall, der eine Reihe hektischer politischer Aktivitäten | |
auslöste: In der von Flüchtlingen besetzten Gerhard-Hauptmann-Schule wurde | |
Ende April 2014 ein 29-jähriger Marokkaner erstochen; ähnlich wie beim | |
RAW-Gelände war schon monatelang so gut wie jedem bekannt gewesen, dass | |
sich die Situation in der Schule gefährlich zugespitzt hatte. Erst nach dem | |
Tod des Mannes sah sich der Bezirk zum Handeln genötigt. | |
Es mag an der besonderen Konstellation eines CDU-Innensenators und einer | |
grünen Bezirksbürgermeisterin liegen, dass die Zusammenarbeit von Senat und | |
Bezirk schleppend bis gar nicht verläuft. Wenn dies Menschenleben fordert, | |
ist das unerträglich. | |
28 Feb 2016 | |
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## AUTOREN | |
Bert Schulz | |
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