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# taz.de -- Bob-WM in Innsbruck: Bauer sucht Bob
> Bei der Bob-WM in Innsbruck tritt „Schweiz 2“ mit einem gemischten Team
> an: ein Landwirt, ein Exprofi aus Russland und ein Leichtathlet.
Bild: Bunt gemischt, nicht viel erreicht: „Schweiz 2“ ist bislang nicht seh…
Einen Farbtupfer braucht wohl jede Bob-WM. Was 1988 noch Jamaika mit Cool
Runnings war, hat 2016 in Innsbruck die Schweiz übernommen, genauer: der
Bob „Schweiz 2“. Pilot ist Pius „Billi“ Meyerhans, für den nötigen Sc…
sorgen beim Start Marcel Dobler, Nikolai Ekimow und Marius Bröning. Das
sind, in dieser Reihenfolge: ein 48-jähriger Landwirt, ein Nationalrat der
Schweiz, ein ehemaliger russischer Bobprofi und ein leichtathletischer
Sprinter aus Deutschland. Gemeinsam nennen sie sich „A-Team“ nach der
amerikanischen TV-Kult-Serie.
Bereits im vergangenen Winter hatte der Leichtathlet Marius Bröning sich in
den Eiskanal gestürzt. Animiert von Exweltmeister Manuel Machata
beschleunigte der Sprinter vom LAV Tübingen den zweimaligen Vizeweltmeister
Johannes Lochner. Zum Saisonfinale nach Sotschi wurde der Novize, der für
den Bob-Club Stuttgart-Solitude antritt, nicht mitgenommen. Grund: zu
geringe Praxis.
„Von seiner Leistungsfähigkeit würde Marius super reinpassen“, lautete das
Urteil von Bundestrainer Christoph Langen, „aber er ist in seiner
Ausbildung noch nicht so weit, dass er auf allen Positionen laufen kann.“
Bröning war entsetzt: „Das war der Schocker.“
Diese mangelnde Erfahrung spielte für Pius Meyerhans keine Rolle. Für den
Schweizer Landwirt, der seit vielen Jahren im Europacup antritt, waren
Brönings Sprintqualitäten das ausschlaggebende Argument. Zumal er für den
schnellen Mann die Position vier vorgesehen hat. Da kann Bröning relativ
einfach mit einem Satz von hinten in den Schlitten springen.
Dass Bröning nach drei WM-Starts als Leichtathlet nun zu seinem vierten
Einsatz kommt, zeugt von der Schwäche im Schweizer Bobsport. Rico Peter ist
zumindest mit einer Mannschaft am Start, Beat Hefti, Dritter im Zweier,
hatte im vergangenen Sommer gemeinsam mit der Boulevardzeitung Blick ein
Anschieber-Casting veranstaltet. Doch die Kandidaten erwiesen sich als noch
nicht WM-tauglich. Und schon standen Oldie Meyerhans und seine Crew parat.
## „Hannibal im Eiskanal“
Marius Bröning war‘s nur recht. „Mit der Nominierung ist für mich ein Tra…
in Erfüllung gegangen“, sagt der Exsprinter, der als Fitnesstrainer in
München arbeitet. Ihm hat schon als Leichtathlet der Start in der Staffel
sehr gut gefallen. Nicht nur wegen der Bronzemedaille bei der EM 2010. „Und
dann gibt’s den Adrenalinkick“, sagt der schnelle Mann mit Begeisterung in
der Stimme, „der ist etwa eineinhalb mal so groß wie in der
Leichtathletik.“
Nicht nur der Exsprinter, sondern auch Pilot Meyerhans gab in dieser Saison
seine Weltcup-Premiere. Dabei fährt er schon seit 18 Jahren durch die
Eiskanäle – aber immer nur im Europacup. „Ich wurde vom Verband eher
verhindert denn gefördert“, sagt der Landwirt aus Emmen in der Nähe von
Luzern. Nun kam der ehemalige Kraftsportler gerade recht. Denn mit seinem
Einsatz sichert sich die Schweiz den zweiten Startplatz im Weltcup.
Meyerhans nutzt seine neue Situation perfekt aus, um sich nicht nur über
seine Leistungen ins Gespräch zu bringen. Vollmundig bezeichnet er sich als
„Hannibal im Eiskanal“.
„Die Idee war ein Türöffner und ist extrem gut angekommen“, sagt Pilot
Meyerhans nicht ohne Stolz. Bei der Sponsorensuche seien auch die Kontakte
von Marcel Dobler, einem ehemaligen Zehnkämpfer, Gründer eines
Online-Verkaufshauses und Schweizer Nationalrat, hilfreich gewesen. Ekimow
und Bröning müssen nur noch anschieben.
## Zusammenstoß mit einem Gepäckfahrzeug
Damit der in Herrenberg geborene Bröning überhaupt für die Schweiz antreten
kann, müssen zwei Voraussetzungen erfüllt sein. Zum einen benötigt er einen
Wohnsitz in der Schweiz, zum anderen eine Arbeitsgenehmigung. Für beides
hat Meyerhans gesorgt.
Nicht nur im Eiskanal hat Marius Bröning in diesem Winter atemraubende
Situationen erlebt. Ein Sturz am Königssee verlief genauso glimpflich wie
das Ende einer 36-Stunden-Anreise zum Weltcup in Park City. Bei der Landung
in Salt Lake City musste der Jet bei der Landung zunächst durchstarten,
später verhinderte nur eine Vollbremsung einen Zusammenstoß mit einem
Gepäckfahrzeug.
Nach seinem ersten WM-Start hat Pius Mayerhans das nächste Ziel im Visier.
„Wenn ich gesund bleibe und weiterhin Spaß habe, können die Olympischen
Spiele 2018 schon ein Thema werden“, sagt der Pilot. 30 Jahre nach „Cool
Runnings“ käme dann das A-Team. Allerdings müsste er sich dann einen neuen
Anschieber suchen, denn bei Olympischen Spielen sind gemischte Teams nicht
zulässig. Und Schweizer will Marius Bröning nicht werden.
22 Feb 2016
## AUTOREN
Klaus-Eckhard Jost
## TAGS
Bob
Schweiß
Wintersport
Sotschi 2014
Sotschi 2014
Sotschi
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