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# taz.de -- Pegida-Demonstration in Prag: Das Eurovision der Islamhasser
> 4.000 Menschen sind zur Pegida-Demo in Prag erschienen. Die Redner lassen
> auf dem Podium ihren Bedrohungsfantasien freien Lauf.
Bild: Sehr realistische Vorstellungen vom Konflikt: Pegida-Demonstranten in Prag
Prag taz | Der tschechische Schulterschluss mit Pegida hat sich am Samstag
Nachmittag vollendet. Die islamophobe Bewegung hatte zu einem
„internationalen Aktionstag“ aufgerufen. In Tschechien folgten über 4.000
Menschen dem Ruf, um auf dem Burgvorplatz gegen eine drohende
„Islamisierung des Abendlandes“ zu demonstrieren.
Live-Schalten aus Dresden und Reden auf Tschechisch und Deutsch
verschafften der Demo den Flair von Eurovision in den 70er Jahren. Auch das
fortgeschrittene Durchschnittsalter der Demoteilnehmer hatte etwas von
Schlagerveranstaltung. „My jsme tady doma“ – „Wir sind hier zu Hause“
skandierten die Teilnehmer immer wieder zwischen den Reden auf Tschechisch,
Deutsch und Englisch. Die drehten sich vor allem um zwei Feindbilder:
„wilden Muselmanen“ und Angela Merkel.
„Die Flüchtlingskrise ist eine unbewaffnete Invasion junger Männer, die
verdeckt an terroristische Organisationen gekoppelt sind“, erklärte der
Anführer des „Block gegen den Islam“, Martin Konvicka gleich zu Beginn der
Demonstration und brachte so die Menge in Stimmung. „Und wie sie mit uns
umgehen wollen, haben sie in Paris und an Silvester gezeigt“, gab Konvička
noch einen drauf.
Wer für die „Invasion“ verantwortlich ist, machte kurz darauf Miroslav
Lidinsky klar, ein Afghanistan-Veteran und Vorsitzender der
islamfeindlich-populistischen Kleinpartei „Morgenröte“ (Úsvít). „Wir w…
Merkel stoppen!“, erklärte Lidinsky. Denn Merkel habe nicht nur den ganzen
Schlamassel zu verantworten, sondern fördere, zusammen mit ihren
tschechischen „Kollaborateuren“, Ministerpräsident Bohuslav Sobotka und
Menschenrechtsminister Jiří Dienstbier, „gesellschaftliche Parasiten“.
Nachdem weitere Redner auf dem Podium direkt vor der Prager Burg ihren
Bedrohungsfantasien freien Lauf gelassen hatten (“Kinder können nicht mehr
auf die Straße, „Infektionskrankheiten“, „Aggressoren“), ertönte mehr…
der Ruf „Wir sind hier zu Hause“, bevor zum krönenden Abschluss von einer
„Festung Europa“ fabuliert und dann endlich die tschechische Nationalhymne
abgesungen wurde. Diese beginnt bezeichnenderweise mit der Frage „Wo bin
ich zu Hause?“.
In einer multikulturellen Gesellschaft jedenfalls nicht. Wie viele Muslime
in Tschechien zuhause sind, kann keiner ganz genau sagen. Laut der letzten
Volkszählung von 2011 sind es wohl kaum mehr als 2.000 sein. Die
muslimischen Gemeinden jedoch sprechen von etwa 20.000. Die
Flüchtlingswelle des vergangenen Jahres ist in Tschechien dabei so gut wie
gar nicht eingeschlagen. Bis Ende September 2015 waren knapp 1000
Asylanträge eingereicht worden. Nur zehn Prozent davon von Menschen aus
Ländern mit muslimischer Mehrheit.
6 Feb 2016
## AUTOREN
Alexandra Mostyn
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Islamophobie
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Tschechien
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