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# taz.de -- Nord-Grüne vor der Wahl: „Robert Habeck ist kein Halbgott“
> Die Fraktionschefin der Grünen im Landtag von Schleswig-Holstein, Eka von
> Kalben, über Kandidaten, Koalitionen und die Verteilung von Flüchtlingen.
Bild: Noch in Schleswig-Holstein, bald in Berlin? Über ablaufendes Wasser kann…
taz: Frau von Kalben, die Landesregierung aus SPD, Grünen und SSW könnte es
tatsächlich schaffen, bis 2017 im Amt zu bleiben – zum ersten Mal in
Schleswig-Holstein seit mehr als einem Jahrzehnt. Haben Sie überhaupt noch
Themen für den Rest der Legislaturperiode?
Eka von Kalben: Aber sicher! Neben den vielen Fragen im Zusammenhang mit
dem Zuzug von Flüchtlingen geht es uns Grünen besonders um den Klimaschutz,
den wir dringend mit konkreten Maßnahmen unterlegen müssen. Ein Dauerthema
in Schleswig-Holstein ist auch der Umbau der Landwirtschaft: Angesicht der
großen Nachfrage nach Bio-Produkten brauchen wir mehr Höfe die diese
herstellen.
Schauen wir mal auf die Flüchtlingspolitik. Die Regierung wollte die
Menschen ursprünglich in den Uni-Städten unterbringen, nun werden überall
in ländlichen Kasernen Unterkünfte eröffnet – Plan gescheitert?
Dieser Plan wurde Anfang 2015 angegangen. Seither hat sich die Welt
geändert. Und ich denke, dass dezentrale und ländliche Erstaufnahmen gar
nicht schlecht sind. Dort können die Leute erstmal zur Ruhe finden,
ärztliche Untersuchungen durchlaufen und dann in die Kommunen weitergehen.
Da muss dann die Integration stattfinden.
Aber viele Kommunen fühlen sich überfordert.
Natürlich ist das eine Riesenherausforderung! Allein was die Unterbringung
angeht - besonders die Kommunen und Städte am Hamburger Rand klagen über
mangelnden Wohnraum. Daher hat die Landesregierung ein Wohnungsbauprogramm
aufgelegt. Der entscheidende Punkt ist, Bauflächen zu finden. Und da ist
Schleswig-Holstein in einer guten Position, weil es Gebiete gibt, die Zuzug
wollen und brauchen. Hier haben wir es besser als Hamburg. Ich halte es
deshalb für sinnvoll, wenn wir hier nach norddeutschen Lösungen suchen.
Wäre das möglich – Flüchtlinge werden doch nach festen Quoten auf die
Länder verteilt?
Ich sage mal: Wo ein Wille ist...
Streit gibt es in der Regierung immer wieder um die Infrastruktur, etwa
beim Ausbau der A 20 oder auch beim Fehmarnbelt. Oder haben die Grünen
inzwischen ihren Widerstand gegen die feste Querung aufgegeben?
Der Widerstand ist noch da - aber Fakt ist, dass wir auf Landesebene nur
begrenzte Möglichkeiten haben, uns gegen eine Entscheidung des Bundes zu
stellen. Aber bei der Abwägung, ob wir uns aus grundsätzlichen Bedenken gar
nicht an der Debatte beteiligen oder uns in die Planung der
Hinterlandanbindung einmischen, um diese so ökologisch und erträglich für
die Anwohner wie möglich zu gestalten, haben wir uns für Letzteres
entscheiden.
Aber Verkehrsminister Reinhard Meyer von der SPD plant fröhlich vor sich
hin – wo bitte mischen sich die Grünen ein?
Unser Umweltminister ist Robert Habeck zuständig für die ökologischen
Fragen der Raumplanung, da gab es große Auseinandersetzungen. Die
Möglichkeit, den Staatsvertrag aufzulösen, haben die Grünen nicht. Wir
äußern uns, aber Fehmarn besetzen und uns vor einen Bagger setzen können
wir nicht.
Das wäre allerdings eine ur-grüne Herangehensweise...
Na, zurzeit rollt ja noch kein Bagger….
Ein weiterer Streitpunkt ist der Ausbau der A20. Auch hier plant der
Verkehrsminister über die A7 hinaus, obwohl sich die Koalition auf etwas
anderes geeinigt hatte.
Der Koalitionsvertrag sieht vor, dass maximal bis zur A7 gebaut wird, aber
darüber hinaus darf geplant werden. Wir Grüne sind allerdings skeptisch, ob
man die Planungskosten investieren sollte, solange nicht klar ist, wie es
weitergeht.
Die A20 soll Verkehrsströme an Hamburg vorbei lenken. Insofern wäre eine
weitere Elbquerung doch auch verkehrspolitisch sinnvoll?
Ich kann verstehen, dass aus Hamburger Sicht eine Entzerrung dieses Knotens
sinnvoll wäre, aber wir sehen den Sinn der A20 trotzdem nicht. Die geplante
Elbquerung ist zu weit weg von der Stadt, um eine echte Entlastung zu
bringen. Wir wollen stattdessen mehr Pendler auf die Bahn bringen.
Im Jahr 2017 droht nicht nur die Landes-, sondern auch die Bundestagswahl,
für die Robert Habeck als Spitzenkandidat antreten möchte. Gesetzt den
Fall, er gewinnt den parteiinternen Wettkampf: Wie will die Landespartei
ohne ihren Halbgott antreten?
Weder sehe ich die Wahl als Bedrohung, noch glaube ich, dass Robert Habeck
ein Halbgott ist...
Vielen Dank für die Klarstellung!
Natürlich ist er ein Superpolitiker, aber wir haben viele gute Leute und
sind vor allem eine Themenpartei. Daher bin ich guten Mutes, dass wir es
ohne ihn schaffen. Und, nicht zu vergessen, wenn er es im Bund schafft,
brächte das der Landespartei eher Rückenwind.
Zurzeit sitzt für Schleswig-Holstein der Innenexperte Konstantin von Notz
im Bundestag. Er könnte seinen Platz verlieren, wenn Habeck antritt – oder
erwägt der Landesverband, seine Frauenquote zu lockern und beide Männer
nach Berlin zu schicken?
Wir werden nicht von der Frauenquote abweichen. Sie ist ein wichtiges und
hohes Gut der Grünen, und je länger ich den Politik-Betrieb erlebe, desto
wertvoller finde ich dieses Instrument. Wie sich diese Personalfrage
entscheidet, kann ich heute noch nicht sagen. Ich wünsche mir auf jeden
Fall eine wichtige Rolle für Konstantin. Seine Arbeit im Bundestag ist
wirklich hervorragend und sehr wichtig für die Grünen und für das Land.
Nach der Kandidaten- die Koalitions-Frage: Wagen die Grünen in
Schleswig-Holstein 2017 endlich Schwarz-Grün?
Wir haben beschlossen, keine Ausschließeritis zu betreiben...
... was die Tür zu Schwarz-Grün öffnet.
Wir schließen die Zusammenarbeit mit keiner demokratischen Partei aus, aber
wir sind sehr zufrieden mit der jetzigen Koalition und wollen gern über
2017 hinaus mit SPD und SSW zusammenarbeiten. Es gibt also keinen Grund,
mit einer CDU, die sich gerade auf einen, sagen wir mal strikteren Kurs in
der Innenpolitik einfährt, ein Bündnis zu suchen.
Mit welchem Top-Thema gehen die Grünen in die Wahl, Kita oder Klima?
Klima auf jeden Fall – mir ist wichtig, dass die Grünen hier einen
Schwerpunkt setzen, wofür sie gegründet wurden. Aber das heißt nicht, dass
wir Themen wie Bildung oder offene Gesellschaft vernachlässigen.
Zur Wahl 2012 sind die Grünen mit dem Slogan „Für hier mit dir“ angetreten
– wie heißt das nächste Programm? „Für da mit du“?
Hmm – ehrlich gesagt, haben wir noch keinen Spruch festgelegt. Bei den
Menschen soll ankommen, dass wir Grüne uns in Schleswig-Holstein dafür
einsetzen, Politik nicht nur für morgen, sondern auch für übermorgen zu
machen: nicht Sprint, sondern Langstrecke.
10 Jan 2016
## AUTOREN
Esther Geißlinger
Sven-Michael Veit
## TAGS
Schwerpunkt Landtagswahlen
Robert Habeck
Schleswig-Holstein
Unterbringung von Geflüchteten
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