# taz.de -- Kolumne Die Kriegsreporterin: Ein fatales Signal | |
> Bei der „Süddeutschen“ gab es die Jahressause. Und bei Vox wird die | |
> „Höhle des Löwen“ mit dem allseits bekannten Carsten Maschmeyer besetzt. | |
Bild: Der ehemalige AWD-Chef Carsten Maschmeyer wird jetzt Juror bei VOX. | |
Hallo taz-Medienredaktion! | |
Da bin ich! Und, du ahnst es, das ist keine Selbstverständlichkeit. Denn am | |
Montagabend war in Berlin die Jahressause der Süddeutschen Zeitung. Und, du | |
erinnerst dich, ich hatte es mir im Vorfeld schon versaut, einfach mal | |
reizend in der Gegend rumzustehen und beredt zu schweigen. Ja, du ahnst es, | |
da hilft nur Alkohol. In übermäßigem Maße. Wodka Sour. Mein aktuelles | |
Lieblingsgetränk. | |
Immerhin bin ich gegangen, als es am schlimmsten wurde und hochbezahlte | |
Superschreiber anfingen, sich danebenzubenehmen. Man muss ja aufpassen, in | |
welche Kreise man hineingerät. Es reicht ja schon, am Morgen aufzuwachen | |
und das Erste, was das müde Auge in dem brummenden Köpfchen vom Gästebett | |
der Freundin aus erblickt, ist der „Farbatlas der Vulvaerkrankungen“. | |
Neulich, als das Bett ein paar Zentimeter woanders stand, war es: | |
„Hautkrankheiten und venerische Infektionen“. Ich denke, da ist es jetzt an | |
der Zeit, das eigene Bett in Berlin aufzustellen. In diesem Sinne: Wohnung | |
gesucht, ab drei Zimmern, gern Schöneberg. | |
Ansonsten war es natürlich ein toller Abend und es war schön zu sehen, wie | |
gut es den Kollegen aus München tut, Metropolenluft zu atmen und einfach | |
mal Mensch zu sein. Statt eines Korsetts, geschnürt mit den Strippen der | |
Provinz, trugen manche wilde Kleider und ließen dem Fall ihres Haars freien | |
Lauf. | |
Schön war die Möglichkeit, sich beim Moralonkel Erlinger beschweren zu | |
können, dass es nie eine Antwort auf die eingereichte Frage gab, ob eine | |
Mutter eine schlechte Mutter ist, wenn sie aus der Dose mit den zwei | |
Apfelsorten, von denen die eine leckerer ist, eben diese für sich | |
herauspickt und dem Kind, das eh alles isst, den weniger schmackhaften | |
Apfel überlässt. | |
Herr Erlinger meinte, sich an die Frage zu erinnern und auch sie nicht | |
beantwortet zu haben, weil die Antwort die Mutter in einem sehr, sehr | |
schlechten Licht hätte erscheinen lassen. | |
Auch toll war es, taz-KollegInnen wiederzutreffen und den Künstler mit der | |
Duftorgel kennenzulernen. Laberrhabarber. | |
Du merkst schon, taz-Medienredaktion, ich sabbel mir hier einen ab und | |
werde meiner Aufgabe, voll fiese, fette, dicke Dinger zu berichten, nicht | |
gerecht. Das tut mir einerseits auch echt voll leid. Andererseits, was soll | |
ich sagen? Gut, es ist nicht so, dass es nicht das ein oder andere Schlimme | |
zu berichten gäbe. Aber das Köpfchen ... Das ist alles viel zu viel heute. | |
Zu komplex. | |
Zum Beispiel die verrückte Situation bei Gruner + Jahr, wo vor einem Jahr | |
noch jeder vor die Tür gesetzt wurde, der nicht in der Vorstandsetage | |
angenagelt war, und wo man jetzt, im Zuge der | |
Scheinselbständigkeitshysterie, sich die wildesten | |
Beschäftigungsverhältnisse ausdenkt und freie Journalisten in eine | |
existenzielle Bredouille bringt. Oder der Fernsehsender Vox, der seine sehr | |
gute Sendung „Die Höhle der Löwen“, in denen Leute Unternehmern ihre | |
Geschäftsidee vorstellen, jetzt mit Carsten Maschmeyer besetzen wird. Was | |
vor dem Hintergrund, dass Maschmeyer – um es vorsichtig auszudrücken – eine | |
fragwürdige Person ist, ein fatales Signal darstellt. | |
Oder dass die taz jetzt im ersten Andruck, der in den neuen Bundesländern | |
erscheint, zweimal die Woche eine Ost-Seite bringen will und diese | |
„Neuland“ nennt. Was nicht nur die Frage aufwirft, ob es im Osten wohl | |
schon Strom gibt, sondern auch, über wen da geschrieben werden soll. | |
Die Nazis sind eh jeden Tag in der Zeitung, und ansonsten ist der Osten ja | |
recht leer. Ist vielleicht ’ne Seite mit viel Weiß. Zur Entspannung. Die | |
guck ich dann auch immer an, wenn ich erst mal in Berlin wohne. Und damit | |
zurück ins Hauptstadtbüro! | |
20 Jan 2016 | |
## AUTOREN | |
Silke Burmester | |
## TAGS | |
Süddeutsche Zeitung | |
VOX | |
Gruner + Jahr | |
taz | |
Carsten Maschmeyer | |
Die Kriegsreporterin | |
Gruner + Jahr | |
Gruner + Jahr | |
Schwerpunkt Rassismus | |
Die Kriegsreporterin | |
Stern | |
Medienkrise | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Kolumne Die Kriegsreporterin: Der Königspudel der Talkshowtalker | |
Roger Willemsen stirbt 20 Jahre zu früh, Thomas Gottschalk bekommt eine | |
Sendung bei RTL und Gruner + Jahr ist beeindruckend unfähig. | |
Kolumne Die Kriegsreporterin: „Es gibt kein Gemeinschaftsgefühl“ | |
Unsere Kolumnistin heute in einem Schlapphut-Spezial: ein Interview mit | |
einem Mitarbeiter von Gruner + Jahr. Stichwort Scheinselbstständigkeit. | |
Kolumne Die Kriegsreporterin: Kaviar- und Krimsekt-Engpass | |
Der WDR, die Versuchsküche der ARD-Sender, hat sich nun was total | |
Verrücktes ausgedacht. Wird der Kaviar knapp, ist allerdings die | |
Bild-Zeitung schuld. | |
Kolumne Die Kriegsreporterin: Sie meinen „Pimmelmacht“ | |
„Focus“, „Stern“, „SZ“: Wer hat Angst vorm schwarzen Mann? Die Medi… | |
wenn er kommt? Dann hyperventilieren sie. | |
Kolumne Die Kriegsreporterin: Tschiller-Diller-Piller-Tourette | |
Der neue DJV-Chef? Frank-Überall-kompetent. Bei Til Schweiger sind Namen | |
Knall und Rauch. Wie Journalisten heißen, weiß keiner. | |
Kolumne Die Kriegsreporterin: Mit der Bratpfanne zum „Stern“ | |
Hip-Hop kann doch niemand ernst nehmen. Und um den Bubi Stefan Raab sollte | |
niemand heulen. Über den Rechtsruck der „Weltwoche“ schon. | |
Kolumne Die Kriegsreporterin: Mehr Pferde als vorm Ersten Weltkrieg | |
Die „Süddeutsche Zeitung“ wird zum Kreml der deutschen Medienlandschaft und | |
Trendforschung ist ein alter Militärgaul. | |
Mexikanische Journalistin Marcela Turati: „Wir brauchen Solidarität“ | |
Marcela Turati spricht über die unhaltbaren Zustände in Mexiko und ihre | |
persönlichen Erfahrungen mit posttraumatischem Stress. |