# taz.de -- Aus der Sonderausgabe „Charlie Hebdo“: Eine Frage an die Karika… | |
> Selbstporträts der Karikaturisten und Antworten auf: „Hat sich für dich | |
> und deine Arbeit nach den „Charlie-Hebdo“-Anschlägen etwas verändert?“ | |
Kittihawk | |
„Meine Arbeit als Karikaturistin ist dieselbe geblieben. Aber etwas ist | |
anders geworden: Wenn ich sage, ich sei Karikaturistin, wird das auch so | |
verstanden, früher gab es manchmal Gegenfragen: Was bist du? Gitarristin?“ | |
Kittihawk ist Jahrgang 1972, wurde geboren in Recklinghausen, studierte | |
Grafikdesign an der Hochschule für Künste Bremen, lebt in Berlin und | |
zeichnet unter anderem für die taz, die Zitty, die Titanic und den Spiegel. | |
*** | |
Coco | |
Nicht mehr zu zeichnen, nach dem was unserem Blatt widerfahren ist? Das | |
kommt für mich nicht infrage. Zeichnen ist die Essenz für mich. Und wird es | |
immer bleiben.“ | |
Coco lebt in Paris, ist Jahrgang 1982 und arbeitet Vollzeit für Charlie | |
Hebdo sowie als Illustratorin. Außerdem veranstaltet sie Comicworkshops, | |
zeichnet im Fernsehen auf Arte („28 Minuten“) und in vielen anderen | |
französischen Medien. | |
*** | |
Nadia Khiari | |
„Am Tag des Anschlags habe ich Tignous eine E-Mail geschrieben, um | |
sicherzugehen, dass es ihm gutgeht. Er war schon tot. Es war ein Albtraum. | |
Mein Zeichnen hat sich nicht verändert. Aber ich habe jetzt umso mehr | |
Gründe, weiterzuzeichnen.“ | |
Nadia Khiari wurde 1973 in Tunis geboren, während der Revolution 2011 | |
entwickelte sie ihre populäre Cartoonfigur Willis from Tunis, die das | |
gesellschaftliche Geschehen kommentiert. | |
*** | |
Andreas Prüstel | |
„Ich zeichne nach wie vor das, was ich für richtig halte und vertreten | |
kann. Erst einmal habe ich Mohammed gezeichnet und würde auch wieder diese | |
Reizfigur abbilden. Aber nicht, um zu provozieren, sondern nur, wenn es der | |
Anlass hergibt.“ | |
Andreas Prüstel wurde 1951 in Leipzig geboren, veröffentlichte nach dem | |
Ende der DDR erste Zeichnungen und lebt heute in Berlin, wo er zum Beispiel | |
für den Eulenspiegel zeichnet. | |
*** | |
Kriki | |
„Wie genau sich für mich etwas geändert hat, weiß ich noch nicht. Die | |
dunkle Wolke ist wohl eher zu einem diffusen Nebel geworden. Damals dachte | |
ich bei jedem Klingeln an der Tür darüber nach, wer wohl davor stehen | |
könnte, dieses bange Gefühl ist lange verschwunden.“ | |
Kriki wurde 1959 im niedersächsischen Lamstedt geboren, lebt seit Langem in | |
Berlin und veröffentlicht seine Collagen in allerlei Medien wie auch der | |
taz. | |
*** | |
Klaus Stuttmann | |
„Meine Arbeit hat sich seitdem eigentlich nicht verändert. Ich bin schon | |
vorher etwas vorsichtiger geworden und achte mehr drauf, dass eine | |
Zeichnung eindeutig ist und nicht missverstanden werden kann. Die Morde an | |
den Kollegen verdeutlichten nur noch mal drastisch, dass es tatsächlich so | |
brutal kommen kann.“ | |
Klaus Stuttmann wurde 1949 geboren, lebt in Berlin und arbeitet für viele, | |
viele Medien. | |
*** | |
Delucq | |
„Meine Art zu zeichnen hat sich nach den Attentaten null verändert, ich | |
habe auch keine Angst vor Übergriffen. Mir ist aber bewusst geworden, dass | |
ich eine Lebensart verteidige. Eine Lebensart, die den Humor und das Recht | |
auf Abseitigkeit respektiert.“ | |
Xavier Delucq ist Jahrgang 1970 und lebt bei Paris als Zeichner, Musiker | |
und Lehrer. Als Delucq veröffentlicht er u. a. in Satire Hebdo und | |
Huffington Post. | |
*** | |
Nel | |
„Meine Arbeit hat sich nicht geändert. Die Welt aber hat sich weiter und | |
schneller in eine Richtung bewegt, die mir nichts Gutes verspricht. | |
Rassismus, Nationalismus, Hass, Intoleranz, blinde Wut, keine Stimme der | |
Vernunft weit und breit. Darf die Satire das ignorieren? Also weitermachen, | |
noch geht was.“ | |
Nel wurde 1953 im rumänischen Cluj-Napoca geboren, er lebt und arbeitet in | |
Erfurt als Cartoonist für diverse Medien. | |
*** | |
Michael Holtschulte | |
„Das Bewusstsein um eine akute Bedrohungslage ist größer geworden, da die | |
Anschläge so nah gekommen sind. Dadurch macht man sich zum Beispiel sehr | |
viele Gedanken über Veranstaltungen, die früher selbstverständlich waren, | |
aber die reine Arbeit als Karikaturist hat sich nicht verändert.“ | |
Michael Holtschulte wurde 1979 in Herne geboren, lebt in Herten und | |
zeichnet quer durch den Garten der deutschen Presse. | |
*** | |
Burkhard Fritsche | |
„Meine Arbeit hat sich nicht verändert. Nur ab und zu bin ich auf die | |
besonderen Gefahren des Karikaturistendaseins in allgemeinen Unterhaltungen | |
angesprochen worden. Niemand hat mich bedroht oder fiese Mails oder so | |
etwas geschickt.“ | |
Burkhard Fritsche wurde 1952 in Mölln geboren, er wuchs in Mönchengladbach | |
auf, studierte Bildende Kunst in Münster und lebt als weltgrößter | |
Nasenzeichner für allerlei Medien in Köln. | |
*** | |
Ari Plikat | |
„Meine Arbeit als Zeichner hat sich im vorigen Jahr nicht wesentlich | |
geändert, auch wenn das Thema im Denken etwas mehr präsent ist. Seit ich | |
denken kann, weiß ich, dass die Menschenwelt arschlochhaft sein kann. Ich | |
weiß nur oft nicht, wie ich das mit meinen Mitteln, meinem Humor darstellen | |
soll.“ | |
Ari Plikat wurde 1958 in Lüdenscheid geboren, ausgebildet in Leeds und | |
Dortmund und gilt als Meister des groben Klotzes. | |
*** | |
Mario Lars | |
„Ich saß, wie wahrscheinlich alle anderen, am Tag des Anschlags auch am | |
Zeichentisch. Erst wollte ich gar nicht zeichnen. Dann habe ich aber doch | |
den Stift in die Hand genommen. Nur Farbe, die ging nicht an diesem Tag. | |
Meine Farbfiguren waren grau. Nein, meine Arbeit als Karikaturist hat sich | |
sonst nicht verändert.“ | |
Mario Lars wurde 1964 in Mecklenburg-Vorpommern geboren, wo er noch immer | |
gern lebt. | |
*** | |
Mathias Hühn | |
„Die Arbeit hat sich für mich nicht verändert. Ich habe schon vor Charlie | |
Hebdo keinen Sinn darin gesehen, einfach nur Mohammeds zu zeichnen, sondern | |
ich arbeite eher an Karikaturen, die sich direkt mit den Islamisten | |
beschäftigen.“ | |
Mathias Hühn wurde 1968 in Hanau am Main geboren, kam nach einem | |
universitären Umweg über Freiburg nach Berlin, von wo aus er die Medienwelt | |
mit Karikaturen beliefert. | |
*** | |
Rattelschneck | |
„Ich habe mehr Aufträge gehabt, und die Satirezeitschrift Titanic, für die | |
ich auch arbeite, hat mehr Abonnenten. Meine Zeichnungen sind besser | |
geworden. Mein Humor ist noch immer sehr gut, inhaltlich kamen für mich | |
neue Aspekte hinzu.“ | |
Rattelschneck sind Marcus Weimer und Olav Westphalen, beide wurden geboren | |
1963 in München bzw. Hamburg und veröffentlichen vielerorts. | |
*** | |
Beck | |
„Nein.“ | |
Beck wurde 1958 in Leipzig geboren, wohin er zu Beginn des 21. Jahrhunderts | |
zurückgekehrt ist. Aus der großen weiten Welt mit zurückgebracht hat er | |
seinen sehr speziellen Blick auf die Eigenheiten des Menschen, der in | |
seinen feinen Strich einfließt. Und selbstverständlich seine Lakonie, mit | |
der auf unnachahmliche Weise auch die ihm hier gestellte Frage | |
beantwortete. | |
*** | |
©Tom | |
„Meine Arbeit hat sich durch die Anschläge im vergangenen Jahr nicht | |
verändert. Ich mache sehr wenig Politkaris. Eher Unterhaltung. Und die | |
Spinner, über die ich mich da lustig mache, sind keine eingebildeten | |
Killerarschlöcher.“ | |
©Tom wurde 1960 in Säckingen geboren, wuchs in Lörrach auf und lebt in | |
Berlin als Witzbildchenzeichner des täglichen „Touché“ auf der | |
Wahrheit-Seite. | |
6 Jan 2016 | |
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