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# taz.de -- Antirassistische Kampagne in Birma: Mit Selfies für Toleranz
> Die neue Regierung Birmas schweigt dazu, wie sie ethnische Konflikte im
> Land lösen will. Birmesen haben nun eine Selfie-Kampagne gestartet.
Bild: „Myfriend“: Zwei Frauen fotografieren sich in Birma.
Rangun taz | Die Wahlen in Birma am 8. November waren ein Meilenstein für
die Demokratiebewegung in der früheren Militärdiktatur. Profitieren können
davon aber nicht alle Teile der Bevölkerung. Das Land wird gespalten von
Spannungen zwischen verschiedenen Religionen und Ethnien, das neu gewählte
Parlament und die siegreiche Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi
halten sich nach wie vor bedeckt, wie sie das Problem lösen wollen.
Birmesen ergreifen deshalb selbst die Initiative.
Zum Beispiel mit einer Selfie-Kampagne in den sozialen Netzwerken. Vor
allem Facebook erfreut sich im ehemals abgeschotteten Birma seit kurzer
Zeit sehr großer Beliebtheit. „Es gibt genug Beispiele dafür, dass sich
Menschen unterschiedlicher Ethnien und Religionen in unserem Land prächtig
verstehen“, sagt Menschenrechtsaktivistin Wai Wai Nu. Die junge Frau
startete deshalb den Hashtag „Myfriend“: Birmesen kennzeichnen damit in den
sozialen Netzwerken Smartphone-Fotos, auf denen sie gemeinsam mit Freunden
anderer Religionen posieren und so Toleranz zeigen.
Die Kampagne startete im Sommer kurz nachdem die Flüchtlingskrise im Golf
von Bengalen ihren Höhepunkt erreicht hatte. Tausende, darunter vor allem
Angehörige der muslimischen Minderheit der Rohingya, flohen auf Booten aus
Lagern, in denen sie seit 2012 segregiert von den Buddhisten ein tristes
Dasein fristen.
Kurz nachdem die Militärdiktatur damals mit demokratischen Reformen
begonnen hatte, kam es in mehreren Landesteilen zu gewaltsamen
Ausschreitungen zwischen Muslimen und Buddhisten. Letztere machen in Birma
rund 90 Prozent der Bevölkerung aus.
Die Militärjunta hatte die Minderheiten jahrzehntelang entrechtet. Seit
über sechzig Jahren herrscht zwischen der Zentralregierung und mehreren
ethnischen Gruppen Krieg. Ein Waffenstillstandsabkommen im Herbst konnte
bisher daran wenig ändern. Die Generäle sperrten Wai Wai Nus samt ihrer in
der Demokratiebewegung aktiven Familie ins Gefängnis. „Als wir 2012 endlich
freikamen, wurden wir in unserem eigenen Land plötzlich behandelt wie
Fremdkörper“, erzählt sie. Wai Wai Nu ist Rohingya.
## Ohne Hashtags nicht nachvollziehbar
Kein einziger der im November gewählten Parlamentarier der Nationalen Liga
für Demokratie (NLD) von Aung San Suu Kyi ist muslimisch. Der
Friedensnobelpreisträgerin wird vorgeworfen, bei der Kandidaten-Nominierung
dem Druck national-buddhistischer Mönche nachgegeben zu haben. Diese sind
auch verantwortlich für ein im Sommer von der militärnahen Regierung
verabschiedetes Gesetzespaket. Die sogenannten Rasse- und Religionsgesetze,
die Ehen zwischen Angehörigen unterschiedlicher Glaubensrichtungen
erschweren, sehen Menschenrechtsaktivisten vor allem als Angriff auf die
muslimische Minderheit.
Was die Myfriend-Kampagne bisher tatsächlich bewirkt hat, ist schwer zu
sagen. Wie viele Fotos veröffentlicht wurden, steht nicht fest: „Viele
Birmesen beherrschen das Konzept von Hashtags in den sozialen Netzwerken
nicht, deshalb können wir nicht alles nachvollziehen“, feixt Wai Wai Nu,
die selbst täglich mehrere Tweets absetzt.
Dass Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi sich bisher nicht im
erwünschten Maße für die Muslime im Land einsetzt, hält Wai Wai Nu für
politische Taktik, die sie sogar nachvollziehen kann. Allerdings hätten
Muslime sich seit jeher an Aung San Suu Kyis Seite für die
Demokratiebewegung engagiert. Wai Wai Nu saß dafür ein Viertel ihres Lebens
im Gefängnis. „Es ist nicht akzeptabel, dass man uns jetzt, wo Birma
endlich in eine bessere Zukunft blickt, im Stich lässt“, sagt sie.
27 Dec 2015
## AUTOREN
Verena Hölzl
## TAGS
Schwerpunkt Myanmar
Aung San Suu Kyi
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Rohingya
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