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# taz.de -- Das Sportjahr 2016: Lockere, lässige Landung
> Die neue Fifa-Präsidentin, deutsches Golfgold bei Olympia, Kloppo 2016
> und die gefeierte Rückkehr eines Steuerwäschewarts. Eine Vorschau.
Bild: Nach 360 Stunden Live-Wintersport in ARD und ZDF, teilweise neun Stunden …
Zürich, 6. Januar: Fifa-Skandale-Greis Joseph S. Blatter (179) verzichtet
nach seiner achtjährigen Sperre überraschend auf alle Rechtsmittel. „Ich
weiß das Feld gut bestellt“, verkündet er unheilschwanger. Die Sportwelt
rätselt.
Zürich, 26. Februar: Überraschend wird Corinne Blatter Andenmatten (54),
einzige Tochter von Sepp Blatter, zur Fifa-Chefin gewählt. „Frauen haben in
meinem Leben immer eine große Rolle gespielt“, sagt der erblassende Pate
nach drei Ehen, „da ist die familiäre Übernahme der Fifa-Familie nur
konsequent“. Corinne gibt zu Protokoll: „Ich bin so stolz, jetzt die Fifa
zu sein.“
Köln, 27. Februar: Weltweit bejubeln Frauenrechtlerinnen die Wahl. „Eine
der größten Männerbastionen ist geschleift“, freut sich Alice Schwarzer,
„jetzt wird der Fußball endlich weiblicher.“ Blatter Andenmatten bedankt
sich artig und fachlich versiert: „Ich weiß auch als Frau, wie man
Überweisungen auf die Caymans ausfüllt.“
Schneehausingen am Eishang, 5. März: Nach 360 Stunden Live-Wintersport in
ARD und ZDF, teilweise neun Stunden am Stück, ist die Nation besoffen von
den unzähligen Erfolgen deutscher Athletinnen. „Die Weltcup-Triumphe von
Miriam Bachmann und Tina Gössner im Alpinski von der Großschanze, dazu die
Seriensiegerinnen Dajana Eitberger, Natalie Geisenberger und Denise
Winkler-Herrmann im Freestyle Triplebob sind Meilensteine des
Wintersports“, jubelt Bundestrainerin Severina Freund. Victoria Rebensstein
und Claudia Pechburg werden nach ihrem Doppelerfolg beim
Holmenkollen-Langlauf von Illiamahti-Illuminitia in Mittellappland als
„Botschafterinnen des Schneewesens“ ausgezeichnet.
Dortmund, 14. Mai: Borussia Dortmund ist nach einem 4:0 gegen Absteiger 1.
FC Köln mit 15 Punkten Vorsprung deutscher Meister. 300.000 feiern auf dem
Borsigplatz. „Keines der 16 anderen Bundesligateams konnte uns dieses Jahr
das Wasser reichen“, sagt stolz Wassertrinker Thomas Tuchel bei der
Entgegennahme des Ehrentitels „Kloppo 2016“. Das Original lässt sich in
Liverpool für „The normal Platz 5“ feiern.
Mailand, 28. Mai: Manchester City gewinnt dank zahlreicher grotesker
Schiedsrichterpfiffe mit 3:2 gegen Bayern München das Finale der Champions
League. Wutschnaubend kündigt der Verlierer tags darauf „alle denkbaren
rechtlichen Schritte“ an. Auf der Uefa-Website stehe schließlich
„Auslosung: Halbfinale und Finale“. „Der Sieger war also gelost. Das lass…
wir nicht zu“, tobt Sportchef Matthias Sammer heynckesrotköpfig: „In
Deutschland geht es beim Fußball sauber zu.“ Die weltweite Lachsalve lässt
die Gebäude an der Säbener Straße schwanken.
Paris, 10. Juli: Belgien ist nach einem 2:1 im Finale gegen Frankreich
Fußballeuropameister. Die Fifa sieht sich bestätigt: „Unsere angeblich
groteske Weltrangliste lügt nicht. Belgien war haushoher Favorit“, sagt die
neue Präsidentin (siehe 26. 2.). Der sportpolitische Sprecher des IS
twittert aus Mossul: „Wir gegen uns – was für ein Quatsch.“
Düren, 30. Juli: Bei der 42. WM im Kirschkernweitspucken pulverisiert
Wolfgang Schlepütz aus Nideggen mit 22,32 Metern den alten Weltrekord
(aufgestellt 2003) um satte 61 Zentimeter. Gewertet wird laut Regelwerk der
ausgerollte Kern, der komplett „abgeknabbert sein“ muss. Bei der
abendlichen Cherryty-Gala berichtet Schlepütz, er habe wochenlang im
Höhentrainingslager mit Pflaumenkernen und Medizinbällen (“allerdings nicht
oral“) zur Champions-Form gefunden.
Rio, 5. August: Bei den 53. Olympischen Spielen geht es um 306 Titel, für
die sich 10.444 Athleten aus 206 Ländern nach Brasilien aufgemacht haben.
IOC-Chef Thomas Bach freut sich bei der protzigen Eröffnung im
Maracana-Stadion, dass „wir mit gerade mal 4.871 Funktionären die Zahl der
Wettkämpfer nicht mal zur Hälfte erreicht haben“. Unter prasselndem Applaus
versichert er, es werde „sogar Medaillengewinner ohne Doping geben“.
München, 12. August: Als Geschenk zu seinem 74. Geburtstag bekommt
Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt einen Startelfeinsatz im ersten
Bundesligaspiel der neuen Saison. „Das sind wir seinen heilenden Händen
schuldig“, sagt Vorstand Karl-Heinz Rummenigge. Die große Geste hängt eng
mit dem Abschied des Trainers zusammen. Pep Guardiola hat eine „große,
große ganz, ganz neue Herausforderung gefunden“: Nach der erfolgreichen
Abspaltung seiner Heimat von Spanien wird er katalanischer Nationaltrainer.
Barra da Tijuca, 20. August: Sensationell holt nach Marcel Siem (parallel
zum Sieg von Bernhard Langer bei den US Senior Open) auch Sandra Gal
olympisches Golfgold. „Germany the leading golf nation in the world“ – das
sei so verrückt wie ein verwandelter Elfmeter eines Engländers in einem
wichtigen Fußballspiel, schreibt The Times. Betrunken vor Glück, fragt Gal,
wie man im Golf Mehrfach-Olympiasieger werden könne. „Schwimmer haben
allein 34 Wettbewerbe, dazu Wasserball, Turmspringen und das Synchronbaden.
Für uns wäre schon Minigolf ein Fortschritt.“
Rio/Düren, 22. August: Am Rande der Abschlussfeier teilt das IOC mit, weder
Minigolf noch Kirschkernweitspucken ins olympische Programm 2020
aufzunehmen. Das Rheinland ist enttäuscht. Dürens Bürgermeister ätzt:
„Wahrscheinlich hat keiner der IOC-Sponsoren Kirschprodukte im Programm.
Dabei wäre das doch eine Win-win-Chance: Wir liefern das Rohmaterial für
Kirschschnaps und Marmeladen, und unsere Aktiven entsorgen die Abfallkerne
durch weite Flüge.“
Aachen, 7. September: Kurz vor Beginn der Volleyball-Bundesligasaison der
Frauen muss der amtierende Überraschungsmeister Ladies in Black
„höhenbedingte Insolvenz“ anmelden. Die Hallendecke in der eigenen
Schulsporthalle ist zu niedrig; der Verband lehnt eine Verlängerung der
Ausnahmegenehmigung ab. „Open Air geht nicht, nur Auswärtsspiele auch
nicht“, sagt ein Teamverantwortlicher. Die Konkursmasse aus dem aufgelösten
Regionalliga-Absteiger Alemannia ist zudem „leider nicht auf andere
Sportarten übertragbar“.
Hazeltine, 2. Oktober: Europa gewinnt den Ryder Cup der Golfprofis gegen
erneut blamierte Amerikaner. Grund, so Experten: Tiger Woods als
US-Vizekapitän. Woods beherrschte fast 20 Jahre die Weltelite, versagte
aber „als gesegneter Maximalindividualist“ (New York Times) im
Teamspiritwettbewerb Ryder Cup regelmäßig. „Von mir aus kann er lebenslang
da Unglück und Zwietracht verbreiten“, sagt Europas Kapitän Darren Clarke.
München, 2. Oktober: Sehnsuchtspralles stundenlanges Warten, am Ende
Enttäuschung: Uli Hoeneß, 64, taucht nicht in Freiheit auf, obwohl er nach
Verbüßung von zwei Dritteln seiner Haftzeit entlassen werden sollte. Die
Abendzeitung ist in Sorge: „Ist es das Herz? Ist er rückfällig geworden und
hat sich bei Kurssprüngen am Haxn verletzt?“
München 3. Oktober: „O’kemma is“: Mit 24 Stunden Verspätung rollt der
Exknacki salbungsvoll winkend in einer blattgüldenen Kutsche ein – perfekt
inszeniert am letzten Tag des Oktoberfests, gleichzeitig dem Tag der
deutschen Einheit. Zehntausende eskortieren bei Freiwürsten aus der
Hoeneß-Fabrik das Wiesn-Walhall des ehemaligen Mitarbeiters der
JVA-Kleiderkammer in Landsberg. Erste Amtshandlung des
„Steuerwäschefachgehilfen Hoeneß“ (so der übermütige Humorist Karl-Heinz
Rummenigge) soll am Tag darauf ein Besuch in der Pflegestation der JVA
Stadelheim sein, wo die vorsätzlich veralzheimerte Schattengestalt Franz
Beckenbauer einsitzt.
Frankfurt, 8. November: Die Liegenschaften des Deutschen Fußball-Bundes,
der kürzlich vom Verfassungsgericht wegen des illegalen Handels mit
Weltmeisterschaften als „kriminelle Vereinigung“ verboten worden war, sind
jetzt Flüchtlingsunterkünfte. Hessens Politiker sprechen von der
„friedvollen Umwidmung einer verseuchten Umgebung“. Der obdachlose
Expräsident Niersbach, nach millionenschweren Rückzahlungsforderungen
verschobener Gelder privatinsolvent, bettelt vergeblich um einen Wohnplatz.
Oberstdorf, 31. Dezember: Same procedure: Ritualsicher wie die Mimen von
„Dinner for One“ bereiten sich die Schanzenflieger aufs Neujahrsspringen
vor. Skifans fürchten, es könnte das letzte sein: Sollte dem IS tatsächlich
2017 die Machtübernahme in Europa gelingen, beginnt das islamische Jahr im
Juli. Ein Neujahrsspringen fiele wegen „unislamischer Glühweinorgien“ aus.
Zukunftsbang wissen Millionen Menschen: Morgen muss ich wieder gut die
Landung ins neue Jahr schaffen, am besten schön locker per Telemark.
1 Jan 2016
## AUTOREN
Bernd Müllender
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Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
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