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# taz.de -- Bremen erkennt Zeugen Jehovas an: Sekte erhält Kirchenstatus
> Nach seiner Niederlage vorm Bundesverfassungsgericht hat Bremen den
> Zeugen Jehovas jetzt den Status einer Körperschaft verliehen – und seine
> Verfassung geändert.
Bild: Egal, was die Bibel sagt: Bremen muss die Zeugen Jehovas anerkennen 
BREMEN taz | Nach jahrelangem Rechtsstreit haben die Zeugen Jehovas jetzt
vom Land Bremen die Anerkennung als Körperschaft öffentlichen Rechts
erhalten. Die Entscheidung fußt auf einem Beschluss des
Bundesverfassungsgerichts: Das hatte im August einer Beschwerde der
Religionsgemeinschaft teilweise stattgegeben und einen Artikel der Bremer
Landesverfassung für verfassungswidrig erklärt.
Denn während die Anerkennung in anderen Bundesländern ein Verwaltungsakt
ist, ist in Bremen – bis zur Entscheidung der Karlsruher Richter – die
Verleihung des Körperschaftsstatus durch ein von der Bürgerschaft
erlassenes Gesetz geregelt worden. Und das wurde vom Verfassungsgericht als
Verstoß gegen den Grundsatz der Gewaltenteilung gewertet.
Dass die Zeugen Jehovas den Status erhalten müssen, ist freilich schon
lange klar und wurde durch den Senat im Jahr 2009 auch bestätigt. Denn vor
fast genau 15 Jahren hatte das Verfassungsgericht geurteilt, dass ein
Bewerber um die staatliche Anerkennung „rechtstreu“ zu sein habe, also „d…
geltende Recht beachten“ müsse. Und das tun die Zeugen Jehovas, auch wenn
es auf den ersten Blick anders erscheint.
Denn die Religionsgemeinschaft muss sich immer wieder vorwerfen lassen,
psychischen Druck auf ihre Mitglieder auszuüben, AussteigerInnen mit
Isolation zu strafen, rigide Erziehungsmethoden anzuwenden oder medizinisch
lebensnotwendige Maßnahmen wie Bluttransfusionen zu verweigern. Allerdings:
Mangelnde Rechtstreue kann nur durch eine Vielzahl einschlägiger Urteile
nachgewiesen werden – und die liegen hier nicht vor. Trotzdem hat vor allem
die grüne Bürgerschaftsfraktion stets versucht, die Aufwertung der Zeugen
Jehovas zu verhindern.
Die Anerkennung als Körperschaft öffentlichen Rechts gewährt
Religionsgemeinschaften ähnliche Rechte wie christlichen Kirchen im
steuerlichen Bereich, bei der Gründung konfessionell gebundener
Kindergärten oder Schulen und gibt ihnen das Recht auf konfessionellen
Religionsunterricht oder die Berücksichtigung in Rundfunkgremien.
Um diese Rechte den Zeugen Jehovas vorzuenthalten, „haben wir die Rechte
der Bürgerschaft sicher weit ausgelegt, trotzdem aber immer gesetzestreu
gehandelt“, sagt Matthias Güldner, Abgeordneter und ehemaliger
Fraktionschef der Grünen. Im Rechtsausschuss habe man einstimmig
beschlossen, der Religionsgemeinschaft die Körperschaftsrechte nicht zu
verleihen: „Dass wirklich niemand dagegen war, ist schon sehr
bemerkenswert.“
Gemäß des Beschlusses des Verfassungsgerichts ist die Rechtslage nun
geändert worden: „Die Bürgerschaft ist seitdem raus, die Entscheidung
trifft allein der Senat – und selbstverständlich ist das zu akzeptieren“,
sagt Güldner. Den Zeugen Jehovas gönne er ihre neuen Privilegien dennoch
nicht: „Angesichts ihrer zahlreichen Opfer gibt es keinen Grund, den Zeugen
Jehovas staatliche Privilegien zu verleihen.“
Auch die Habenhausener Paulusgemeinde sollte nach dem Willen einiger
Parlamentarier den Körperschaftsstatus nicht erhalten: Im Oktober 2014 war
es der SPD-Fraktionsvorsitzende Björn Tschöpe, der hier Bedenken äußerte.
Der Vorwurf: Seelsorger der evangelikalen Gemeinde würden versuchen,
Homosexuelle „umzupolen“. Aber auch in diesem Falle konnte bis heute keine
systematische Rechtsverletzung nachgewiesen werden – und die Auffassung,
Homosexualität sei „heilbar“, fällt unter die Religionsfreiheit.
Weitere Diskussionen und Anhörungen wird es im Falle der Paulusgemeinde
nicht geben: „Bremen wird auch sie anerkennen – genauso wie die Zeugen
Jehovas“, sagt Güldner.
23 Dec 2015
## AUTOREN
Simone Schnase
## TAGS
Zeugen Jehovas
Religionsfreiheit
Zeugen Jehovas
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