# taz.de -- Die Wahrheit: Jahwes bester Mann | |
> Was geschah wirklich auf dem Berg Sinai, als Moses angeblich Gott traf? | |
> Neue Dokumente werfen ein grelles Licht auf das mystische Ereignis. | |
Bild: Genau so sah Moses aus – wie Val Kilmer in einem Musical. | |
Die Relativitätstheorie macht es möglich: Am Einstein Research Center in | |
Princeton wurde jetzt eine Zeitmaschine konstruiert, die reale Reisen in | |
die Vergangenheit erlaubt und die Menschen von heute befähigt, weit | |
zurückliegenden Ereignissen ganz nah als Zuschauer beizuwohnen. Mithilfe | |
dieser revolutionären Technik ist es erstmals gelungen, eine zentrale | |
Begebenheit in der Geschichte der Religion als Augen- und Ohrenzeuge zu | |
protokollieren. Die Wahrheit veröffentlicht nachstehend exklusiv die | |
deutsche Übersetzung des sensationellen Protokolls dieser Zeitreise zum | |
Berg Sinai. | |
„Hast du meine Wanderschuhe gesehen?“, fragte Moses. „Ich finde sie | |
nirgends!“ – „Hast du in der Bundeslade nachgeschaut?“, antwortete Zipo… | |
bestrich ein Brot mit Butter und legte Wurst darauf. „Dasieht’s aus wie bei | |
Hempels unterm Sofa. Deine Notizbücher, die Widderhörner, dein Zauberstab, | |
alles durcheinander.“ – „Deine Tupperdosen gehören auch nicht rein!“ �… | |
mir lieber eine.“ | |
Zipora legte den Proviant hinein. Dann stutzte sie und lachte: „Aber du | |
hast sie doch an!“ – „Gott im Himmel, ja?“ Für seine achtzig Jahre war | |
Moses ziemlich schusselig. „Wenigstens habe ich mich dabei!“, scherzte er. | |
„Oder was in meinem biblischen Alter von mir übrig ist!“ | |
„Hast du das Navi eingepackt?“, fragte Zipora. „Das Navi! Hab ich genauso | |
vergessen wie die schweißabsorbierende Funktionsunterwäsche anzuziehen!“ Er | |
lachte, gab Zipora einen Kuss und trat aus der Stiftshütte. Er schaute über | |
das im Morgendämmern ruhende Lager der Israeliten, blickte zu dem Berg | |
hinauf, atmete durch und stiefelte los. Am Ende des Zeltlagers wartete | |
Aaron,Moses’ rechte Hand und Dolmetscher. Er hatte den Leuten gestern | |
verklickert, dass Moses auf dem Gipfel Jahwe treffen würde, und sollte | |
dafür sorgen, dass sie sich in seiner Abwesenheit zivilisiert aufführen. | |
„Hat mein Bruder Aaron das Pulver dabei?“, begrüßte Moses seinen Gefährt… | |
„Dein Bruder Aaron“, erwiderte Aaron, „hat, was sein Bruder Moses benöti… | |
wenn er jenen heiligen Ort erreicht hat, wo der Himmel mit der Erde sich | |
vereint und ihm der Große Geist begegnen wird!“ Er reichte Moses einen | |
Beutel, ein Feuerzeug und ein Bündel Schnüre. | |
## Der Navi warnt vor einer Gefahrenquelle | |
Weil es keinen ausgeschilderten Pfad gab, musste sich Moses einen Weg durch | |
das Geröll suchen, aber das Navi warnte ihn stets laut mit | |
„Gefahrenquelle“, wenn irgendwo eine Giftschlange lauerte. Als die | |
Morgenkühle gewichen war, hockte er sich auf einen Fels und biss in ein | |
Wurstbrot. Milchernes und Fleischernes zusammen, das war was anderes als | |
dieses Manna! | |
Moses dachte an seine Zeit als ägyptischer Prinz zurück, als er jeden Tag | |
fürstlich speiste. Gut, dass er in der Stiftshütte eine Tiefkühltruhe | |
mitführte und ab und an nachts heimlich den Pizzabringdienst der Amalekiter | |
anrief! Schlecht, dass er keine einzige Rechnung bezahlt hatte und die | |
Amalekiter demnächst mit 1.000 Mann vorbeikommen wollten … | |
Moses packte ein und sah zu, dass er Land gewann. Weil er sein Käppi | |
vergessen hatte, brannte ihm die Sonne auf den Dez. „Ein gottverdammter | |
Scheißjob ist das“, fluchte er, „und der Lohn?“ Gemecker und Gemurre, | |
selbst nachdem er sein Wirtsvolk durchs Schilfmeer geführt hatte, weil | |
einigen die Schuhe nass geworden waren. Weiß Gott, er machte hier den | |
Affen, und unten im Camp tanzten die Mäuse auf dem Tisch! Er kannte doch | |
Aaron, den unsicheren Kantonisten. Wie oft übersetzte der seine Anweisungen | |
falsch. Was aus seinem Reisetagebuch und seinem Sachbuch über richtige | |
Ernährung wird, wenn Aaron sie in sein barbarisches Idiom überträgt, nicht | |
auszudenken! | |
Moses’ Söhne Gerschom, Eliëser und Karlheinz waren leider unfähig, seine | |
Nachfolge anzutreten. Bestenfalls konnten sie Priester wie Aaron werden, | |
Karlheinz vielleicht Autoschlosser. Eher taugte dieser Josua | |
Wissarionowitsch zum Führer. Der war der Richtige, um die Säuberungen in | |
Kanaan durchzuführen! | |
Hinter einem Felsvorsprung fand Moses ein schattiges Plätzchen, um die | |
Mittagshitze zu verschlafen. Im Traum erschien ihm seine Mutter, die ihn in | |
einem Kästchen aus Schilfrohr gefunden haben wollte. Aber alle wussten, | |
dass sie ein Flittchen war und es sogar mit Beduinen trieb, und niemand | |
nahm Anstoß daran. Die Ägypter waren liberal, sogar Geschwister gingen – | |
Ehe für alle! – eine eingetragene Lebenspartnerschaft ein. Nur der Pharao | |
selbst war halt ein Arschgesicht – ihr Vater. Moses rieb sich den Schlaf | |
aus den Augen und räumte seine Siebensachen zusammen. Die Sonne hatte den | |
Zenit überschritten. Am Abend musste er oben sein. | |
## Moses Frau ruft auf dem Handy an | |
Moses‘Handy klingelte. „Alles in Ordnung?“, fragte Zipora. „Der | |
Wetterbericht hat eine klare Nacht vorhergesagt. Hast du deine Pillen | |
genommen, Moische?“ – „Ja. Alles bestens. Danke, dass du angerufen hast. | |
Bist ein Schatz!“ | |
Die Olle ging ihm auf den Keks. Als wenn er nicht genug um die Ohren hätte, | |
Himmel, Arsch und Zwirn! „Vielleicht“, seufzte er, „sollte ich mich einfa… | |
als Sohn Gottes ausgeben.“ Dann würden diese Israeliten bestimmt parieren? | |
Kurz vor Sonnenuntergang erreichte Moses die Bergspitze. Als die Dunkelheit | |
hereinbrach, hatte er das Pulver verteilt und die Lunten gelegt. Wumm! | |
Kawomm!! Jetzt zahlte sich aus, dass Moses ein freiwilliges kulturelles | |
Jahr in Deutschland verbracht und diesen Silvesterbrauch kennengelernt | |
hatte! Unten im Tal reckten sie gewiss die Köpfe, fielen auf die Knie vor | |
Jahwes Herrlichkeit und fragten sich ängstlich, was der wohl diesmal durch | |
seinen Boten Tolles verkünden würde. | |
Während es blitzte und donnerte, war Moses beim Abstieg. Auf seiner Uhr war | |
es kurz nach Mitternacht, Geisterstunde! Er fühlte in seinem Rucksack nach | |
den zwei Plastiktafeln mit den Zehn Geboten. Eigentlich sollten es 365 | |
sein, doch Aaron hatte Gott heruntergehandelt. Das konnte er immerhin. | |
Beim Näherkommen hörte Moses den Lärm. Dort unten wurde Party gemacht! Am | |
liebsten würde er sie jetzt alle austilgen. Oder wenn der Erdboden sich | |
auftäte und sie verschlänge! Aber einer gegen alle …? | |
Also ließ Moses Jahwe Jahwe sein und tanzte mit ums Goldene Kalb, wie seine | |
Frau und seine Söhne. Aaron, der am Mischpult saß, musste er vor aller | |
Augen zu der super Fete beglückwünschen. Weil niemand von dem Budenzauber | |
auf dem Berg Sinai was mitbekommen hatte, musste er dann ein zweites Mal | |
aufsteigen. Aber das ist eine andere Geschichte … | |
14 Dec 2015 | |
## AUTOREN | |
Peter Köhler | |
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