# taz.de -- Jugend in Russland: Für Putin allzeit bereit | |
> Russlands Präsident ordnet die Gründung einer Organisation für Schüler | |
> an. „Neue Pioniere“ sollen besser erzogen und kontrolliert werden. | |
Bild: Drei junge Pioniere aus der Region Stavropol kurz vor ihrer Aufnahme in d… | |
Berlin taz | Russlands Präsident Wladimir Putin hat mit einem Erlass die | |
Gründung einer Organisation angeordnet, die Schüler auf Linie bringen soll. | |
Sie heißt „Russische Schülerbewegung“ und soll zur „Persönlichkeitsbil… | |
auf der Grundlage der Werte, die der russischen Gesellschaft eigen sind“ | |
beitragen, heißt es in dem Erlass. | |
In Anlehnung an die Junior-Organisation, die bereits in der Sowjetunion | |
existierte, wird der „Club“ in der Bevölkerung die „neuen Pioniere“ | |
genannt. Bildungsminister Dmitri Liwanow möchte das Positive der | |
sowjetischen Pionier-Organisation wiederbeleben. „Wir waren doch alle | |
Oktoberkinder, dann Pioniere und Komsomolzen“, sagte er. Diese Gruppen | |
seien zwar stark ideologisiert gewesen. Aber trotzdem habe das einen | |
positiven Aspekt gehabt, sagte der Minister. | |
Die neue Schülerbewegung wurde von der Föderalen Agentur für Jugendfragen | |
gegründet, deren Leiter Sergej Pospelow erklärte, Präsident Putin sei einer | |
an ihn gerichteten Bitte von den Fraktionsführern in der Staatsduma | |
nachgekommen, Kinder besser erziehen und kontrollieren zu können. | |
Die Russische Regierung kann bei ihrem Erziehungsprojekt auf wertvolle | |
Erfahrungen im Nachbarland Weißrussland zurückgreifen. Dort wurde eine | |
Pionier- Organisation bereits vor 25 Jahren wiederbelebt und zählt heute | |
circa eine halbe Million Mitglieder. | |
## Anweisungen für Schulen | |
Von dieser hohen Zahl soll sich aber niemand täuschen lassen: Die Schüler | |
werden von den Lehrern genötigt, der Organisation beizutreten. Die Schulen | |
bekommen Anweisungen von der Ideologie-Abteilungen der lokalen | |
Exekutivbehörden, wie viele neue Mitglieder sie anwerben müssen. Wenn die | |
Lehrer nicht genügend Eifer an den Tag legen, werden ihnen Sonderprämien | |
nicht ausgezahlt. | |
Schüler, die der Organisation nicht angehören, haben keine Chancen, in die | |
regierungstreue Jugendorganisation „Weißrussische Republikanische | |
Jugendunion“ aufgenommen zu werden. Wer wiederum dort nicht Mitglied ist, | |
dort kein Mitglied ist, hat keine Aussichten auf einen kostenlosen | |
Ausbildungsplatz an den staatlichen Universitäten oder auf eine | |
Beamten-Karriere. | |
Man erwartet in Russland von der neuen Organisation einen wichtigen Beitrag | |
zur Sozialisierung der Jugend, insbesondere in der Provinz, wo | |
Freizeitangebote sehr mangelhaft und die Gefährdung durch Alkohol und | |
Drogen hoch sind. Es gibt aber auch Befürchtungen vor einer neuen | |
Militarisierung der Schulen mit Uniformen und kriegerischen Geländespielen. | |
Der Schriftsteller Eduard Uspenski glaubt, dass aus der Organisation eine | |
neue Hitlerjugend werden könnte, wo Kinder lernen, wer der weltbeste Führer | |
ist. | |
Ob Uspenski Recht hat, wird sich erst noch zeigen. Klar jedoch ist: Viel | |
Geld steht für die Kaderschmiede ohnehin nicht zur Verfügung. Auf dem | |
Höhepunkt ihrer Existenz zählte die Pionier-Organisation der Sowjetunion 25 | |
Millionen Mitglieder und unterhielt 40 000 Sommerlager, die mehr als 10 | |
Millionen Kinder jährlich beherbergten. Und heute? Die russische Wirtschaft | |
ist krisengeschüttelt und das Land kann sich solche Ausgaben nicht mehr | |
leisten. | |
21 Nov 2015 | |
## AUTOREN | |
Vitali Bahdanau | |
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