# taz.de -- Volker Bajus über politische Erpressung: „Immer nur Gewinnoptimi… | |
> Der Düngemittelhersteller Kali und Salz will noch mehr Abfälle in Werra | |
> und Weser kippen, glaubt der grüne Umweltpolitiker Volker Bajus. | |
Bild: Nicht mehr Stand der Technik: Salzberge, wie dieser in der Nähe von Hann… | |
taz: Herr Bajus, Sie werfen dem Düngemittelproduzenten Kali und Salz, kurz | |
K+S, politische Erpressung vor. Warum? | |
Volker Bajus: Kali und Salz versenkt seine salzhaltigen Abwässer rund um | |
die Förderstätten in Nordhessen seit Jahrzehnten nicht nur im Boden. Durch | |
direkte Einleitungen versalzen auch die Flüsse Werra und Weser massiv. | |
Allerdings ist die Erlaubnis für die Verpressung im Boden mit Anfang dieses | |
Dezembers ausgelaufen. Trotzdem hat sich K+S nicht sonderlich um eine neue | |
Genehmigung bemüht. | |
Was tut die Firma stattdessen? | |
K+S will sich unter Hinweis auf Betriebseinschränkungen und | |
Arbeitsplatzverluste wohl auf einen Betriebsnotstand berufen. Statt auf | |
umweltfreundliche Verfahren zu setzen, baut diese Aktiengesellschaft eine | |
politische Drohkulisse auf. | |
Inwiefern? | |
Es steht zu befürchten, dass noch mehr Salz direkt in die Flüsse gekippt | |
werden soll. K+S nimmt das Umweltrecht nicht ernst. Werra und Weser sind | |
deshalb längst nicht in dem „guten ökologischen Zustand“, den die | |
Europäische Union für solche Gewässer vorschreibt. | |
Was ist so schädlich an Salzeinleitungen? | |
Salz hat in einem Süßwasserfluss nichts zu suchen. Das ursprüngliche | |
Ökosystem verändert sich völlig, wird für viele Tiere und Pflanzen | |
lebensfeindlich – sie sterben. Selbst auf den umliegenden Flächen siedeln | |
sich salzliebende Pflanzen an. | |
Und K+S ist zu einflussreich, um diese Umweltzerstörung zu stoppen? | |
Mit einem Jahresumsatz von knapp vier Milliarden Euro ist dieser | |
DAX-Konzern der größte Salzhersteller der Welt. Allein in der | |
strukturschwachen Region in Nordhessen und Südniedersachsen bietet K+S über | |
5.000 gutbezahlte, tarifgebundene Arbeitsplätze. Für die machen sich auch | |
Gewerkschaften wie die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Industrie | |
stark. | |
Und darum kann Kali und Salz die grünen Umweltminister von Hessen, | |
Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Bremen gegeneinander ausspielen? | |
Warum können sich die Grünen Priska Hinz, Johannes Remmel, Stefan Wenzel | |
und Joachim Lohse sich nicht auf eine gemeinsame starke Linie einigen? | |
Weil wir Grüne in allen vier Bundesländern in Koalitionen regieren. Weder | |
Priska Hinz noch die Minister können die grünen Umweltziele eins zu eins | |
umsetzen. Sie müssen auch die Interessen ihrer Koalitionspartner von CDU | |
und SPD berücksichtigen. Und natürlich haben alle ein Interesse an der | |
Stärkung der Wirtschaft in strukturschwachen Regionen, wie hier an der | |
einstigen Grenze zur DDR. Ich würde mich freuen, wenn wir die Frage der | |
Versalzung von Werra und Weser unter uns Grünen allein ausmachen könnten! | |
Dazu bräuchten wir aber absolute Mehrheiten. | |
Hat Hessens Landesregierung nicht noch 2014 gemeinsam mit K+S versucht, | |
Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Bremen vorzuführen? | |
Den Plan der sogenannten Oberweserpipeline, mit der die salzhaltigen | |
Abwässer erst in Niedersachsen in die Weser geleitet werden sollten, kann | |
wirklich nur jemand verstehen, für den die Welt an Hessens Landesgrenzen | |
aufhört. Das war eine ignorante, egoistische Position – und das haben wir | |
den Hessen, übrigens auch unseren Parteifreunden, deutlich gemacht. | |
Stattdessen gibt es jetzt einen Fahrplan der Anrainer-Länder, der vorsieht, | |
die Salzbelastung der Weser erst 2027 zu halbieren. Sollten Flüsse nach | |
EU-Vorgabe nicht schon heute sauber sein? | |
Ja. Allerdings lässt Brüssel gewisse Überschreitungen zu – und genau darauf | |
setzt die Strategie von Kali und Salz: Bei einem operativen Gewinn von | |
mehr als 600 Millionen Euro allein in 2014 hätte dieser Konzern natürlich | |
längst in umweltfreundliche Technologien investieren können. Doch Kali und | |
Salz geht es immer nur um die Gewinnoptimierung. Die Zufriedenheit der | |
Aktionäre ist eben wichtiger als der Umweltschutz. | |
Auch in Niedersachsen plant K+S weiteren Salzabbau: Das Bergwerk | |
Siegfried-Giesen bei Hildesheim soll wieder aufgemacht werden. Drohen damit | |
nicht neue Belastungen? | |
Für uns Grüne ist klar, dass Umweltschäden vermieden werden müssen. Der | |
Abraum, also die Abfälle des Bergwerks, müssen soweit irgend möglich wieder | |
unter Tage geschafft werden. Offene Kalihalden, aus denen dann | |
jahrzehntelang Salz ausgewaschen wird, sind nicht mehr Stand der Technik. | |
Solche Salzberge darf es in Niedersachsen nicht mehr geben. | |
1 Dec 2015 | |
## AUTOREN | |
Andreas Wyputta | |
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Umweltverschmutzung | |
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