# taz.de -- Personalkarussell bei der „Bild“: Von Diekmanns Gnaden | |
> Bei der „Bild“ wird die Chefredaktion umgebaut: Tanit Koch rückt auf und | |
> verantwortet bald als erste Frau das Blatt. Über allen thront König Kai | |
> I. | |
Bild: Kai Diekmann gibt die Richtung vor. | |
„Ich hoffe, dass Kai Diekmann sich noch lange mehr für seine Redaktion | |
interessiert als für seine Ziegen“, hatte Bild.de-Chef Julian Reichelt erst | |
vor wenigen Tagen gegenüber dem Branchendienst turi2 kundgetan. Das sei | |
sowohl im Sinne der Redaktion – als auch der Ziegen. | |
Tja. Pech für Diekmanns zwei Ziegen, könnte man meinen, da Diekmann seinen | |
Posten als Bild-Chefredakteur nach 15 Jahren räumen wird. Ihm soll Tanit | |
Koch nachfolgen. Die 38-Jährige wird ab 1. Januar 2016 die gedruckte Bild | |
verantworten. Im Chefredakteursgremium sitzen dann neben ihr Marion Horn | |
(zuständig für die Bild am Sonntag), Peter Huth (B.Z. und Bild | |
Berlin-Brandenburg) sowie Julian Reichelt (Digitales). | |
Doch – Aufatmen bei den Ziegen! – Diekmann verlässt seine Redaktion | |
selbstverständlich nicht. Im Gegenteil: Diekmann wird zukünftig als | |
Herausgeber über seine vier ChefredakteurInnen wachen. Alle berichten an | |
ihn. Er, der bisher schon neben seinem Chefredakteursposten auch | |
Herausgeber der Bild-Titel war, muss sich nun halt ganz offiziell nicht | |
mehr um das lästige Tagesgeschäft kümmern. Er soll die „gesamte | |
Markensteuerung aller Bild-Angebote, die publizistische Ausrichtung sowie | |
Weiterentwicklung der Bild-Marken“ betreuen, wie es in der Stellungnahme | |
von Axel Springer beschrieben wird. | |
Das kommt wohl dem sehr nah, was Diekmann in letzter Zeit eh schon | |
hauptsächlich getrieben hat. Seit seinem Fortbildungsjahr im Silicon | |
Valley, aus dem er 2013 zurückkehrte, ist Diekmann zu einem Verkünder und | |
Erklärer des digitalen Wandels der Medienbranche geworden. Dass es allein | |
mit der gedruckten Ausgabe nicht weitergehen kann, wusste und weiß er | |
schließlich selbst am besten: Als Diekmann 2001 zum Chefredakteur der Bild | |
aufstieg, lag die Auflage des Boulevardblatts bei rund 4,5 Millionen, heute | |
werden nur noch gut zwei Millionen Exemplare gedruckt. Also müssen | |
(kurzfristig) die LeserInnen auf anderen Wegen erreicht und (mittelfristig) | |
Geld über andere Kanäle verdient werden (neben Zeitungsanzeigen und der | |
Vermarktung von Volkszahnbürsten und Volkstablets). | |
Diekmann ist mit diesem Kurs in einem eh schon digital getriebenen | |
Unternehmen wie Axel Springer zur Avantgarde geworden. Der Konzern macht | |
längst mehr als die Hälfte seines drei Milliarden Euro großen Umsatzes mit | |
Digitalgeschäften. 72 Prozent der Gewinne von einer halben Milliarde Euro | |
wurden im Digitalen erwirtschaft. Dass diese Angebote zu größten Teilen | |
kaum noch von journalistischen Inhalten bestimmt sind und man sich erst vor | |
zwei Jahren von den Regionalzeitungen, Programm- und Frauenzeitschriften | |
getrennt hat, hält Konzernchef Mathias Döpfner natürlich nicht davon ab, | |
seine AG noch immer als ein „Haus des Journalismus“ zu bezeichnen. | |
Und in diesem Haus wird Diekmann durch seinen Schritt eher noch mächtiger | |
werden. Er wird die großen Linien mitbestimmen. Und wenn er inhaltlich | |
eingreifen will, werden seine vier Untergebenen schon ein offenes Ohr für | |
ihren Herausgeber haben. | |
5 Nov 2015 | |
## AUTOREN | |
Jürn Kruse | |
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