# taz.de -- Vorläufiges Endergebnis Schweizer Wahl: Klarer Rechtsruck | |
> Die rechtsnationale SVP baut ihre Führung auf ein Drittel der Mandate | |
> aus. Politikwissenschaftler sprechen von einem Rechtsruck. | |
Bild: Wahlurne in Meierhof am 18. Oktober | |
GENF/ZÜRICH afp/reuters | Mit Forderungen nach weiteren | |
Zuwanderungsbeschränkungen hat die rechtsnationale Schweizerische | |
Volkspartei (SVP) die Parlamentswahl in der Schweiz gewonnen. Die schon | |
bisher stärkste politische Kraft im Land baute ihren Stimmenanteil auf den | |
Rekordwert von 29,4 Prozent aus, wie dem vorläufigen amtlichen Endergebnis | |
am Montag zu entnehmen war. | |
Nie seit dem Ersten Weltkrieg war eine einzelne Partei in der Schweiz auf | |
einen so hohen Wert gekommen. Die SVP, die seit 20 Jahren mit rassistischen | |
Parolen auf Stimmenfang geht, profitierte vor allem von der | |
Flüchtlingskrise. | |
In der großen Kammer des Parlaments gewann die SVP elf Sitze und stellt nun | |
65 Abgeordnete, so viele wie keine Partei vor ihr. Die zweite Rechtspartei | |
FDP beendete den 36 Jahre anhaltenden Krebsgang und sammelte erstmals | |
wieder mehr Stimmen ein. Die wirtschaftsfreundliche Partei kommt nun auf 33 | |
Abgeordnete. Verluste gab es dagegen für die politische Mitte, die Grünen | |
und die Sozialdemokraten, die ihre Mehrheit damit abgeben. | |
Die SVP und die FDP besetzen zusammen mit zwei kleinen Rechtsparteien nun | |
101 Sitze und kommen auf eine hauchdünne Mehrheit in der 200 Plätze | |
umfassenden Parlamentskammer. | |
Die rechtsgerichtete SVP hatte im Wahlkampf darauf gesetzt, sich als | |
Barriere gegen eine Zunahme der Einwanderung zu profilieren. Bei den Wahlen | |
2011 hatte die Partei 26,6 Prozent der Stimmen erhalten. Schon im Vorfeld | |
der Wahl vom Sonntag hatten Beobachter jedoch vermutet, dass die | |
anti-europäische Partei sogar ihren Rekord von 2007 noch einmal übertreffen | |
könnte. | |
Als praktisch sicher galt den Medienberichten zufolge, dass Magdalena | |
Martullo-Blocher in Graubünden einen Parlamentssitz erobert hat. Sie ist | |
die Tochter des wohl umstrittensten Politikers der Schweiz, Christoph | |
Blocher. Der SVP-Vizepräsident war von 2004 bis 2007 in der Regierung, | |
wurde dann aber wegen seiner extremen Positionen und seines konfrontativen | |
Stils abgelöst. | |
Die spanisch-schweizerische SP-Politikerin Rebecca Ruiz sagte RTS, die | |
„Menschen haben aus Angst heraus abgestimmt“. | |
## „Gewaltige Veränderung“ | |
Politikwissenschaftler Pascal Sciarini von der Universität Genf sagte der | |
Nachrichtenagentur AFP, der Zugewinn von elf Sitzen für die SVP bedeute | |
eine „gewaltige Veränderung“ in der Schweizer Politik. „Das | |
Gravitationszentrum hat sich klar nach rechts verschoben.“ Zum Wahlkampf | |
sagte der Experte, die SVP habe gar keine Kampagne nötig gehabt, denn die | |
europäische Flüchtlingskrise habe den Wahlkampf für die SVP gemacht. | |
Neu zu besetzen waren bei der Wahl am Sonntag die 200 Mandate des | |
Nationalrats und die Mandate der zweiten Parlamentskammer, des Ständerates. | |
Zur Stimmabgabe aufgerufen waren rund fünf Millionen Bürger der | |
Alpenrepublik. In der Schweiz ist es üblich, dass ein Großteil der Wähler | |
von der Möglichkeit der Briefwahl oder der Stimmabgabe im Internet Gebrauch | |
macht. | |
Die neue Regierung, der Bundesrat, wird im Dezember gewählt – wobei es in | |
der Schweiz Tradition ist, dass die großen Parteien gemeinsam die Regierung | |
bilden. Dafür kommen also auch andere Kräfte als die SVP in Frage. | |
Die Beteiligung an den Parlamentswahlen liegt traditionell nur bei etwa 50 | |
Prozent, niedriger als bei vielen Referenden. | |
19 Oct 2015 | |
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